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Seelenhüter

Seelenhüter

Titel: Seelenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Whitcomb
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bildete sich in Calders Hals, beinahe hätte er geweint, als er merkte, dass er beobachtet wurde. Er verhielt sich still, die Augen geschlossen, wartete auf eine Vision oder eine Stimme, und als nichts geschah, öffnete er sie wieder. Ana saß vor ihm auf dem Bett und starrte ihn an. Calder fühlte, wie sein Gesicht vor Scham brannte, aber sie schien nicht von seiner Schwäche abgestoßen zu sein. Im Gegenteil, sie war voller Mitgefühl.
    »Mutter wusste immer, was sie sagen oder tun musste, wenn Vater sich verloren fühlte«, sagte sie. »Ich besitze dieses Talent nicht.«
    Rasch erhob sich Calder und versuchte, zuversichtlich zu klingen. »Ich habe gebetet. Begleiter tun das jede Nacht, es ist alles in Ordnung.«
    »Hast du eine Antwort erhalten?«, fragte Ana.
    Verschiedene Erwiderungen kamen ihm in den Sinn, eine so unpassend wie die andere. »Ich fürchte, mein Captain hat mich vergessen«, bekannte er.
    »Weil du ihn nicht sehen oder hören kannst?«
    Er bereute, sie mit seinen Sorgen zu belasten.
    »Nur weil man jemanden nicht sehen oder hören kann, heißt das nicht, dass er nicht an einen denkt«, sagte sie. »Als wir eingesperrt waren, haben viele Menschen für uns gebetet. Und ich bin mir sicher, dass meine Familie gerade für uns betet.«
    »Bestimmt«, sagte Calder. Ana und Alexis hatten nicht gesündigt, für sie wurde gebetet. Er aber hatte seine heiligen Pflichten vernachlässigt, er war ein Ausgestoßener.
    »Wir sind uns sehr ähnlich«, sagte Ana zu seiner Verwirrung. Er saß mittlerweile auf dem Stuhl, sie mit angezogenen Beinen auf dem Bett neben ihrem schlafenden Bruder. »Wir wissen beide, wie es ist, sein Herz unbedacht zu verschenken.«
    Auch darauf gab es keine angemessene Antwort. Sie hatte recht, dass seine Vernarrtheit in ihre Mutter dumm gewesen war, aber dass sie ihre eigenen Handlungen damit verglich, war absurd. Ana hatte unschuldig einem hübschen jungen Mann vertraut, während sie unter dem Druck der Gefangenschaft stand. Calder dagegen hatte das heiligste seiner Himmelsgebote gebrochen, um einer Illusion nachzujagen. Dazu gab es keinen Vergleich, doch es berührte ihn, dass sie es gesagt hatte.
    »Warum gehen wir keinen Pakt ein, um uns zu vergeben?«, überlegte sie. »Es würde unsere Köpfe freimachen, damit wir uns einen besseren Plan überlegen können.«
    Alexis wachte mit einem Schrei auf und sah sich blinzelnd und mit gerunzelter Stirn im Zimmer um. »Ich hatte einen seltsamen Traum.«
    »Ich auch«, sagte Ana.
    »Wovon handelte deiner?«, fragte ihr Bruder.
    »Um mich herum waren überall Menschen, die Hunger litten und krank waren. Sie streckten die Hände nach mir aus und redeten alle gleichzeitig.«
    Der Seelenhüter war sich sicher, dass es verlorene Seelen gewesen waren.
    »Ich habe geträumt, dass mir jemand folgt«, sagte Alexis. »Und versucht hat, mir etwas zu geben.«
    Calder dachte zuerst, es habe sich um den Schlüssel gehandelt, aber dann erkannte er, dass das keinen Sinn ergab. Reines Wunschdenken. Wenn er doch bloß so leicht zu finden wäre. Nur einen Traum entfernt.
    Der Raum erzitterte. Ein Geräusch, kein Donner, dröhnte durch die Wände, und Rasputin stürzte so plötzlich in das Zimmer, dass Tisch und Stuhl über den Boden rutschten und an der Wand landeten. Ana und Alexis schrien auf, auch wenn sie Rasputin nicht zu sehen schienen.
    »Sie kommen!« Rasputins Augen glühten, als er auf Calder zuschoss, das Haar wehte um sein Gesicht wie eine Löwenmähne. »Nimm die Kinder mit an einen sicheren Ort, bevor sie dich finden! Die Geister sind wütend.«
    »Warum?«
    »Sie denken, du hältst sie fest. Sie sehen ihre eigenen Begleiter als Feinde, aber du bist schlimmer. Sie denken, du bist der Schlüssel zu ihrer Freiheit. Und sie glauben, sie könnten dich vernichten und den Schlüssel an sich nehmen, aber sie sind Dummköpfe.«
    Ana und Alexis stellten aufgeregt Fragen, doch Calder konzentrierte sich voll und ganz auf Rasputins Worte. Im Moment schien er ihnen ehrlich helfen zu wollen.
    »Ich werde versuchen, sie von euch wegzulotsen. Doch die Dinge sprechen sich schneller herum, als du dir vorstellen kannst.« Rasputin zeigte sein altbekanntes Grinsen. »Wenn die Kinder in Sicherheit sind, ruf sie zu dir.« Er schüttelte den Kopf. »Ich bin mir sicher, dass du sie erledigen kannst.«
    »Und wie?«, fragte Calder.
    Da wurde Rasputin auch schon zurück in die Wand gesogen, und der Raum erbebte so stark, dass das Fenster und die Badezimmertür ins Schloss

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