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Seelenglanz

Seelenglanz

Titel: Seelenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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erneut durch mein Fleisch fressen konnte, machte ich mir keine Hoffnungen. Dieses Mal erwartete mich der Tod.
    Und ich zweifelte nicht daran, dass er mich vor Jules’ Augen umbringen würde.
    Er rollte die Akte zusammen und steckte sie in seinen Hosenbund. Wenn es mir gelänge, mich zu befreien und ihn … Der Anblick des Eisschwertes, das sich in seiner Hand materialisierte, ließ meine heroischen Pläne gefrieren. Fast schon nachdenklich drehte er die Waffe in seiner Hand hin und her und betrachtete die Klinge, als überlegte er, wie ersie mir am effektivsten in den Leib rammen konnte. Ich jedoch wappnete mich nicht gegen den Schmerz, sondern gegen Jules’ Schreie, die zeitgleich mit dem Erscheinen der Waffe eingesetzt hatten.
    Wenn man unsterblich war und bereits seit Jahrtausenden gelebt hatte, machte man sich keine Gedanken über den Tod. Meine Arbeit war gefährlich, doch ich hatte nie wirklich daran gedacht, dass mir etwas zustoßen könnte. Dafür war ich zu gut bei dem, was ich tat. Ich hatte allerdings auch nie gedacht, dass ich mein Leben eines Tages freiwillig opfern würde. Schon komisch, wie sich die Dinge manchmal änderten.
    Fürchtete ich mich vor dem Tod?
    Nein.
    Wäre ich gerne noch ein wenig am Leben geblieben, um herauszufinden, was das zwischen Jules und mir war?
    Ja, ganz sicher.
    Hatte ich eine Wahl?
    Danach sah es im Augenblick nicht aus.
    Shandraziel schwang das Schwert zischend durch die Luft, führte einige Scheinhiebe aus, die mich jedoch weniger zusammenzucken ließen als Jules’ entsetzte Rufe. Ihre Schreie wurden von Sekunde zu Sekunde hysterischer. Sie schluchzte und flehte, und immer wieder fehlte ihr der Atem, um überhaupt ein Wort hervorzubringen. Ein Blick zu ihr offenbarte mir das gesamte Ausmaß ihres Zustands. Sie hing mehr in Akashiels Griff, als dass sie sich aus eigener Kraft auf den Beinen hielt, trotzdem kämpfte sie gegen ihn an und versuchte immer noch, sich zu befreien. Ich hatte ihr Gesicht oft gesehen, wenn sie nervös gewesen war oder Angst gehabt hatte. Ihre Züge waren dann häufig so angespannt gewesen, dass sie zur Maske erstarrt waren. Was ich jetzt in ihrem Gesicht sah, glich nichts von alldem. Es war nackte Panik, an der Grenze zum Wahnsinn.
    Shandraziel sollte seine Show endlich beenden, statt sie weiter zu quälen, und wenn ich es beschleunigen könnte, würde ich es tun. Ich würde alles tun, solange ich nur ihr Entsetzen nicht länger sehen musste. »Wenn das hier noch länger dauert, hätte ich gerne etwas zu trinken.«
    »Mach du nur deine Späßchen.«
    »Späßchen?«, echote ich nur äußerlich gelassen. »Das ist kein Spaß. Ich weiß, wie du kämpfst, entsprechend rechne ich nicht damit, dass mich deine ersten drei Hiebe überhaupt treffen. Nicht einmal wenn mich deine Clowns hier festhalten und mir eine gestrichelte Linie mit den Worten ›Bitte hier abtrennen‹ auf den Hals malen.«
    »Du elender …«
    Ein greller Blitz gefolgt von einem Donnern erstickte seine Worte. Plötzlich war der Himmel über uns voller Engelskrieger, die unter Uriels Führung wie ein Hagelschauer auf uns herabstürzten.
    »Nicht schlecht«, rief ich Akashiel zu.
    »Sie sind nur ein bisschen spät dran«, gab er zurück. »Sonst läuft alles nach Plan.«
    Ob es auch zu seinem Plan gehörte, dass ich mich ausliefern und Shandraziel mir den Kopf abschlagen wollte? Heilige Scheiße, wenn dieses arrogante Arschloch nicht so viel Zeit damit verschwendet hätte, seine Spielchen zu treiben, wären Akashiels Engel nicht nur ein bisschen spät dran, sondern definitiv zu spät.
    So wunderbar ich den Anblick unserer Verstärkung auch fand, so gerne hätte ich darauf verzichtet, mich inmitten der Reihen unserer Gegner zu befinden. Unbewaffnet, festgehalten und mit diesem Spinner vor der Nase, der um jeden Preis versuchen würde mich umzulegen, bevor die Engel eingreifen konnten.
    Uriels Krieger schossen wie ein Meteoritenschauer aufuns herab, die Flammenschwerter wie glühende Feuerschweife in die Luft gereckt. Unter den Gefallenen brach Unruhe aus. Sie waren den Engeln zahlenmäßig weit unterlegen. Die Engel würden sie in Stücke reißen!
    Das schienen sie ganz ähnlich zu sehen, denn plötzlich lockerte sich der Griff an meinen Armen merklich. Und während die Gefallenen noch versuchten, sich zu einer reichlich löchrigen Schlachtreihe zu formieren, verpisste sich Shandraziel.
    In dem Augenblick, in dem er seine Signatur öffnete, um sich zu versetzen, riss ich mich los und

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