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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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der Schulter zerfetzt. Blut rann über dunkle Runenlinien auf seiner Haut und dennoch hielt er drei Kriegern stand. Hinter ihm lag verkrümmt der Körper einer Frau. Ihr Gewand im Blau und Silber der Tracht der Nekromanten war rot gefärbt. Unter ihr begraben war der Körper eines Kindes. Dann war plötzlich ein ganz in Grau gekleideter Reiter hinter dem Krieger. Eine Klinge fuhr in seinen Rücken, durch seine Brust. Sie waren noch zu weit entfernt, um es zu verhindern.

35
    D ie letzten beiden Tage hatte es nahezu ununterbrochen geregnet. Der Hohlweg, dem sie folgten, hatte sich in zähen Schlamm verwandelt, der unter jedem Schritt schmatzte.
    Darejan rieb sich fröstelnd die Arme und warf einen kurzen Blick über die Schulter zu dem Verrückten hin, der hinter ihr schweigend durch den Matsch stapfte. Sein Blick war abwesend, ohne jedoch diese stumpfe Leere darin. Es schien Darejan vielmehr, als würde er seinen Geist ziellos umherstreifen lassen, darauf bedacht, nicht ins Grübeln zu verfallen. Etwas, das mit beängstigender Regelmäßigkeit einen seiner Anfälle auszulösen schien. Von dem wenigen, das sie an Beeren und essbaren Wurzeln in den vergangenen Tagen gefunden hatten, hatte er kaum etwas angerührt. Unter seinen Augen und den inzwischen scharf hervortretenden Wangenknochen standen Schatten, die langsam tiefer wurden. Jedes Mal, wenn er ihr erlaubte, sich um seine Wunde zu kümmern, die noch immer nicht heilen wollte, hatte sie den Eindruck, als könne sie seine Rippen unter der Haut ein wenig mehr spüren.
    Eben wollte sie sich schon wieder umwenden, als er den Kopf hob, von einem Lidschlag auf den anderen angespannt und wachsam.
    » Was ist? « , wagte sie zu fragen, nachdem sie einen Moment lang lauschend den Atem angehalten hatte, doch seine erhobene Hand gebot ihr Schweigen. Zwischen seinen Brauen erschien eine scharfe Falte.
    » Reiter! « , zischte er nach einem weiteren Augenblick. » Runter vom Weg! «
    Jetzt hörte Darejan den leisen, aber allmählich immer lauter werdenden Hufschlag auch. Erschrocken sah sie sich um. Es gab nur eine Möglichkeit, um den Hohlweg zu verlassen: die Böschungen hinauf. Auf der linken Seite ragte der Hang beinah senkrecht auf. Rechts von ihnen stieg er sacht an und war von dichtem Gesträuch überwuchert.
    » Mach schon, Hexe! « Er versetzte ihr einen unwilligen Stoß. Darejan biss die Zähne zusammen und begann durch das Gestrüpp den Hang hinaufzuhasten. Zweige und verborgene Dornen hakten sich in ihr Kleid und verfingen sich in ihrem Haar. Ein kurzer Blick zeigte ihr, dass es ihm nicht besser ging. Die Ärmel seines Hemdes waren fast bis zu dem Ellbogen zerfetzt. Auf dem Hohlweg patschten Hufe laut durch Wasser und Schlamm. Darejan glaubte sogar, das leise Klirren von Waffen zu hören. Neben ihr stieß der Verrückte einen lästerlichen Fluch zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Sie unterdrückte ein Stöhnen, als sie den Grund dafür entdeckte. In dem Dickicht hatten sie eine deutlich sichtbare Spur aus niedergetretenen und geknickten Zweigen den Hang hinauf hinterlassen.
    Mit einem gezischten » Leise, Hexe! Lauf! « packte er sie im gleichen Moment, in dem am Ende des Weges mehrere Reiter in Sicht kamen, am Arm und versetzte ihr einen Schubs, der sie taumelnd zwischen die Bäume beförderte. Darum bemüht, keinen Laut zu verursachen, rannte sie los.
    Sie waren noch immer in Sichtweite der Böschung, als Stimmen laut wurden. Darejan riskierte einen hastigen Blick über die Schulter. Gerade erschien der erste Reiter über dem Rand des Hanges, entdeckte sie, stieß einen bellenden Ruf aus und preschte hinter ihnen her. Sie versuchte schneller zu laufen, stolperte jedoch, taumelte noch ein paar Schritt weiter, getragen von ihrem eigenen Schwung, und stürzte. Eine Hand packte sie, zerrte sie unsanft wieder in die Höhe und stieß sie so hart vorwärts, dass sie um ein Haar gleich wieder hingeschlagen wäre. Nur mit Mühe gelang es ihr, sich an einem Baum abzufangen.
    » Lauf! « , fuhr der Verrückte sie einmal mehr an. Sie kam nicht mehr dazu, ihm zu gehorchen. Der Reiter hatte sie eingeholt. Ein halbes Dutzend weiterer war nur ein kurzes Stück hinter ihm. Es waren dunkelhäutige Männer, die auf hochbeinigen Ragon saßen. Die zottigen Mähnenkrägen um die Hälse der Tiere hoben sich dunkel von ihrem goldbraun gesprenkelten Fell ab. Mit einem wilden Brüllen hatte der vordere der Reiter seinen Säbel emporgerissen. Der Verrückte zuckte mit einem

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