Seelenhüter
und rosige Wangen.
»Sie sind noch nie jemandem begegnet, der sich so verlaufen hat«, bemerkte Alexis.
»Ich kannte mal jemanden, dessen Familie ein Boot wie dieses hatte«, sagte Calder und merkte erst jetzt, wie schwer es war, ihre Lage zu erklären. Die drei stellten sich neben das kleine Schiff, dessen Kajüte aus dunklem Holz mit Schnitzereien verziert war: lange, miteinander verwobene Ketten aus Tieren – Vögel, galoppierende Pferde, springende Hunde und kauernde Kaninchen.
»Angeblich hat hier ein irischer Kaufmannsclan vor dreihundert Jahren geankert. Sie waren Geschichtenerzähler und Musiker«, sagte Calder, »und hatten einen Stand auf dem Marktplatz.«
Und sie sahen Ihnen sehr ähnlich,
wollte er noch hinzufügen.
»Unsere Familie hat seit über vierhundert Jahren ein Liegerecht«, prahlte der Mann. Ein weiterer Mann kam aus der Kajüte, gefolgt von einem dritten. »Wen sucht ihr denn?«
»Ich weiß den Familiennamen nicht mehr«, gab Calder zu. »Aber wir müssen ein Boot mieten.«
Die drei Fischer standen nebeneinander an Deck und lächelten auf Calder und die Kinder herab. Sie waren alle gleich attraktiv mit ihren schwarzen Locken und den blauen Augen. Sie trugen zerschlissene Hemden, unter dem Knie abgeschnittene Hosen und keine Schuhe.
»Wofür braucht ihr denn ein Boot?«
»Um nach Russland zu fahren«, erklärte Calder.
Die drei lachten belustigt auf, lächelten dann aber.
»Sie können uns nicht hinbringen, oder?«, fragte Ana.
Der erste Mann schien sich geschmeichelt zu fühlen, von einer Frau um etwas gebeten zu werden. »Wir können alles«, sagte er. »Wir finden Schätze, schleichen uns durch Kriegsfronten, stehlen Herzen … alles.«
»Ihr könntet uns also nach Russland bringen«, sagte Ana.
»Warum wollt ihr denn dahin?«, fragt einer der anderen Männer. »Es ist doch so schön hier.«
Calder trat einen Schritt vor und zog einen der Smaragde aus der Tasche, den er dem ersten Mann anbot.
Die drei reichten sich den Stein untereinander bewundernd weiter. »Wunderschön«, sagte der erste und gab ihn Calder zurück. »Der hat doch bestimmt eine Geschichte.«
»Ihr würdet sie nicht glauben, wenn wir sie erzählten«, sagte Alexis.
»Sind das deine Kinder?«, fragte einer der Männer.
»Wir sind Freunde«, erklärte Ana.
Calder freute sich, dass sie offensichtlich nicht seine Tochter spielen wollte.
»Nicht, dass wir euch nicht helfen wollen würden«, sagte der Erste. »Ihr scheint anständige Leute zu sein. Und es geht uns auch nicht ums Geld.«
»Habt ihr Angst?«, fragte der Junge.
»Alexis!«, wies Ana ihren Bruder zurecht.
Die drei Männer gaben sich beleidigt, einer krempelte sogar die Ärmel hoch und zeigte seine muskulösen Arme. »Nein, Kumpel«, sagte der Erste. »Dieser Anfrage, die man doch etwas … heikel … nennen könnte, würden wir nur zustimmen, wenn man uns zeigte, dass es
unser
Abenteuer wäre. Ihr versteht?« Er zuckte mit den Schultern. »Das Schicksal müsste uns ein Zeichen geben.«
»Was müsste es tun?«, fragte Ana.
»Da bräuchte es ein verdammtes Wunder«, sagte einer der anderen Männer.
»Das lässt sich einrichten«, bemerkte der Seelenhüter. »Was für ein Wunder wollt ihr?«
Die drei Männer lachten erneut, dann sagte der erste: »Warte mal, lass mich kurz drüber nachdenken.«
Calder betete, dass sie etwas Leichtes verlangten, etwa dass er einen Messerstich ins Herz überlebte.
»Er soll den Heiligen Gral finden«, sagte einer.
»Oder das Taschenmesser, das Finn letzten Monat über Bord hat fallen lassen«, fügte ein anderer hinzu.
Der Erste strahlte bei dem Vorschlag. »Das wäre wirklich sehr nützlich«, sagte er. »Wenn du das Messer findest, das Finn genau hier«, er zeigte auf das Wasser neben dem Boot, »verloren hat, dann wissen wir, dass wir euch dahin bringen sollen, wohin ihr wollt. Einverstanden?«
»Tu es nicht«, flüsterte Ana Calder zu, als ob sie eine Falle witterte.
»Ich werde es tun!«, mischte sich Alexis ein.
»Nein«, sagte Calder. »Ich werde gehen.«
»Und lass dir keine Woche Zeit«, sagte einer der Männer. »Drei Atemzüge, mehr nicht.«
»Ich werde nur einen brauchen«, sagte Calder, während er die Stiefel abstreifte. Die Männer lachten erneut. »Wie sieht das Ding aus?«, fragte er sie. Als ihm niemand antwortete, fragte Calder den ersten: »Wie heißt du?«
»Tomas«, lautete die Antwort. »Und du, Kumpel?«
»Calder.«
Er gab die Smaragde und das Geld Ana, damit er sie nicht
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