Seelenkuss / Roman
ja.«
»Wieso? Mit mir verheiratet zu sein ist doch keine Extremsportart.«
»Tja, das kannst nur du allein beurteilen.« Mac grinste.
»Ha, ha! Vielleicht sollte ich so ein Ding unterschreiben, denn sie hat gesagt, sie bricht mir das Genick, wenn sie keine zwei Wochen in den Rockies kriegt.«
»Gratuliere! Ich wünsche dir und deiner hübschen Dame alles Gute.« Reynard schüttelte ihm die Hand. »Möchtest du an deinem Hochzeitstag auch von der Pflicht entbunden sein?«
»Wenn es geht.«
»Wir denken darüber nach«, erklärte Reynard trocken. »Es könnte einige Schwierigkeiten mit der Planung verursachen.«
Als er grinste, zeigte Stewart die geraden weißen Zähne, die alle neuen Männer und Frauen zu besitzen schienen. »Ich weiß, dass Sie Ihr Bestes tun werden, Cap’n. Und ich möchte Sie zur Hochzeit einladen, wenn Sie kommen können.«
»Ich danke dir.« Reynard war ungewöhnlich gerührt von der Einladung. Er verzichtete auf den Hinweis, dass er sie unmöglich annehmen könnte. Das konnte warten.
Stewart trottete weiter und hob beim Gehen den Becher an seine Lippen. Reynard sah ihm nach, wie er den Korridor hinunterging. Neue Rekruten waren dringend nötig, aber es kostete einige Kraft, ihnen nicht das Leben zu neiden, das ihnen vergönnt war. Stewart durfte eine Frau heiraten, zu der er jeden Abend nach Hause käme. Außerdem war er sterblich und verwundbar, weil es ihm an dem Teufelspakt mangelte, der die alten Wachen alterslos, unverwüstlich und zu Gefangenen machte.
Gefangen. Das Beste, worauf Reynard jemals hoffen durfte, war eine dumpfe Zufriedenheit und Hingabe an seine Pflicht.
Lass diese trüben Gedanken und komm drüber weg!
Er eignete sich die modernen Wendungen in einem beschämenden Tempo an. Bald würde er noch reden wie diese Jungen!
Was vielleicht spaßig wäre.
Reynard stellte sich vor, am Abend eines harten Arbeitstages zu einer Frau heimzueilen. Wie sähe Ashe Carver ohne all ihre Waffen aus? In ihrer Wildheit erinnerte sie an eine Piratenkönigin. Wäre sie im Bett weich und weiblich? Oder genau solch eine Amazone wie heute Nacht? Diese Frage ließ Reynard sich auf der Zunge zergehen und kostete alle erdenklichen Antworten aus. Ihm gefiel sehr gut, dass sie sich von jeder anderen Frau unterschied, die er kannte.
Offenbar hatte ihn die kurze Berührung mit der Außenwelt beeinträchtigt. Oder es lag vielleicht teils an der Frau. Jedenfalls wartete seine Vorstellungskraft mit Bildern auf, die er längst vergessen geglaubt hatte.
Mac hatte endlich fertig geschrieben. »So, jetzt ist deine nächste Schicht gestrichen.«
Reynard zwang sein Denken zurück in die kalte, steinerne Realität. »Warum?«
»Jemand ließ diese Hoppelbestie aus ihrem Gehege. Ich möchte mir das Tor noch einmal ansehen, und du kommst mit mir!«
»Suchst du nach jemand Bestimmtem?« Reynard nahm die lederne Patronenschatulle ab, die er über seiner linken Schulter trug, holte eine Kugel und eine Schießpulverkartusche heraus und lud seine Muskete mit einer Routiniertheit, die sich tausendfachem Üben verdankte. Kartusche. Scharf machen. Laden. Dichtpfropfen. Wenn sie sich in die Tiefen der Burg begaben, wollte er vorbereitet sein.
»Jemand Bestimmtem?« Mac überlegte. »Kann sein. Oder es ist bloß eine Ahnung. Ich will wissen, wer dieses Tor geöffnet hat und warum. Und du kennst die Bewohner hier viel besser als ich, siehst also eher Hinweise, die mir nicht auffallen würden.«
Reynard steckte den Ladestock wieder in die Halterung neben dem Musketenlauf. »Es könnte Sabotage gewesen sein. Ein seltsamer Zufall ist, dass ein Vampir Ashe Carver exakt in dem Moment jagte, in dem wir hinter der Kreatur her waren. So gerieten wir in einen recht munteren Tanz.«
Mac überprüfte gerade seine Waffe, eine SIG Sauer Automatik, und sah verwundert auf. »Was? Einen vollständigen Bericht, wenn ich bitten darf!«
»Sie wurde nicht verletzt.«
»Natürlich nicht – du warst ja bei ihr.«
Reynard gestattete sich ein mattes Lächeln. »Sie hätte ihren Vampir auch ohne mich gepfählt. Ich war lediglich ein praktisches Hilfsmittel.«
Mac lachte, ging los und bedeutete Reynard, ihm zu folgen. »Typisch Ashe!«
»Ich meine es ernst. Ich hätte zu Hause bleiben und die Füße hochlegen können. Äußerst schmerzlich für die männliche Selbstachtung übrigens. Schließlich habe ich auch schon einige Menschen und Monster erlegt.« Genau genommen wusste er die Zahl nach all den Duellen, Schlachten und
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