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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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die Gestaltung der langen geschwungenen Terrassen voller schneeweißer Stadthäuser gehabt zu haben, während die kleineren Einfamilienhäuser eher orientalischen beziehungsweise fernöstlichen Stilrichtungen folgten.
    Kühle Herbstluft wehte böig über die Boulevards und Avenuen, als Ralph Hiltch über die Hochhäuser und Glockentürme hereinschwebte. Der Panoramablick über Nova Kong war ein Privileg, das nicht vielen Menschen zuteil wurde. Kommerzielle Rundflüge über die Stadt waren streng verboten; lediglich Rettungstransporte, Einsatzfahrzeuge der Polizei, der Regierung und natürlich die Saldanas selbst genossen jemals diese Aussicht.
    Ralph hätte seine Ankunft nicht besser abpassen können. Die Bäume in den weitläufigen Parks, auf den Plätzen und an den Ufern der Wasserwege tief unter ihm ergaben sich den ersten kalten Frostnächten. Grüne Blätter verblaßten zu einer unendlichen Vielfalt von Gelb, Gold, Bronze und Rot; Trillionen kleiner rostfarbener Punkte, die im starken Sonnenlicht glitzerten und glänzten. Das Gras war bereits mit einem ersten dünnen, feuchten Teppich brauner Blätter bedeckt, und im Windschatten der größeren Gebäude türmten sich hohe Berge davon. Das Millionenheer von Arbeitsmechanoiden Nova Kongs war so programmiert, daß es den Blätterwald nicht unverzüglich beiseite räumte, um den ländlich-idyllischen Eindruck ein wenig länger aufrecht zu erhalten.
    Heute jedoch war der wunderbare Anblick der Stadt von Rauchfahnen entstellt, die gleich über mehreren Bezirken in den Himmel stiegen. Ralph schaltete sich auf die Sensoren des Fliegers, um einen Blick auf ein gotisches Schloß zu werfen, das ganz aus magenta- und bernsteinfarbenen Glasblöcken errichtet war. Dichter Rauch quoll aus den Überresten eines zertrümmerten Turms, und in der Haupthalle flackerten heftige Feuer. Mehr als zwanzig Einsatzfahrzeuge der Polizei und der Königlichen Marines waren im Parkland ringsum gelandet, und Gestalten in gepanzerten Kampfanzügen huschten durch die Innenhöfe des Schlosses.
    Ralph kannte die bedrückende Szenerie nur zu gut, obwohl er im Grunde genommen niemals geglaubt hatte, daß sie sich auch hier wiederholen könnte, in Nova Kong, mitten im Herzen des Königreichs Kulu. Ralph war im Fürstentum Jerez geboren und aufgewachsen, und das hier war sein erster Besuch auf Kulu.
    Ein Teil seines Verstandes erkannte zögernd an, daß er wohl stets eine gewisse Provinzialität zurückbehalten würde. Nova Kong war die Hauptstadt, und sie hatte unempfindlich und unangreifbar zu sein, gegen jede Form von Attacke, sei sie nun physisch oder subversiv. Das war der Grund für seine Arbeit, für die Agentur, für seine Existenz: Die erste Verteidigungslinie.
    »Wie viele derartiger Übergriffe hat es denn gegeben?« erkundigte sich Ralph bei dem Piloten der Königlichen Navy.
    »Zwei Dutzend in den letzten drei Tagen. Das sind hartnäckige Bastarde, kaum zu schlagen, das kann ich Ihnen sagen. Die Marines mußten mehrfach Feuerunterstützung von den strategischen Plattformen anfordern. Seit elf Stunden haben wir keine neuen Besessenen mehr gesehen, Gott sei Dank. Es bedeutet, daß wir sie wahrscheinlich alle erwischt haben. Die Stadt steht unter Kriegsrecht, jede Transportverbindung zur Planetenoberfläche ist eingestellt, und die KI’s suchen das Netz nach Interferenzen und Störungen ab. Es gibt keinen Ort mehr, wo die Besessenen sich verstecken könnten, und eine Möglichkeit zur Flucht haben sie auch nicht.«
    »Klingt, als hätten Sie die Lage im Griff. Auf Ombey war es genauso.«
    »Tatsächlich? Sie haben sie geschlagen?«
    »Fast.«
    Der Ionenfeldflieger nahm Kurs auf den Apollo-Palast. Ehrfurcht und Nervosität ergriffen Besitz von Ralph und beschleunigten seinen Puls. Physisch das Zentrum der Stadt, politisch der zentrale Schaltpunkt eines interstellaren Imperiums und Heim der berühmtesten Familie in der gesamten Konföderation.
    Der Palast war eine eigene kleine Stadt, obwohl unter einem einzigen Dach vereinigt. Jeder Flügel und jede Halle waren untereinander durch Rotunden und Pagoden verbunden. Häuser voller üppigem Luxus, in früheren Jahrhunderten eigenständige Wohnsitze wichtiger Höflinge, waren heute in die allgemeine Konstruktion aufgesogen und eingefangen in dem Netz aus steinernen Kreuzgängen, die nach und nach vom Zentrum aus nach draußen gewachsen waren. Die Familienkapelle war größer als die meisten Kathedralen der Stadt und ganz bestimmt

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