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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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»Deine Gedanken sind plötzlich so unanständig fröhlich. Was ist denn los?«
    »Ich bin nicht sicher.« Er stand auf und tappte zum Fenster. Mit dem Finger drückte er die dünnen Bambusstäbe des Rollos auseinander. »Ah. Komm her und sieh dir das an.«
    Der Himmel über Exnall war übersät von Wolkenschleiern, die sich langsam zu einer großen Scheibe zusammenzogen. Und sie leuchteten in gedämpftem Rot. Das Licht der Dämmerung vermischte sich damit, und nur weit im Westen war noch ein Rest von Nacht zu sehen, der langsam hinter dem Horizont versank.
    »Die Sterne werden nie wieder am Himmel stehen«, frohlockte Moyo.
    Das Land war von einer unsichtbaren Macht erfüllt, die ihn beeinflußte und seinen Geist veranlaßte, selbst etwas zur Erhaltung des Ganzen beizutragen. Ein gewaltiger Zusammenschluß von Willen, etwas, von dem Moyo glaubte, daß es ganz ähnlich dem Konsensus der Edeniten sein mußte.
    Annette Eklund hatte gewonnen, und sie verwandelte die Halbinsel zu einem Land, auf dem die Toten endlich wieder frei waren. Zwei Millionen von ihnen hatten ihre energistischen Kräfte instinktiv zusammengeschlossen, und sie erzeugten gemeinsam den überwältigenden Wunsch, der in der unsichtbaren Macht ruhte.
    Ein paar Schatten flitzten durch den Garten, wo die überhängenden Äste Schutz vor dem intensiver werdenden roten Licht boten. Die Argrarmechanoiden waren lange zuvor zum Stillstand gekommen, doch nicht bevor sie den größten Teil der Blumenbeete und kleinen Büsche zerstört hatten. Als Moyo den Geist öffnete und in die schattigen Gebiete lauschte, entdeckte er mehrere nervöse Bewußtseine. Es waren die Kinder, die von der Possession verschont geblieben waren. Also war er nicht der einzige gewesen, der seine Geisel hatte entkommen lassen. Unglücklicherweise jedoch war der Rückzug der Königlichen Marines rasch und glatt vonstatten gegangen.
    »Verdammt! Sie sind schon wieder hier, um Essen zu organisieren.«
    Stephanie seufzte schwer. »Sie haben doch schon alle Beutel aus der Küche. Was können wir ihnen denn sonst noch anbieten?«
    »In einem der Ställe auf der anderen Seite gibt es noch ein paar Hühner; wir könnten sie schlachten und kochen und den Kindern das Fleisch geben.«
    »Die armen kleinen Würmer. Sie müssen sich nachts dort draußen zu Tode frieren. Gehst du und fängst ein paar Hühner? Ich heize inzwischen den Ofen vor, und wir braten sie.«
    »Warum diese Mühe? Wir können die Hühner auch direkt in Brathähnchen verwandeln.«
    »Davon bin ich nicht so überzeugt. Außerdem möchte ich nicht, daß sie etwas essen, was nicht vernünftig gegart worden ist.«
    »Wenn wir die Hühner mit weißem Feuer erledigen, sind sie gar.«
    »Hör auf zu diskutieren und mach einfach, was ich dir sage.« Sie drehte ihn um und gab ihm einen Schubs. »Vergiß nicht, daß sie gerupft werden müssen.«
    »Schon gut, ich geh’ ja schon.« Er lachte, als seine Kleidung rings um ihn materialisierte. Es hatte keinen Sinn zu streiten. Das war eine Sache, die ihm an ihr so gefiel: Sie hatte nicht viele Meinungen, aber wenn sie sich zu etwas entschlossen hatte … »Übrigens, hast du schon eine Idee, wie das mit dem Essen weitergehen soll? Im Bungalow gibt es nichts mehr, und die Leute haben die Warenhäuser auf der Maingreen längst ausgeplündert.« Nach ein paar erfolglosen Experimenten hatte er feststellen müssen, daß seine energistischen Fähigkeiten bei weitem nicht so allmächtig waren, wie er geglaubt hatte. Er konnte alles und jedes in eine Illusion hüllen, und wenn der Wunsch lange genug aufrechterhalten wurde, dann floß die Materie schließlich in die Gestalt, die er sich vorstellte. Doch der menschliche Körper benötigte Proteine und Vitamine. Ein Knäuel Wolle, das zwar wie Lachs aussah, roch und schmeckte blieb trotzdem ein Knäuel Wolle, wenn er es im Magen hatte. Selbst mit echter Nahrung mußte er vorsichtig sein. Einmal hatte er sich sogar übergeben müssen, nachdem er vakuumverpackte Brotscheiben in Schokolade verwandelt hatte – er war zu bequem gewesen, vorher das Plastik der Verpackung zu entfernen.
    »Darüber können wir uns später immer noch Gedanken machen«, sagte sie. »Falls nötig können wir die Stadt verlassen und uns in einer der Farmen einrichten.«
    Die Vorstellung gefiel Moyo nicht. Er hatte sein ganzes Leben in Städten verbracht. Trotzdem behielt er seinen Einwand für sich.
    Irgend jemand klopfte an der Vordertür, noch bevor Moyo dort angekommen war.

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