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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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gewesen. Doch jetzt… jetzt konnte sie sich nicht daran erinnern, seine Stimme jemals anders als rau und erschöpft gehört zu haben.
    » Lügnerin! Wann?! « , verlangte er noch einmal zu wissen, schüttelte sie grob.
    » Ich weiß nicht! « Keuchend stemmte sie sich gegen seine Brust.
    » Lügnerische Hexe! Sag es mir! « Er packte noch fester zu, zerrte sie näher zu sich heran. In seinen Augen flackerte Raserei. Angst nahm ihr die Luft. » Sag es! « , brüllte er sie an und schüttelte sie erneut.
    » Ich weiß es nicht! « Sie wand sich in seinem Griff, kam nicht frei.
    » Sag es! « Seine Stimme kippte zu einem wahnsinnigen Heulen! » Sag es mir! « Zu ihrer Verblüffung waren die Worte plötzlich nur noch ein leises Flehen. Seine Finger legten sich um ihre Kehle, massierten sie sacht. Darejan bog den Kopf zurück, soweit sie konnte, schluckte gegen den kaum spürbaren Druck seiner Hand an.
    » Ich weiß es nicht! « Ihre Stimme bebte.
    In den Tiefen seiner Augen war wieder jenes Flackern. Seine Atemzüge wurden schwerer, wandelten sich zu einem Schluchzen. Herzschlag um Herzschlag starrte er sie an, unverwandt, dann löste sein Griff sich langsam, verschwand gänzlich. Seine Augen waren wieder blicklos und leer, sein Verstand fort. Sein Kopf lehnte sich schwer an ihre Schulter, sein Atem fast eine warme Liebkosung auf ihrer Haut. Darejan hielt ihn eine ganze Weile schweigend fest. Fahlschimmernde Schleier. Bleiche Fäden. Die über ihre Glieder krochen. Sich um sie legten. Eine unbestimmte Angst wand sich ihren Rücken hinauf, nistete sich in ihrem Bauch ein, verwandelte sich mit jedem Herzschlag mehr in Grauen, ohne dass sie gewusst hätte weshalb. Sie mussten fort! Weg hier! Plötzlich gab es keinen anderen Gedanken mehr. Der Verrückte wehrte sich nicht, als sie ihn auf die Füße und hinter sich her aus ihrem Dickichtversteck zerrte. Jenseits seines Schattens fiel das Licht der Morgensonne ungehindert auf die unzähligen Kratzer, die ihre Arme überzogen. Am vergangenen Abend waren sie noch nicht da gewesen. Etwas war in der Nacht geschehen. Aber sie konnte sich nicht daran erinnern. Ein Albtraum? Hatte sie im Schlaf um sich geschlagen und war in die Dornen geraten? Niemals! Der Schmerz hätte sie wecken müssen. Mit dem Gefühl jetzt, am helllichten Tag in einem Albtraum gefangen zu sein, zog sie ihn zwischen den Bäumen hindurch hastig vorwärts. Und auch als ihre Seite seit schieren Ewigkeiten bei jedem Atemzug unter schmerzhaften Stichen brannte, wagte sie erst, stehen zu bleiben, als das Grauen in ihrem Inneren endlich vergangen war.
    Einige Stunden später, die Sonne hatte ihren Zenit bereits überschritten, erwachte auch der Verrückte wieder aus seiner Teilnahmslosigkeit. Nach ihrer kopflosen Flucht hatte Darejan schließlich den Bachlauf wiedergefunden, dem sie die meiste Zeit gefolgt waren, und hatte sich erschöpft an seinen sanft abfallenden Uferhang gesetzt. Gehorsam hatte er sich neben ihr auf dem Boden niedergelassen und war fast sofort in ein müdes Dahindämmern gesunken. Doch als sie wenig später nach seiner Wunde hatte sehen wollen, hatte er sie zurückgestoßen und sie böse angeherrscht, sie solle die Finger von ihm lassen. Den Rest des Tages hatte er wieder die Führung übernommen, bis ihn wie am Abend zuvor das Fieber einholte und es erneut Darejan überlassen blieb, ein Versteck für die Nacht zu finden.

34
    D er Lärm des Kampfes hallte weit durch das nächtliche Tal. Schreie gellten. Die kleine Schar Krieger donnerten auf ihren hochbeinigen Ragon über die Felder, dem brennenden Dorf entgegen. Sie waren auf dem Weg nach Isârra gewesen, von ihrer Königin zurück in die Hauptstadt beordert, da die Korun ihre Klauen nach Nabrod und Siard ausstreckten und auch ihren Grenzen immer näher kamen. Doch sie hatten ihre Reise unterbrochen, nachdem sie am Mittag westlich von hier das zerstörte Dorf entdeckt hatten.
    Mit furchterregendem Kampfgeheul fielen die Krieger den Söldnern und Korun in den Rücken, obwohl sie wussten, dass sie weder das Dorf noch seine Bewohner würden retten können. Blut hatte den Boden dunkel gefärbt. Kaum einer der Männer stand noch auf seinen Beinen und kämpfte um sein Leben. Nur einer von ihnen war kein Bauer, der mit einem Dreschflegel oder einem Pferdegeschirr um sich schlug. In seiner Hand glänzte eine Schwertklinge. Ein ockerfarbenes Juwel schimmerte im Licht der Feuer in ihrem Knauf, dunkelrote Einschlüsse flammten darin. Sein Hemd war über

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