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Seelenkuss / Roman

Seelenkuss / Roman

Titel: Seelenkuss / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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man so gern über Gefühle quatschte.
    Sie drehte sich um und lehnte sich an das Geländer. Der Garten unten war in Sternenlicht getaucht, bot somit einen weit angenehmeren Anblick als der Vampir, dessen Leiche bereits zu schrumpfen begann. In ungefähr zwanzig Minuten bestünde er nur noch aus einem Haufen Staub. Bei Vampiren war es, als holte sie mit dem Tod die Zeit ein, die sie zu nichts zerrieb. War dieser hier erst einmal ganz fort, würden sie seine Sachen nach Hinweisen durchsuchen.
    Über ihnen glitzerten die Sterne wie Pailletten auf dem Kleid einer Schnulzensängerin. Die Gartenanlagen erinnerten mit ihrem matten Leuchten an ein Märchenreich oder eine Luftspiegelung, die man zwar sehen, aber nicht berühren konnte. Ashe entsprang einem völlig anderen Element – einem viel weniger hübschen.
    An einem Punkt in ihrem Leben, als ihre Eltern starben oder sie ihren Ehemann verlor, vielleicht aber auch als sie das erste Monster erlegte, hatte sie sich in die Finsternis gleiten lassen. Nun, da ihre Tochter bei ihr lebte, musste sie versuchen, sich wieder hinauszuhangeln. Kinder brauchten eine helle, strahlende Welt. Eden brauchte eine Mom, die nicht bloß eine monsterkillende Action-figur darstellte. Zu schade, dass Ashe keinen Schimmer hatte, wie sie mehr sein sollte!
    Doch sie würde es versuchen. Göttin, ja, sie würde sich anstrengen! Sie würde sich bemühen, das Schöne in der Welt zu erkennen und über die Schatten hinauszublicken. Das war ihre Pflicht.
    Sie hörte, wie Reynard sich auf der Bank hinter ihr bewegte.
    »Sie sollten sich die Aussicht anschauen«, sagte sie.
    »Nein danke.« Seine Stimme klang ruhig und in der Dunkelheit merkwürdig vertraut.
    »Warum nicht?«
    Einige Herzschläge lang schwieg er. »Ich muss in die Burg zurück.«
    »Und?« Sie wandte sich zu ihm um.
    Zwar hatte er seinen Kopf gehoben, blickte sie jedoch nicht an. »Was ich hier draußen sehe, würde mich ruhelos machen, und ich habe keine andere Wahl, als zurückzukehren. Es ist besser, wenn ich so wenig wie möglich sehe.«
    In seinen Worten schwang ein solch tiefes Bedauern mit, dass es Ashe beinahe schmerzte. Ja, mit Bedauern kannte sie sich aus. Sie konnte fast dessen kupfrige Blutnote auf ihrer Zunge schmecken, streng und altbekannt.
    Endlich war da etwas an ihm, das sie verstand.
    Und, die Göttin mochte ihr beistehen, auf einmal wollte sie ihm helfen.

[home]
3
    H ier ist wieder Errata Jones von CSUP , dem Sender, der für das Übernatürliche in unserer wunderschönen Stadt Fairview steht. Es ist sieben Minuten nach elf, kurz nach den Spätnachrichten, und wir wollen noch ein bisschen darüber sprechen, was es heißt, dass wir diese Burg in unserer Stadt haben.
    Der neue Oberboss in der Burg, unser geschätzter ExPolizist Conall ›Mac‹ Macmillan, hat unlängst Wachposten neu besetzt, für die sich eine beachtliche Zahl von Jungen aus Fairview bewarb.
    Tja, Mädels und Ghule, das klingt nach einer tollen Möglichkeit, Geld zu verdienen und interessante Leute kennenzulernen, nicht? Trotzdem hätte ich ein paar Fragen, ehe ich mir den Firmenausweis anklemme. Meine Quellen erfuhren, dass es sich bei dem letzten Mann, der bei der vorherigen Einstellungswelle angeheuert wurde, um einen gewissen Captain Reynard handelte. Und zwar im Jahre 1758. Warum wurden wohl zweieinhalb Jahrhunderte lang keine neuen Wachen rekrutiert? Und wieso sehen wir so selten Wachen außerhalb der Burgmauern? Nach so langer Zeit sollte man doch meinen, dass die Kerle gern mal ein bisschen frische Luft schnappen würden.
    Also, worauf genau lassen sich unsere armen sterblichen Knaben ein? Sind sie erst mal drinnen, verbietet ihnen die Vertraulichkeitsklausel, mit uns zu sprechen. Was will uns die Burgverwaltung nicht verraten?«
     
    Reynard kehrte in die Burg zurück und stellte fest, dass er allein war. Er blieb stehen und wartete, bis das Portal hinter ihm zugeglitten war. Das leise Ploppen, mit dem sich der schmale Spalt schloss, erinnerte ihn an ein Schmatzen. Die Burg hatte ihn wieder verschluckt.
    Er richtete seine Kleidung und klopfte sich Matsch vom Ärmel. Das Licht war hinreichend gedämpft, so dass seine Augen sich nach der Dunkelheit draußen kaum umstellen mussten. Bei dem Bereich, in dem er stand, handelte es sich um eine runde leere Kammer, die sie gewählt hatten, weil sie groß genug war, um die kaninchenähnliche Kreatur einzufangen. Wie die meisten Mauern in der Burg bestand auch diese hier aus grobem grauem Stein. Ewig

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