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Seelenmoerder

Titel: Seelenmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
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Gründen in einer Art Testosteronrausch befand.
    »Vielleicht ist es deiner Aufmerksamkeit entgangen, dass ich bereits die Waffe gezogen hatte, als du gekommen bist.« Es war schwer zu sagen, was sie mehr aufbrachte – seine herablassenden Bemerkungen über ihren Beruf oder seine Missachtung gegenüber ihrer Fähigkeit, sich selbst zu schützen. »Niemand hat dich zum Rettungsengel ernannt.«
Inzwischen schrie sie beinahe, ein weiterer Grund, ihn so schnell wie möglich hinauszubugsieren, da sie nicht in seiner Gegenwart die Kontrolle verlieren wollte. Das hätte die letzten vierundzwanzig Stunden noch um einen weiteren Tiefpunkt ergänzt. »Ich gehöre nicht zu den Frauen, die einen Mann brauchen, der sie Schritt für Schritt durchs Leben gängelt.«
    »Auch wenn alle Indizien für das Gegenteil sprechen«, erwiderte er in schneidendem Tonfall.
    Sie zitterte jetzt vor Wut und Erschöpfung zugleich. »Verschwinde. Ich will dich jetzt nicht um mich haben.«
    Ein Schatten flog über Rynes Miene, und er ging einen Schritt auf sie zu. »Abbie …«
    »Geh … jetzt.« Sie wartete nicht, bis er ihrer Anordnung Folge leistete. Stattdessen wandte sie sich um, durchquerte das kleine Wohnzimmer, machte Licht und stellte den Laptop auf den Schreibtisch. Mit geballten Fäusten und angespannten Muskeln blieb sie dort stehen, bis sie ein kleines Geräusch vernahm. Der unverwechselbare Laut, mit dem sich die Hintertür leise schloss, ließ die Spannung ganz allmählich aus ihr herausströmen.
    Sie rieb sich mit beiden Händen das Gesicht und zuckte zusammen, als sie auf eine Beule über dem einen Auge traf. Auf einmal meldete sich ein ganzer Chor von Schmerzen zu Wort. Am Hinterkopf saß eine ebenso große Beule, die wie die vorne von allzu engem Kontakt mit dem Wagenblech herrührte.
    Sie verzog das Gesicht und fragte sich, ob sie McElroy fester hätte treten sollen, ehe sie ins Badezimmer ging, sich eine wehe Stelle an der Hüfte rieb und den Schaden im Spiegel betrachtete.
    Vorsichtig betastete sie die Beule über dem Auge. Wenn sie Eis darauf tat, würde sie vielleicht nicht weiter anschwellen.
Jedenfalls wollte sie am nächsten Tag keinesfalls Fragen über ihr Aussehen beantworten müssen, wenn sie ins …
    Ihr Blick fiel auf ihr Hemd im Spiegel, und sie senkte den Arm, um es genauer anzusehen. Es war voller Blutflecken. Fluchend knöpfte sie es auf und schüttelte es ab, um die Verletzung darunter zu mustern.
    Aus der ordentlich genähten Wunde quoll an zwei Stellen Blut, doch es sah nicht danach aus, als hätte sich ein Faden gelockert. Ein Glück, denn dem Arzt, der sie am Vorabend in der Klinikambulanz behandelt hatte, war die Geschichte, die sie ihm als Erklärung für die Wunde aufgetischt hatte, offenbar nicht besonders überzeugend vorgekommen.
    Sie wischte das Blut mit einem feuchten Waschlappen weg und trug etwas Wundsalbe auf. Normalerweise arbeitete sie abends noch stundenlang an den laufenden Ermittlungen, indem sie die Ergebnisse des vergangenen Tages durchging und sie in eine sinnvolle Reihenfolge brachte, doch heute lastete die Erschöpfung auf ihr wie ein führerloser LKW. Sie fiel vor Müdigkeit fast um.
    Als sie ins Schlafzimmer zurückkehrte, hörte sie es. Das Scharren eines Schuhs auf abgetretenem Linoleum. Ihr stockte das Blut in den Adern, und sie blieb wie angewurzelt stehen, um zu lauschen. Doch es kam nicht wieder.
    Sie hatte die Hintertür nicht abgeschlossen.
    Unwillkürlich kniff sie die Augen zu und machte sich im Stillen heftige Vorwürfe. Es war eine unverzeihliche Nachlässigkeit, vor allem nach den jüngsten Ereignissen. Doch falls es McElroy war, der eine zweite Runde einläuten wollte, würde sie diesmal nicht annähernd so rücksichtsvoll mit ihm umgehen.
    Rasch bückte sie sich, zog ihre Waffe und hielt sie fest auf den Durchgang zwischen den beiden Räumen gerichtet, während sie näher an die Tür heranschlich. Könnte es Callie
sein? Wahrscheinlich nicht, denn beide Male, als Abbie im Lauf des Tages mit ihr telefoniert hatte, hatte sie gesagt, dass sie am Abend zu Hause bleiben wolle.
    Erneut ertönte ein Geräusch. Diesmal näher. Abbie rang darum, leise zu atmen, während sie hinter einem dick gepolsterten Sessel in Deckung ging. Von dort aus konnte sie in die Küche sehen und den Eindringling ausmachen.
    »Hände hoch! Keine Bewegung!«, rief sie.
    »Abbie?«
    Sie hatten beinahe gleichzeitig gesprochen. Abbie kam hinter dem Sessel hervor, die Waffe weiter auf die Person in der

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