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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Kabine gepreßt und umhüllte die Beamten des Einsatzkommandos vollständig. Anschließend verhärtete sich das Material unter dem Einfluß von Valenzgeneratoren innerhalb von Sekundenbruchteilen.
    Der Flieger krachte in den Boden und riß eine breite Schneise durch die üppige Vegetation und in den weichen schwarzen Humus. Nase, Flügel und Heckleitwerk rissen ab und wurden zerfetzt, und Trümmer segelten durch die Nacht davon. Der große Zylinder der Kabine rutschte noch gut siebzig Meter weiter, während weitere Streben und Reservesysteme abrissen. Schließlich schlitterte er einen steilen Hang hinunter und kam an seinem Fuß mit lautem Kreischen zum Halten.
    Die Valenzgeneratoren schalteten sich wieder ab, und der Schaum floß aus dem Wrack, um rasch im weichen Erdreich zu versickern. Im Innern der Kabine regten sich die ersten Überlebenden.
    Bernard Gibson stieß hörbar den Atem aus. »Ich denke, sie sind alle halbwegs in Ordnung.«
    Eines der beiden verbliebenen Hyperschallflugzeuge war der Leitmaschine gefolgt, während das zweite auf einen respektvollen Sicherheitsabstand von einem Kilometer hinter dem Bus ging.
    »O mein Gott!« stöhnte Vicky Keogh unvermittelt. »Der Bus verringert seine Geschwindigkeit! Sie wollen wahrscheinlich aussteigen.«
    »Was jetzt?« fragte der Premierminister. Er klang wütend und besorgt zugleich.
    »Ein Team allein kann ganz unmöglich sechzig Infizierte aufhalten«, sagte Ralph. Es war, als beginge er Verrat. Ich habe diese Leute im Stich gelassen, dachte er. Es war mein Fehler.
    »Dieser Bus hat sechzig Passagiere an Bord«, rief Warren Aspinal entsetzt. »Vielleicht finden wir einen Weg, sie zu heilen!«
    »Selbstverständlich, Sir. Das weiß ich auch.« Ralphs Gesichtszüge wurden hart, und er verbarg sein Gefühl von Wertlosigkeit, so gut er konnte, bevor er Landon McCullock ansah. Der Polizeichef wollte offensichtlich diskutieren; er starrte zu seiner Stellvertreterin, doch Vicky Keogh zuckte nur hilflos die Schultern.
    »Admiral Farquar?« rief McCullock per Datavis den Kommandanten von Guyana.
    »Ja?«
    »Eliminieren Sie den Bus.«
    Ralph beobachtete durch die Sensoren des letzten Hyperschallflugzeugs, wie der Energiestrahl aus dem Orbit das phantastische Vehikel traf. Für einen Sekundenbruchteil sah er den Umriß des echten Longhound unter dem illusionistischen Schleier, als sei das der wahre Zweck der Waffe: die Wahrheit zu enthüllen. Dann verdampfte der Bus zusammen mit einem dreißig Meter durchmessenden Stück der Straße.
    Als Ralph den Blick wieder hob, sah er in den Gesichtern der anderen nichts außer seinem eigenen Entsetzen und seiner Bestürzung.
    Diana Tiernan hielt als einzige seinem Blick stand. Ihr freundliches, altes Gesicht zeigte einen Ausdruck von tragischem Mitgefühl. »Es tut mir so leid, Ralph«, sagte sie. »Aber wir waren trotz allem nicht schnell genug. Gerade habe ich von den KI’s erfahren, daß der Bus bereits planmäßig in den ersten vier Städten auf seiner Route Halt gemacht hat.«

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3. Kapitel
     
    Al Capone war gekleidet, wie Al Capone sich stets gekleidet hatte: geschmackvoll. Ein dunkelblauer zweireihiger Serge-Anzug, eine Seidenkrawatte mit Paisley-Muster, schwarze Lacklederschuhe, ein perlgrauer Fedora-Hut, der verwegen nach hinten geschoben war. An den Händen glänzten goldene Ringe mit kostbaren Steinen, die zwei regenbogenfarbene Reihen bildeten. Den kleinen Finger zierte ein enteneigroßer Diamant.
    Al hatte nicht lange gebraucht um zu merken, daß die Menschen dieser in der Zukunft liegenden Epoche und dieser Welt keinen besonders ausgeprägten Modegeschmack besaßen. Die Anzüge, die er sah, folgten ausnahmslos dem gleichen locker-luftig geschnittenen Design, obwohl die farbenfrohen schmalen Muster ihnen eher das Aussehen japanischer Pyjamas verliehen. Wer keinen Anzug trug, war in verschiedene Arten von Westen und engsitzende sportliche Hemden gekleidet. Sehr eng sitzende Hemden, zumindest bei den Leuten unter fünfunddreißig. Al hatte die Frauen anfangs fassungslos angestarrt in der festen Überzeugung, daß sie allesamt Huren waren. Welche anständige Frau würde sich so etwas anziehen und soviel von sich zeigen? Röcke, die den Hintern halb frei ließen, Hemden oder Blusen, die nicht viel besser waren. Aber nein. Es waren ganz normale, lächelnde, fröhliche Frauen gewesen. Die Menschen in dieser Stadt besaßen wohl einen anderen Sinn für Sitte und Anstand. Was zu Hause jedem katholischen Priester einen

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