Seelenmoerder
gefasst.« Die Frau hob eine Schulter. »Sonst hätten Sie es mir ja schon gesagt, oder?«
»Wir sind ihm auf der Spur.« Abbie setzte sich neben Karen aufs Sofa und wandte sich ihr zu. »Ich hoffe, es ist bald alles vorbei.«
»Was ist mit der letzten Frau, die er überfallen hat? Angeblich soll sie immer noch in Gefahr sein.« Karen schluckte schwer, doch sie wandte den Blick nicht ab. »Glauben Sie das auch? Dass er seine Opfer noch einmal überfällt?«
Abbie drückte kurz Karens Hand. »Ich darf Ihnen keine Einzelheiten über den letzten Vorfall verraten. Aber ich glaube nicht, dass Sie in Gefahr sind.« Als sie sah, wie wenig ihre Worte dazu beitrugen, Karens besorgte Miene aufzuhellen, sprach sie weiter. »Aber wenn Sie beunruhigt sind, würde es Ihnen vielleicht guttun, eine Zeitlang bei einer Freundin zu wohnen.« Sie überlegte. »Was ist mit Ihrem Bruder? Könnte er nicht herkommen?«
Karen schüttelte den Kopf. »Er wohnt in Louisiana. Er hat mich eingeladen, eine Weile zu ihm zu kommen, aber ich kann es mir nicht leisten, nicht zu arbeiten. Es geht schon.« Als hätten die Worte sie beruhigt, rang sich Karen Larsen ein weiteres Lächeln ab. »Sie haben gestern gesagt, Sie hätten noch ein paar Fragen an mich.«
Abbie zog ihr Notizbuch heraus und schlug es auf. »Ich würde Sie gern noch genauer über das Feuer befragen, das Sie als Teenager in Ihrem Elternhaus erlebt haben.«
Karen wandte sich ab und holte tief Luft. »Haben wir das nicht schon erschöpfend behandelt?«
»Tut mir leid.« Abbie empfand echtes Mitgefühl. »Ich
weiß, dass das schwer für Sie ist. Aber ich muss einfach wissen, ob es irgendwelche Ähnlichkeiten zwischen den beiden Feuern gibt.«
»Kann ich mir nicht vorstellen«, erwiderte Karen mit zitternder Stimme. »Das Feuer in meinem Elternhaus in Minnesota wurde durch schadhafte Leitungen auf dem Dachboden ausgelöst. Zumindest hat die Polizei es so erklärt, nachdem die Feuerwehr mit ihren Ermittlungen fertig war.«
»Wissen Sie vielleicht noch, wie der dortige Polizeichef hieß?« Als Karen den Kopf schüttelte, lächelte Abbie verständnisvoll. »Kein Problem. Ich finde ihn schon. Aber erzählen Sie mir doch noch einmal, was damals passiert ist.« Als die Frau die Augen schloss, bekam Abbie prompt ein schlechtes Gewissen. Das Feuer in Minnesota hatte Karen ihre Eltern genommen.
Und die Folgen des Feuers vor ein paar Wochen waren ähnlich verheerend gewesen.
Langsam und mit viel Mühe entlockte Abbie der anderen Frau die Einzelheiten. Wie sie aufgewacht und der ganze Flur voller Rauch gewesen war. Die Flammen, die man im Türspalt des Elternschlafzimmers sah. Die von Feuer eingehüllte Treppe. Wie nur das beherzte Eingreifen eines Nachbarn, der eine Leiter unter ihr Fenster gestellt hatte, Karen das Leben gerettet hatte.
Erst da fiel Abbie auf, dass Karen schon zweimal mit knapper Not davongekommen war. Doch ihre gelungene Flucht vor dem zweiten Feuer war höchstwahrscheinlich nicht auf Glück zurückzuführen, sondern auf Planung. Der Täter hatte gewollt, dass sie davonkam, allerdings vielleicht nicht so schnell, wie es tatsächlich der Fall gewesen war. Er hätte gewollt, dass sie voller Panik die Flammen näher kommen sah und fast von ihnen eingeschlossen wurde, ehe sie sich in letzter Minute befreien konnte.
Nach über einer Stunde eingehender Befragung wirkte Karen ausgelaugt. »Ich muss bald zur Arbeit.« Sie warf einen Blick auf die schmale golden-violette Uhr an ihrem Handgelenk und verzog das Gesicht. »Die Klinik liegt am anderen Ende der Stadt, und ich bin noch nicht einmal angezogen.«
Abbie stand auf. »Ich weiß, dass das nicht leicht für Sie ist. Aber ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Hilfe. Ist Ihnen noch irgendetwas anderes über die Nacht eingefallen, in der Sie überfallen wurden?«
Karen Larsen zögerte, ehe sie entschlossen den Kopf schüttelte und ebenfalls aufstand, um Abbie zur Tür zu bringen. »Nein. Tut mir leid.«
Die winzige Pause machte Abbie sofort hellhörig. Sie blieb in der Tür stehen und wandte sich zu Karen um. »Es kann auch etwas sein, was Ihnen völlig unbedeutend, ja vielleicht überhaupt nicht erwähnenswert vorkommt. Aber mich interessiert jede Einzelheit, an die Sie sich erinnern können, Karen. Ganz egal, wie geringfügig.«
»Es ist bloß …« Erneut verschränkte sie die Arme vor der Brust. »Es hat bestimmt nichts zu bedeuten.« Auf Abbies ermunterndes Lächeln hin sprach sie weiter. »Aber ich habe über das
Weitere Kostenlose Bücher