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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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gemacht.
    Soweit ich sehen konnte, trug er keine Waffe. Möglicherweise steckte jedoch ein Revolver unter seinem sommerlichen Sportsakko.
    Er zog einen Stuhl unter dem Tisch hervor, setzte sich und goss sich etwas von dem Wein ein, den ich abgelehnt hatte.
    Wie Datura trugen beide Männer schwarz. Ein Zufall war das wohl nicht. Ihre Chefin liebte schwarz, und sie kleideten sich nach ihren Vorschriften.
    Offenbar hatten sie bisher die Treppen bewacht. Obwohl Datura sie nicht per Handy kontaktiert hatte, hatten sie irgendwie herausbekommen, dass ich an ihnen vorbeigekommen war und mich bei ihr befand.

    »Das«, sagte sie und deutete auf den Rohling am Fenster, »ist Cheval André.«
    Er sah mich nicht an. Auch ein Nett, Sie kennenzulernen, war nicht zu hören.
    Während der Mann am Tisch in einem Zug das dritte Glas Wein leerte, sagte Datura: »Und das ist Cheval Robert.«
    Robert betrachtete finster die Kerzen auf dem Tisch.
    »André und Robert Cheval«, wiederholte ich. »Brüder?«
    »Wie du wohl weißt, ist das nicht ihr Familienname«, schnauzte Datura. » Cheval heißt Pferd. Tu bloß nicht wieder so naiv!«
    »Ein Pferd namens André und eines namens Robert. Lady, ich muss dir sagen, trotz des merkwürdigen Lebens, das ich führe, wird mir das allmählich ein wenig zu merkwürdig.«
    »Wenn du mir Geister zeigst und alles andere, was ich sehen will, dann lasse ich dich vielleicht doch nicht von den beiden umbringen. Möchtest du nicht mein Cheval Odd sein?«
    »Tja, also das ist wohl ein Angebot, um das mich die meisten jungen Männer beneiden würden, aber ich weiß nicht recht, was meine Pflichten als Pferd wären. Und wie steht es mit der Bezahlung?«
    »Die Pflichten von André und Robert bestehen darin zu tun, was ich ihnen sage, und zwar alles, wie du wohl weißt. Als Lohn erhalten sie, was sie brauchen, und zwar immer, wenn sie es brauchen. Gelegentlich, wie im Fall von Dr. Jessup, gebe ich ihnen sogar, was sie wollen .«
    Die beiden Männer betrachteten sie mit einem Hunger, der nur teilweise aus Geilheit bestand. Ich spürte ein anderes Bedürfnis in ihnen, etwas, das nichts mit Sex zu tun hatte und das nur sie befriedigen konnte. Es war so grotesk, dass ich hoffentlich nie Näheres darüber erfuhr.
    Sie lächelte. »Es sind so bedürftige Jungs.«

    Ein Blitzstrahl zuckte wie ein Maul voller Drachenzähne über die schwarzen Wolken, scharf und grell. Ein zweiter folgte. Donner krachte. Der Himmel dehnte sich und schüttelte Myriaden silbriger Schuppen ab, den ersten Schwall eines gewaltigen Regens.

32
    Der tosende Wolkenbruch wusch einen Teil des Lichts, das durch die Wolken drang, aus der Luft, sodass der Nachmittag trübe und trostlos wurde, als wäre der Regen nicht nur eine Wettererscheinung gewesen, sondern auch ein Kommentar über den Zustand der Dinge.
    Da weniger Helligkeit durchs Fenster kam, schienen die Kerzen stärker aufzuleuchten. Rote und orangefarbene Fabelwesen strichen über die Wände und schüttelten an der Decke ihre Mähnen.
    Cheval André legte seine Flinte auf den Boden und stellte sich dem Sturm. Er drückte die riesigen Hände flach an die Fensterscheiben, als könnte er den Blitzen Kraft entziehen.
    Cheval Robert blieb am Tisch sitzen und blickte in die Kerzen. Eine sich ständig verändernde Tätowierung aus Sieg und Geld überzog sein breites Gesicht.
    Als Datura einen zweiten Stuhl unter dem Tisch hervorzog und mir befahl, mich zu setzen, sah ich keinen Grund, ihr zu widersprechen. Wie ich ihr offen gesagt hatte, war meine Absicht, Zeit zu gewinnen und darauf zu warten, dass das Schicksal eine Wendung zu meinen Gunsten nahm. Wie ein braves Pferd ließ ich mich ohne Murren nieder.
    An ihrem Weinglas nippend, stolzierte sie durchs Zimmer, wobei sie immer wieder stehen blieb, um an den Rosen zu schnuppern. Gelegentlich dehnte sie sich wie eine Katze,
sinnlich, geschmeidig und sich ihrer Wirkung überaus bewusst.
    Egal, ob sie sich bewegte oder dastand, den Kopf in den Nacken legte und den an der Decke pulsierenden Widerschein der Kerzen betrachtete, sie redete unablässig, um mich herauszufordern.
    »In San Francisco gibt es eine Frau, die beim Chanten levitieren kann. Nur Auserwählte werden zur Sonnenwende oder an Allerheiligen dazu eingeladen, sie dabei zu beobachten. Du bist sicher schon einmal dort gewesen und weißt ihren Namen.«
    »Keineswegs. Ich hab sie nie kennengelernt.«
    »Eine sehr spezielle junge Frau lebt in Savannah in einer schönen Villa, die sie von

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