Seelenkuss / Roman
Buchhändler gewesen war, riss sein gewaltiges Maul auf und kreischte wie eine Todesfee, dass es einem durch Mark und Bein fuhr.
Der saure Gestank von Dämonenmagie rollte durch das Geschäft, als die Kreatur albtraumhaft ihre Flügel ausbreitete.
Riesig und dunkel schwoll der Dämon an, bis er den vorderen Teil des Verkaufsraumes vollständig ausfüllte, wobei sein Schatten einer Flutwelle gleich die Decke verfinsterte. Alles wurde duster, als würde die Dämmerung einsetzen. Im falschen Zwielicht fiel das Atmen schwer. Die Luft schien allen Lebens beraubt.
Holly warf einen Energieball, und die dunkle Welle zog sich für einen Moment zurück. Dann drehte Holly sich um und rannte den Gang hinunter, die Miniaturkirche unter ihrem Arm. Mit einem gewaltigen Rauschen schlug der Dämon seine Flügel, stieg auf und segelte bedrohlich hinter der Hexe her.
Reynard stürmte vorwärts, um sich zwischen sie zu bringen, kam aber zu spät. Kaum hatte Holly den gefliesten Wandelgang erreicht, packte der Dämon sie mit seinem Schnabel an den Schultern und riss sie nach oben.
Reynard sprang und streckte die Arme nach ihr aus. Hollys Hand streifte seine, doch es gelang ihr nicht, sie zu ergreifen. Sie verlor die kleine Modellkirche, die in unzählige befremdlich melodisch klirrende Scherben zerfiel, als sie auf dem Boden landete.
Fauchend machte Alessandro einen Satz nach vorn, das Schwert zum beidhändigen Schlag bereit. Die Hebelkraft des Vampirs katapultierte ihn gute drei Meter hoch in die Luft. Als er jedoch die Klinge schwang, verwandelte der Dämon sich in Dunst. Holly fiel wie ein Stein, aber Alessandro fing sie mit einem Arm und hielt sie, während er wieder auf dem Gang aufsetzte.
Reynard behielt den Dämon im Blick. Der wirbelte herum, wurde zu einer langen schwarzen Rauchfahne und fädelte sich durch eine schlichte Tür, auf der ZU DEN PARKDECKS stand. Reynards erster Impuls bestand darin, ihm zu folgen, ehe ihn Panik überkam.
Wo war Ashe?
Ashe setzte sich ruckartig auf, nach Luft japsend, und wäre beinahe mit Reynards sorgenvoll gerunzelter Stirn kollidiert. Jemand hatte sie umgedreht und das Papier von ihrem Gesicht gerissen. Wie eine Mumie war sie in Zeichnungen von Körben, Küken und Häschen eingewickelt. »Holt das runter von mir!«
Drei Paar Hände begannen, sie auszuwickeln. Holly war links von ihr, Alessandro zu ihren Füßen. Als der Vampir sie ansah, bemerkte sie das amüsierte Funkeln in seinen Bernsteinaugen.
»Das ist nicht witzig!«, zischte sie wütend.
»Du siehst aus wie ein Osterei«, entgegnete er seelenruhig.
»Ich dachte, du wärst erstickt«, raunte Reynard, der todernst dreinblickte. »Wie fühlst du dich?«
»Gut«, antwortete Ashe automatisch. Sie keuchte, weil sie möglichst viel Sauerstoff bekommen wollte, und ihr Kopf tat weh, aber sie hatte sich nichts gebrochen und blutete nicht. Also war sie einsatzbereit.
Reynards Miene sagte ihr, dass er ihren Drang zu kämpfen verstand.
Ashe schüttelte die letzten Fetzen ihrer Verpackung ab und stand auf. Der Laden sah aus, als hätte ihn ein Schneesturm erwischt. Zu Hügeln verwehte Kartenberge bedeckten den Boden, aber wenigstens waren sie leblos.
Von heute an verschicke ich nur noch E-Cards!
»Der Dämon ist zur Treppe zu den Parkdecks«, sagte Reynard. »Ich vermute, dass es nur eine Ablenkung sein soll. Früher oder später kehrt er zu seiner Sammlung zurück. Dort können wir ihn in die Falle locken.«
Alessandro nickte. »Okay.«
»Ich fürchte nur, Tony könnte wieder Menschengestalt angenommen haben und weggefahren sein«, gab Ashe zu bedenken.
»Nicht mit den ganzen Sirenen da draußen«, erwiderte Alessandro. »Die Polizei hat das ganze Einkaufszentrum abgeriegelt. Uns bleiben noch etwa zwei Minuten, bevor sie uns hier entdecken.«
Ashe griff nach ihrer Waffe. »Dann lasst uns gehen!«
Alessandro nahm Hollys Hand und schritt auf den Ausgang zu, wobei er mit den Füßen Karten aufwarf wie Herbstlaub. Ashe und Reynard folgten ihnen.
Bis sie den Hauptgang des Einkaufszentrums erreichten, wimmelte es von Polizei und Presseleuten. Aus dem Augenwinkel sah Ashe Gary, den Verkäufer, der sich bemühte, ein paar Reporter vom Buchladeneingang zu verscheuchen. Er hatte keine Chance. Die Presse hatte es irgendwie durch die Polizeiabsperrung geschafft, und damit war das gesamte Sicherheitskonzept hinfällig geworden.
»Was ist hier los?«, fragte Reynard so laut und energisch, dass er alle anderen übertönte.
Ashe zog ihn
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