Seelenmoerder
Sexualmorden in New Jersey von vor drei Jahren zu tun hat!«
In seiner verkrampften Kinnpartie zuckte ein Muskel, doch seine Stimme klang normal. »Ich versuche nur Verbindungen herzustellen. Und sie war damals in der Gegend.«
Abbie ließ den Tisch los und ballte die Fäuste. Sie holte zweimal tief Luft und rang um Fassung, doch es nutzte alles nichts. »Du genauso, falls du dich erinnerst. Und Dixon übrigens auch.«
»Was mich beunruhigt, ist ihre Anwesenheit hier. Und ihre Vergangenheit. Ihre Verbindung zu Juárez und den Kneipen, in denen er sich herumtreibt, stört mich massiv. Dazu kommt noch, dass sie sich heute Morgen geweigert hat, meine Fragen zu beantworten. Weißt du noch, wie du Juárez von vornherein als Verdächtigen ausgeschlossen hast?«
»Du hast mich nach meiner Meinung gefragt, und ich habe dir gesagt, dass ich keine Belege dafür habe, nur …«
»Nur dein Bauchgefühl.« Er nickte ihr mit grimmiger Genugtuung zu. »Und jetzt sagt mir mein Bauchgefühl, dass Callie irgendetwas mit dem Fall zu tun haben könnte. Vielleicht hat sie etwas gehört. Oder jemanden kennengelernt. Ich wäre froh, wenn du sie zur Kooperation bewegen könntest.«
Sie lächelte ihn traurig an. »Ein bisschen spät, mich jetzt mit ins Boot zu nehmen, nicht?«
»Abbie.« Er machte einen Schritt auf sie zu und hielt dann inne, als ränge er schwer um Beherrschung. Doch seine Betrübnis äußerte sich in seiner Stimme ebenso wie in seinem Gesichtsausdruck. »Glaubst du, das fällt mir leicht? Irgendetwas davon? Aber wir verfolgen jede Spur, ganz egal wie vage sie ist, und dazu müssen wir das Private vom Beruflichen trennen. Wir müssen unsere Arbeit tun.«
Sie nickte ihm mürrisch zu und ging in Richtung Tür. »Kein Problem. Für meine Begriffe ist zwischen uns auch nichts Privates mehr.«
21. Kapitel
Weil sie fuhr wie betäubt, brauchte Abbie doppelt so lange wie üblich, bis sie bei Karen Larsens Haus anlangte. Zweimal musste sie wenden, weil sie eine Abzweigung verpasst hatte, und einmal hätte sie beinahe ein anderes Auto gestreift, da sie eine Ampel übersehen hatte.
Der Beinahezusammenstoß riss sie aus der merkwürdigen Benommenheit, die sie umfangen hatte, seit sie aus dem Revier gekommen war, doch beinahe bedauerte sie den Verlust. Widerstreitende Gefühle machten ihr schwer zu schaffen. Ironischerweise ging ihr gerade diejenige von Rynes Äußerungen nach, der sie ohne Vorbehalte zustimmen konnte.
Sie mussten ihre Arbeit tun.
Sie hielt vor Karen Larsens Haus und stellte den Motor aus. Es kostete sie peinlich viel Mühe, sich ein Stück weit zurückzunehmen und die nötige Distanz zu gewinnen, um die an diesem Morgen gelegten Sprengladungen zu entschärfen. Die Tiefschläge waren so schnell und so heftig gekommen, dass ihr innerlich schwindlig geworden war. Doch jetzt zwang sie sich, die Ereignisse objektiv zu beurteilen, und kam so zu einer unvermeidlichen Schlussfolgerung.
Natürlich mussten sie mit Callie sprechen – genau wie mit Juárez’ Exfreundin, seinen Angehörigen und sämtlichen Bekannten, von denen sie wussten. Callie hatte den Weg von Hidalgo Juárez gekreuzt, und dieser war wiederum irgendwann ins Visier des Täters geraten.
Aus ihrer Schwester irgendetwas Vernünftiges herauszuholen würde allerdings eine Sisyphusarbeit sein, selbst wenn sie etwas Brauchbares auszusagen hätte. Rasch ging Abbie auf Karen Larsens Haustür zu und klingelte. Das Nützlichste aus dem Gespräch, das Ryne mit Callie geführt hatte, war ihre Bemerkung, dass Juárez ein Opfer war. Angesichts ihrer Vergangenheit empfand sie bestimmt Mitleid mit ihm, selbst wenn sie über ihn lachte. Und irregeleitetes Mitgefühl wäre bereits genug, um Callie bockig werden zu lassen, immer vorausgesetzt, sie wusste überhaupt irgendetwas von Belang.
Als Karen Larsen die Tür aufriss und wortlos beiseitetrat, um Abbie hereinzulassen, hatte sie das Gefühl, dass die letzten Tage der Frau schwer zugesetzt hatten. Das sorgfältig aufgetragene Make-up konnte die Ringe unter den Augen nicht kaschieren. Außerdem entging Abbie nicht, dass Karen Larsen verstohlen über ihre Schulter spähte, ehe sie die Tür zuzog, und wie sorgfältig sie das offenbar nagelneue Kastenschloss verriegelte.
»Wie geht es Ihnen, Karen?«
»Gut.« Tonfall und Lächeln wirkten fast normal. Doch die fest vor der Brust verschränkten Arme und ihre unsicheren Schritte auf dem Weg zum Sofa sagten etwas anderes. »Dann haben Sie ihn wohl noch nicht
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