Seelengesaenge
wußten, wohin sie die Schiffe schicken sollten. Die Chance, das richtige System zu erwischen, stand bei eins zu zweiundfünfzig.
Die Galega beobachtete Al Capones purpur-grünen Blackhawk auf dem Weg vom Montgomery bis zu einer Position fünfzig Kilometer oberhalb der Salvatore. Ein Spionagesatellit glitt zwischen die beiden Schiffe. Die Abhörtechniker an Bord der Galega hörten Al Capones Stimme fragen: »Wie geht es voran, Luigi?«
»Alles läuft nach Plan, Boß. Die Formation ist stabil. Alle Schiffe treffen exakt auf die vorgegebene Sprungkoordinate.«
»Gottverdammt, Luigi, du solltest sehen, wie die Flotte von hier aus wirkt! Eine Wucht von einem Anblick! Ich sag’ dir, ich möchte nicht gern am Morgen aufwachen und diese Flotte an meinem Himmel sehen. Diese zackigen Krauts werden sich in die Hose machen vor Schiß.«
»Darauf kannst du einen lassen, Al.«
»In Ordnung, Luigi. Macht was draus, jetzt liegt es an euch. Du und Patricia und Dwight, ihr habt das Kommando, verstanden? Jezzibella wünscht euch viel Glück. Schnappt sie euch!«
»Sag der Lady unseren Dank, Boß. Und keine Sorge, wir machen die Sache für dich klar. Rechne von heute an in einer Woche mit guten Nachrichten.«
Die Thermopaneele und Sensorbündel der Salvatore zogen sich langsam in ihre Nischen zurück. Es dauerte eine ganze Weile. Mehrmals schienen sie zu stocken oder hängenzubleiben. Das zweite Schiff in der Formation folgte dem Beispiel der Salvatore, dann das dritte.
Eine weitere Minute geschah nichts, dann verschwand die Salvatore hinter ihrem Ereignishorizont.
Aralia und die Galega waren sich instinktiv der räumlichen Koordinaten bewußt, und mit diesem Wissen gab es nur einen möglichen Austrittspunkt. – Das Ziel ist Arnstadt, teilte Aralia dem Konsensus vom Yosemite mit. – Sie sind unterwegs nach Arnstadt.
– Danke sehr, Aralia, antwortete der Konsensus. – Wir schicken augenblicklich einen Voidhawk los, um Arnstadt zu warnen. Die Flotte der Organisation benötigt wenigstens zwei Tage, um das System zu erreichen. Die einheimischen Streitkräfte haben also ein wenig Zeit, um sich auf den Angriff vorzubereiten.
– Aber haben sie auch genügend Zeit?
– Vielleicht. Es hängt ganz davon ab, welche Ziele die Organisation verfolgt.
Als Aralia sich wieder den Bildern von den Spionagesatelliten zuwandte, waren bereits weitere zwölf Schiffe der Salvatore gefolgt. Und siebenhundertvierzig weitere glitten unerbittlich auf den Sprungpunkt nach Arnstadt zu.
»Nein, Gerald«, sagte Jansen Kovak. Der Ton war der, den Eltern gegenüber besonders unartigen Kindern anschlugen. Jansen legte Gerald die Hand auf den Arm.
Zusammen mit einem anderen Pfleger hatte er Skibbow zur Messe des Sanatoriums geführt, wo Gerald sein Mittagessen einnehmen sollte. Als sie die Tür erreichten, blickte Gerald verstohlen den Korridor hinunter, und seine Muskeln unter dem weiten T-Shirt spannten sich.
Kovak kannte die Anzeichen. Gerald war dieser Tage extrem nervös. Ein einziger unbedachter Satz oder der Anblick eines langen leeren Korridors, von dem er annahm, daß er nach draußen führen könnte, reichten bereits aus, um ihn in Raserei zu bringen. Wenn das geschah, stürzte er sich auf seine Pfleger und jeden, der zufällig in der Nähe war, bevor er einen weiteren seiner Fluchtversuche unternahm. Das Konzept von Türen, die durch Kodes gesichert waren, schien ihm absolut fremd.
Geralds Mundwinkel zuckten bei Kovaks strenger Warnung, doch dann ließ er sich widerstandslos in die Messe führen. Dort angekommen blickte er sofort zur Theke, um zu sehen, ob die Holoschirme eingeschaltet waren. Doch man hatte sie ganz aus der Messe entfernt (sehr zum Ärger der übrigen Patienten). Dr. Dobbs war nicht bereit, das Risiko eines zweiten Zwischenfalls dieser Größenordnung einzugehen.
Insgeheim dachte Jansen Kovak, daß sämtliche Anstrengungen, diesen Skibbow zu rehabilitieren, die reinste Zeitverschwendung waren. Der Mann hatte offensichtlich vollkommen den Verstand verloren und stürzte im freien Fall immer tiefer in seine eigene persönliche Hölle. Am besten steckte man ihn in eine spezielle Anstalt für Langzeittherapie, wo man möglicherweise einen Teil seiner Erinnerungen löschen konnte. Doch Dr. Dobbs bestand darauf, daß die Psychose Skibbows hier behandelt wurde. Rein technisch betrachtet war Gerald ein Gefangener der ESA, was die Sache zusätzlich kompliziert machte. Keine angenehme Aufgabe.
In der Messe verstummten die
Weitere Kostenlose Bücher