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Seelenglanz

Seelenglanz

Titel: Seelenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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immer wieder gegenseitig in die Quere.
    Ich gab mir alle Mühe, mich nicht von dem ablenken zu lassen, was hinter mir passierte. Trotzdem warf ich immer wieder einen Blick zu Jules, die das Feuer angeschürt hatte, bis der Berg mit den Vertragsakten lichterloh in Flammen stand.
    So groß meine Sorge um sie auch war, konnte ihr, von verbrannten Fingern einmal abgesehen, nicht viel passieren, solange es Akashiel und mir gelang, die Tür zu halten. In dem Wissen, dass sie in Sicherheit war, richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf das, was vor mir lag. Im Augenblickwar es ein für einen Gefallenen ziemlich hässlicher Bursche mit einem Streitkolben aus Eis. Heilige Scheiße, wer kämpfte bitte schön noch mit einem Streitkolben? Die waren schon im Mittelalter nicht wirklich in Mode gewesen. Armselige Bauernwaffe. Natürlich tat ich das meinem Gegner kund, was ihn genug verwirrte, um mir einen Vorstoß zu gestatten und ihm eines mit dem Flammenschwert überzuziehen. Getroffen ging er zu Boden und wurde sofort nach hinten weggezerrt und durch einen seiner nachrückenden Kameraden ersetzt.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet du uns eines Tages verraten würdest, Kyriel.«
    Großartig, der Kerl vor mir war Azazel, mit dem ich in den letzten Jahrhunderten das eine oder andere Bier gekippt hatte. Er war kein übler Zeitgenosse – nicht nach meinen Maßstäben –, und ich bedauerte es, gegen ihn kämpfen zu müssen. Andererseits ließ er mir keine andere Wahl, denn statt seinen Atem an weitere Beleidigungen oder Schmähungen zu verschwenden, ging er ohne Umschweife auf mich los.
    Schlag um Schlag prallten unsere Waffen aufeinander, Feuer und Eis, zischend und Funken sprühend bei jeder Berührung. Wir wogten unter Angriff und Abwehr vor und zurück, duckten uns, ergingen uns in Finten und suchten immer wieder eine Lücke in der Deckung des jeweils anderen. Das Ganze war so ausgeglichen, dass es mir mit jedem Schlag mehr Sorgen machte. Wenn Azazel müde wurde, konnte er seinen Platz tauschen, während ich gezwungen war weiterzumachen. Ich musste einen Weg finden, ihn auszuschalten. Ihn und den nach ihm und den danach und den folgenden gleich noch mit. Nur zu bereitwillig hätte ich Akashiels Flammenschwert gegen eine göttliche Handgranate getauscht.
    Die schaffen wir nie! , übermittelte mir Akashiel in diesem Moment auch noch wenig aufbauend. Wir müssen hier raus!
    Irgendwelche netten Vorschläge? Vielleicht ja doch die himmlische Handgranate der Befreiung?
    Die WAS?
    Vergiss es. Ich wehrte eine weitere Attacke von Azazel ab. Ich habe schlechte Nachrichten.
    Welche?
    Der Weg, durch den wir reingekommen sind, ist der einzige, der auch nach draußen führt. Und das war der Weg, den uns etwa fünfzehn Gefallene versperrten.
    Mach dich bereit, Jules zu dir zu rufen.
    Hierher? Im Leben nicht! Ich wollte ihm das sagen, doch ich kam mit meinen Gedanken nicht zu ihm durch – ein sicheres Zeichen, dass seine Leitung gerade belegt war.
    Plötzlich ging ein Raunen durch die Gefallenen. Einer hob die Hand und deutete hinter uns, und selbst Azazel, der sich mir bisher ebenbürtig gezeigt hatte, war für den einen kurzen Moment abgelenkt, den ich brauchte, um ihm mein Schwert in den Leib zu stoßen. Getroffen sackte er zu Boden und versperrte seinen nachrückenden Kameraden den Weg. Nur dass die im Augenblick ohnehin nicht nachrückten.
    Ich nutzte die kurze Atempause, um mir den Schweiß von der Stirn zu wischen und mein Schwert fester zu packen. Die Gefallenen hatten sich immer noch nicht eingekriegt, und da Azazel den Weg vor mir blockierte, riskierte ich einen Blick über die Schulter.
    Das helle Licht und das Wissen um seine Bedeutung brachten mir um ein Haar einen Treffer ein, als sich mein Blick für den Bruchteil einer Sekunde auf das Spektakel aus tanzenden Seelen richtete. Ohne Akashiels Warnung hätte ich es nicht geschafft, Azazels Schlag noch abzufangen.
    So unglaublich beeindruckend und berührend der Anblick der aufsteigenden Seelen hinter mir auch sein mochte, Azazel, der sich wieder aufgerappelt hatte, war im Augenblick dringlicher. Er war angeschlagen, was vermutlich der einzige Grund war, warum ich überhaupt noch schnell genug hatte reagieren können.
    Bemüht, mich nicht länger ablenken zu lassen, konzentrierte ich mich wieder auf ihn. Natürlich wusste ich, was die Lichter zu bedeuten hatten, und ich fühlte, wie mich eine unglaubliche Erleichterung erfasste. Dass damit auch meine jahrtausendelange

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