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Seelenkuss / Roman

Seelenkuss / Roman

Titel: Seelenkuss / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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Reynards Rücken sie nicht abgefangen.
    Er hielt sie fest und richtete sie wieder auf, wobei sie die Reste der Magie in seinen langen starken Fingern fühlte. Aber da war noch etwas. Sie spürte eine Kraft über sich hinwegfließen wie Sand in einem Wüstensturm. Tausende winzige Stiche. Wer immer oder was immer auf sie geschossen hatte, war verletzt … und nicht menschlich.
    Wieder musste Ashe an ihre Tochter denken und bekam Angst.
    Reynard machte einen Schritt nach vorn, doch sie hielt ihn zurück. »Sie hatten nur einen Schuss in Ihrer Muskete. Ich sollte vorgehen.«
    Er zog eine Waffe hervor, die auffallende Ähnlichkeit mit einer sehr modernen Smith & Wesson aufwies – soweit Ashe es in der Dunkelheit beurteilen konnte. Reynard hatte sie in einem Halfter unten an seinem Rücken getragen. »Ich könnte nachladen. Zudem trage ich Ersatz bei mir. Wie Mac so gern sagt: ›Scheiße passiert.‹«
    Eine solch obszöne Wendung aus seinem Mund klang falsch. Andererseits hatte sie heute Abend mit so ziemlich allen Mutmaßungen über ihn weit danebengelegen. Was nicht gut war, bedachte man, dass sie sich gegenseitig Rückendeckung geben sollten.
    Reynard stieg die Stufen hinauf. Seine Nachtsicht war wahrlich verteufelt gut, stellte Ashe fest, die ihm folgte, sich ihren Weg jedoch eher ertasten musste. Es gab rechts ein Eisengeländer; leider hatte sie dort ihre Waffenhand, also konnte sie sich nicht festhalten. Sie bekam eine Gänsehaut, die nicht allein von der Magie rührte, sondern auch von ihrer Höhenangst. Normalerweise machte ihr Höhe nicht sonderlich viel aus, aber das änderte sich, wenn sie nicht sah, wohin sie trat. Sie tastete nach den Stufen und zählte sie mit. Es war gut zu wissen, wie viele sie bereits hinaufgestiegen war, falls sie eilig zurückmüsste. Zu glauben, man befände sich am Fuße einer pechschwarzen Treppe, wenn man de facto noch nicht dort angekommen war, konnte fatal sein.
    Auf der Felssäule wuchsen noch mehr Pflanzen und Büsche. Klammen grünen Fingern gleich streiften Blätter Ashes Gesicht. Sie erreichten einen Absatz, an dem die Treppe eine scharfe Kurve machte. Über ihnen glitzerten Trilliarden Sterne, dicht und hell, weil der Botanische Garten außerhalb der Stadt lag. Und oberhalb der wolkenförmigen Baumwipfel schien ein wächserner Mond. Ashe sah, wie Reynard seine linke Hand hob und deutete. Seine rechte Hand war um seine Waffe geschlungen. Ashe umfasste ihre Waffe mit beiden Händen. Das kühle schwere Metall beruhigte sie.
    Sie stiegen die letzten zwölf Stufen hinauf. Oben fanden sie eine nierenförmige Plattform vor, mit einem Eisengeländer gesichert. Sie wirkte wie ein weiterer kleiner Garten. Das Blumenbeet, der Ahorn und die Bank dürften im Tageslicht sehr hübsch aussehen. Bei Nacht war das hier unheimlich.
    Reynard drehte sich nach rechts und schwenkte seine Waffe zielgenau auf den gefallenen Schützen. Ashe zielte ebenfalls auf die Gestalt, die bäuchlings auf dem Boden lag. Er war verdreht, als wäre er bei dem Versuch, sich zu ducken, herumgewirbelt worden.
    Vampir.
Jetzt, da sie ihm nahe war, konnte Ashe seine Essenz beinahe schmecken. Seine Energie verursachte ein Kribbeln auf Ashes Haut wie von unzähligen Insektenfüßen. Sie trat auf die linke Seite der Gestalt, Reynard auf die rechte, bis sie sich über ihrem Zielobjekt gegenüberstanden.
    Was als Nächstes geschah, hing gänzlich von dem Vampir ab. Warum hatte er auf sie geschossen? Ashe wollte eine Erklärung. Sie würde ihn mit Freuden am Leben lassen, am untoten. Zumindest lange genug, um ihn zu befragen. Und länger, sollte er sich gut benehmen. Aber er hatte bereits versucht, sie umzubringen. Also, falls er angriff, würde sie nicht lange fackeln.
    Der Vampir war mittelgroß, männlich und in Jeans gekleidet. Eine Auswahl von Gewehren sowie ein Stativ waren um ihn herum auf dem Boden verteilt. Ashe roch Blut, sah jedoch nur einen glänzenden Flecken hinten auf seiner Jacke. Es war zu dunkel, als dass sie die Farbe hätte erkennen können. Zwar rührte er sich nicht, aber sicherheitshalber kickte sie sein Gewehr außer Reichweite. Hier war alles für einen Scharfschützen hergerichtet, inklusive Nachtsichtgerät und sonstigem Schnickschnack.
    »Den Waffen nach ist er ein bezahlter Profi«, sagte sie leise.
    »Wie es scheint, haben Ihre Feinde sich weidlich Mühe gegeben«, stellte Reynard fest.
    »Sehr schmeichelhaft.« Ashe musterte den Vampir. Kurze Lederstiefel. Das Glitzern von einer teuren

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