Seelenmoerder
über der Stuhllehne, und er
blieb meist noch länger im Büro als sie. Allerdings hatte sie auch weiter nichts zu tun, als sich um den Fall zu kümmern, der sie nach Savannah geführt hatte, doch Robel besaß ja vermutlich so etwas wie ein Privatleben.
Dabei wollte sie sich nicht einmal selbst eingestehen, dass sie sich für sein Privatleben interessierte. Hatte er eine Frau? Eine Familie? Das Wahrscheinlichste war allerdings, dass er geschieden war, denn die Scheidungsquoten unter Cops lagen doppelt so hoch wie der landesweite Durchschnitt.
Doch sie konnte lediglich spekulieren, da Robel kein Sterbenswörtchen über sein Privatleben hatte fallen lassen. Und da sie genauso verschwiegen war, hatte ihre Neugier durchaus etwas Ironisches an sich.
Sie schob die Gedanken an Ryne Robel beiseite und begann die Notizen, die sie sich im Krankenhaus gemacht hatte, in den Computer zu übertragen. Dass sich Amandas Vergewaltigung im Strandhaus zugetragen hatte, ließ ihr noch immer keine Ruhe. Hatte der Täter es gewählt, weil es dem Bürgermeister gehörte? Und hing das Verbrechen an Amanda folglich mit ihrer Beziehung zu ihrem Großvater zusammen?
»Sind die anderen alle schon weg?«
Sie zuckte zusammen, als sie Rynes Stimme hinter sich hörte. Rasch wandte sie sich zu ihm um. »Ich bin seit etwa zwanzig Minuten hier und habe niemanden gesehen. Warum?«
Er griff nach seiner Jacke. »Ein Streifenwagen hat gemeldet, sie hätten ein Fahrzeug entdeckt, auf das die Beschreibung Ihrer Zeugin passt, bis hin zu den Nummernschildern. Die Kollegen behalten es im Auge, bis ich da bin.« Noch während er sprach, schlüpfte er in seine Jacke und ging zur Tür.
»Ich komme mit.« Abbie speicherte ihre Notizen und
sprang auf. Robel verlangsamte seinen Schritt nicht und drehte sich auch nicht um. Er hätte kaum deutlicher sagen können, dass er sie weder dabeihaben wollte noch brauchte. Doch sie würde sich um keinen Preis etwas vorenthalten lassen, was sich womöglich als erste handfeste Spur in diesem Fall erweisen könnte.
Haskin’s 24 Hour Valu-Mart gehörte zu einem Einkaufszentrum am nördlichen Stadtrand von Savannah. Obwohl die anderen Läden bereits geschlossen zu sein schienen, war der Parkplatz vor Haskin’s noch zu drei Vierteln voll. Das große Schild über dem Eingang erklärte das Geschäft zur Quelle günstiger Preise.
Ryne entdeckte den Streifenwagen neben einem Kleinwagen, der einen in der Nähe geparkten, unbeschädigt gebliebenen Cadillac Escalade gestreift und ein paar Schrammen abbekommen hatte. Er suchte sich eine Parklücke, stieg aus und ging auf die Streifenpolizisten zu, dicht gefolgt von Abbie.
Er hielt einem der beiden Cops, einem Mann mit zerfurchtem Gesicht und Bürstenfrisur, seine Dienstmarke hin und sprach ihn nach einem raschen Blick auf dessen Namensschild an. »Wilhm? Sind Sie derjenige, dem die gestohlenen Nummernschilder an dem Bronco aufgefallen sind?« Als der Officer nickte, bat ihn Ryne ein paar Schritte weg von seinem Kollegen, der die Auseinandersetzung zwischen den beiden Autobesitzern moderierte, einem kleinen Mann mit Schnurrbart und einer schmuckbehangenen Vorstadtmom.
»Wir wurden vor etwa einer halben Stunde zu dem Blechschaden hier gerufen, und kurz danach habe ich die Bronco-Nummernschilder gesehen. Eine Reihe weiter westlich, fast am Ende.« Wilhm nickte in die entsprechende Richtung. »Wir haben eine Liste mit aktuellen Fahndungsmeldungen
im Wagen, deshalb ist mir das Fahrzeug aufgefallen. Kommt es Ihnen bekannt vor?«
Ryne hatte verfügt, allen Streifenpolizisten regelmäßig vertrauliche Tagesberichte mit wichtigen Fahndungsfortschritten zukommen zu lassen. Damit vergrößerte er die Reichweite der Sonderkommission bis hin zu jedem Cop in Savannah. Er verschränkte die Arme, richtete den Blick auf das besagte Auto und war froh über seine weise Voraussicht.
»Es passt ins Bild«, murmelte Ryne. »Haben Sie jemanden in der Nähe des Bronco gesehen?«
Wilhm schüttelte den Kopf. »Nicht seit ich hier bin.«
»Okay. Bleiben Sie hier und behalten Sie den Wagen im Auge. Wir gehen inzwischen rein und unterhalten uns mit dem Geschäftsführer.«
Der Officer nickte und sah zu seinem Partner hinüber, der sich erfolglos darum bemühte, die beiden Fahrer zur Räson zu bringen. »Kein Problem. Wir haben hier sowieso noch eine Weile zu tun.«
Als Ryne sich umdrehte, marschierte Abbie bereits auf den Laden zu, doch er holte sie mühelos ein. Ihre Schritte waren viel
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