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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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weg von hier!«
    »Nicht ohne dich«, sagte ich und machte mir an seinem rechten Arm zu schaffen.
    Danny schüttelte den Kopf. »Ich will nicht, dass du für mich stirbst.«
    »Für wen soll ich dann sterben? Für jemanden, der mir völlig fremd ist? Was hätte das für einen Sinn? Also, wer ist sie?«
    Sein leises Seufzen drückte abgrundtiefes Elend aus. »Bestimmt hältst du mich jetzt für einen totalen Loser.«
    »Du bist kein Loser. Du bist ein Freak, genau wie ich, aber Loser sind wir keine.«
    »Du bist kein Freak«, sagte er.
    Ich war bereits mit der hinteren Fessel des rechten Arms beschäftigt. »Falls ich überhaupt arbeite, dann als Grillkoch, und als ich mir einen Pullunder gekauft hab, ist mir meine Garderobe schon über den Kopf gewachsen. Ich sehe tote Menschen, und ich unterhalte mich mit Elvis, also sag mir bloß nicht, dass ich kein Freak bin. Los, wer ist sie?«
    »Versprich mir, dass mein Vater nichts davon erfährt.«

    Gemeint war damit natürlich nicht Simon Makepeace, der ihn gezeugt hatte, sondern sein Stiefvater. Offenbar wusste er nicht, dass Dr. Jessup tot war.
    Dies war nicht der beste Moment, um es ihm zu erzählen. Er wäre am Boden zerstört gewesen, während er jetzt unbedingt wach und ganz bei der Sache sein musste.
    Seine gerunzelte Stirn wies darauf hin, dass er etwas in meinem Blick oder meiner Miene gesehen hatte. »Was ist?«, fragte er.
    »Ich werde es ihm nicht verraten«, versprach ich und wandte meine Aufmerksamkeit den Fesseln seines rechten Beins zu.
    »Schwörst du mir das?«
    »Wenn ich es ihm jemals sagen sollte, dann gebe ich dir die Karte mit dem Methanschleimer von der Venus zurück.«
    »Hast du die etwa immer noch?«
    »Ich hab dir doch gesagt, dass ich ein Freak bin. Wer ist Datura? «
    Danny holte tief Luft und hielt den Atem an, als wollte er ins Guinness-Buch der Rekorde kommen. Dann stieß er die Luft gemeinsam mit einem einzigen Wort aus: »Telefonsex.«
    Verwirrt starrte ich ihn blinzelnd an. »Telefonsex?«
    Danny wurde feuerrot. »Bestimmt staunst du jetzt Bauklötze, aber ich war noch nie mit einem Mädchen im Bett.«
    »Nicht mal mit Demi Moore?«
    »Trottel«, zischte er.
    »Wie hast du dir das nur entgehen lassen können?«
    »Tja«, sagte er. »Jedenfalls, wenn man mit einundzwanzig noch Jungfrau ist, fühlt man sich eben als König der Loser.«
    »Glaub bloß nicht, dass ich dich deshalb mit Euer Hoheit anrede. Weißt du, vor hundert Jahren hätte man Typen wie dich und mich als Gentleman bezeichnet. Komisch, wie viel sich in einem Jahrhundert verändern kann.«

    »Wie bitte? Versuch bloß nicht, mir weiszumachen, dass du auch ein Mitglied dieses Clubs bist. Ich bin zwar unerfahren, aber naiv bin ich nicht!«
    »Glaub, was du willst«, sagte ich, während ich an den Fesseln des linken Beins sägte, »aber die Mitgliedschaft hab ich mir ehrlich verdient.«
    Danny wusste, dass Stormy und ich ein Paar gewesen waren, seit wir uns mit sechzehn an der Highschool gefunden hatten. Dass wir nie miteinander geschlafen hatten, wusste er nicht.
    Als Kind wurde Stormy von ihrem Adoptivvater belästigt. Danach hat sie sich lange Zeit unrein gefühlt.
    Sie wollte bis zur Hochzeit warten, bevor wir zur Sache kamen, weil sie das Gefühl hatte, durch diesen Aufschub könnten wir ihre Vergangenheit reinigen. Die schlimmen Erinnerungen an ihren Missbrauch sollten uns nicht bis ins Bett verfolgen.
    Der Sex zwischen uns, hat Stormy gesagt, sollte sich rein und richtig und schön anfühlen. Sie wollte, dass er etwas ganz Besonderes sei, und das wäre er auch gewesen.
    Dann ist sie gestorben, und deshalb haben wir diese gemeinsame Seligkeit nie erlebt. Das ist in Ordnung, weil wir so viele andere schöne Dinge erlebt haben. Ein ganzes Leben haben wir in vier Jahre gepackt.
    Derartige Einzelheiten brauchte Danny Jessup jedoch nicht zu hören. Es handelte sich um meine intimsten Erinnerungen, die mir wertvoll waren.
    Ohne den Blick von Dannys linkem Knöchel zu heben, wiederholte ich: »Telefonsex?«
    »Ich wollte wissen, wie es ist, darüber zu sprechen … mit einer Frau, weißt du?«, sagte er nach kurzem Zögern. »Mit einer Frau, die nicht weiß, wie ich aussehe.«

    Ich hantierte länger als nötig an der Fessel, um ihm Zeit zu lassen. Den Kopf hielt ich weiterhin gesenkt.
    »Ich hab ein wenig eigenes Geld«, sagte er. Verdient hatte er es sich mit der Gestaltung von Websites, das wusste ich bereits. »Die Rechnung für mein Telefon bezahle ich selbst. Deshalb hat

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