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Seelengrab (German Edition)

Seelengrab (German Edition)

Titel: Seelengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Buranaseda
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die Liveübertragung einer Karnevalsveranstaltung.
    „In Berlin kennen Sie so etwas sicher nicht“, sagte der Professor nachsichtig. „Die Erstürmung des Beueler Rathauses ist jedes Jahr an Weiberfastnacht der Auftakt zu den jecken Tagen, wie man hier im Rheinland sagt. Nach Ihrem Besuch sollten Sie sich auch ins Getümmel stürzen, Herr Hirschfeld. Karneval ist in unserer Region wirklich ein einmaliges Erlebnis.“
    „Das glaube ich Ihnen gern“, entgegnete Hirschfeld und beschloss in diesem Augenblick, sich nachher ein Taxi zu nehmen, um von weiteren Zeugnissen rheinischen Frohsinns verschont zu bleiben.
    „Na, Helmuth, mal wieder eine Besucherführung gemacht?“, tauchte der Pfleger von vorhin unvermittelt hinter ihnen auf und klopfte Hirschfelds Begleiter auf die Schulter.
    „Wie hast du es diesmal geschafft, an den Kittel heranzukommen? Bei deiner letzten Therapiesitzung?“
    Helmuth nickte schelmisch und fuhr sich durch die abstehenden Haare.
    „War ein Kinderspiel.“
    „Gut, du hattest deinen Spaß, mein Lieber. Nun zieh den Kittel wieder aus und gesell dich zu den anderen! Wir sprechen später noch einmal darüber.“
    „Zu Befehl“, kicherte der falsche Professor, tippte sich mit Zeige- und Mittelfinger an die Stirn und entledigte sich des Kittels. „Aber die Lesebrille darf ich behalten? Damit klappt es noch besser, habe ich festgestellt.“
    „Treib es nicht zu bunt, mein Freund“, erwiderte der Pfleger und nahm dem Alten die Brille ab.
    „War mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen“, verabschiedete sich Helmuth.
    „Die Freude lag ganz auf meiner Seite“, gab Hirschfeld zurück, der es plötzlich nicht mehr eilig hatte, der Psychiatrie den Rücken zu kehren. Der Gedanke, dass sein Vater sich in Gesellschaft solcher Mitpatienten befand, beruhigte ihn irgendwie.
    „Nehmen Sie ihm den Scherz nicht übel“, wandte der blasse Pfleger sich an Hirschfeld, nachdem sie Helmuth im Fernsehraum zurückgelassen hatten.
    „Dazu besteht keine Veranlassung.“
    „Schön, dass Sie das sagen. Wir hatten auch schon andere Reaktionen.“
    „Das kann ich mir vorstellen.“
    „Aber ich sage immer: Helmuth ist der lebende Beweis dafür, dass der Grad zwischen Normalität und Wahnsinn ein schmaler ist. Und ich kann Sie beruhigen: Sie sind nicht der erste und werden nicht der letzte Besucher sein, der auf seine kleine Einlage hereinfällt.“
    „Ein gewisses schauspielerisches Talent kann man ihm in der Tat nicht absprechen.“
    Sie waren inzwischen wieder an Zimmer 5 angelangt.
    „Ich weiß nicht, was Helmuth Ihnen über Ihren Vater erzählt hat, falls Sie über ihn gesprochen haben. Vielleicht so viel: Er ist vor drei Tagen von der Nacht und Not auf unsere Station verlegt worden und hat sein Zimmer bisher noch nicht verlassen. Auf der Notstation mussten die Kollegen ihn nach dem Vorfall erst einmal ruhigstellen und fixieren. Wenn er wieder einen Schub bekommt, wird das sicherlich erneut erforderlich sein. Momentan ist das aber zum Glück nicht notwendig. Vielleicht können Sie Ihren Vater dazu bewegen, mit Ihnen eine Runde durch die Station zu gehen. Ich denke, das würde ihm ganz guttun.“
    „In Ordnung, ich werde mein Bestes geben“, antwortete Hirschfeld und drückte die Türklinke hinunter.

02
    Fahle Sonnenstrahlen sickerten durch einen Spalt zwischen den Holzbrettern. Mühsam öffnete sie die Augen und nahm undeutlich den Wechsel von Licht und Schatten wahr. Irgendwo in der Nähe musste sich ein Fenster befinden. Sie konzentrierte sich auf die Schemen, die wie lange knorrige Finger nach ihr zu greifen schienen. Nach einer Weile erkannte sie, dass sich ein blattloser Ast draußen im Wind wiegte und das Schattenspiel verursachte.
    An die vergangenen Stunden konnte sie sich nur vage erinnern. Das letzte Mal, als sie bei Bewusstsein gewesen war, hatte sie undurchdringliche Finsternis umgeben. Wieder fragte sie sich, wie lange sie schon hier war. Ein paar Stunden? Einen Tag? Oder länger? Ihrer trockenen Kehle nach zu urteilen war mindestens eine Nacht vergangen.
    Sie schloss die Augen und horchte in sich hinein. Unter ihrer Schädeldecke pochte ein brennender Schmerz. Als sie versuchte, sich zu bewegen, rollte er wie eine Welle durch ihren gekrümmten Körper. Sie stöhnte auf und biss auf den Knebel, während ihre Hand- und Fußfesseln tiefer in ihre Gelenke schnitten. Tränen der Wut, in die sich kalte Panik mischte, schossen ihr in die Augen und perlten ihre Wangen hinab.
    Verzweifelt sehnte

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