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Seelennacht

Seelennacht

Titel: Seelennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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wandeln konnten – alle außer dem Größten im Wurf. Dem einsamen Wolf. Dem intelligenten Wolf. Als seine Rudelbrüder die Klauen und Zähnchen ein Mal zu oft gezeigt hatten, bekamen diejenigen ihren Willen, die von Anfang an gegen die Aufnahme der kleinen Bestien gewesen waren.«
    »Was ist passiert?«
    »Was passiert wohl, wenn ein Welpe die Hand seines Herrn beißt? Sie wurden umgebracht, natürlich. Alle außer dem Intelligenteren, der die kleinen Wölfchenspiele nicht mitgespielt hatte. Er hat es geschafft, hier rauszukommen und zu einem richtigen Jungen zu werden.« Ihre Stimme kitzelte mich wieder am Ohr. »Was könnte ich dir denn noch erzählen …?«
    »Nichts. Ich möchte, dass du gehst.«
    Sie lachte. »Deswegen saugst du auch jedes Wort von mir auf wie ein trockener Schwamm das Wasser.«
    Ich kämpfte gegen meine Neugier an, indem ich nach meinem iPod griff, mir die Stöpsel in die Ohren schob und die Lautstärke hochdrehte.

[home]
7
    S päter am Nachmittag klopfte Dr. Davidoff wieder an meine Zimmertür. Offenbar Zeit für eine Geschichtslektion, denn er führte mich in sein Büro und gab den Schließcode für ein abstellraumgroßes Gewölbe voller Bücherregale ein.
    »Wir haben natürlich noch mehr Nachschlagewerke. Der Rest steht in der Bibliothek, die ich dir auch bald zeigen werde. Das hier allerdings«, er zeigte mit einer Handbewegung in den kleinen Raum hinein, »ist das, was eine öffentliche Bibliothek ihre Spezialsammlung nennen würde. Die seltensten und wertvollsten Bände.« Er nahm ein in rotes Leder gebundenes Buch vom Regalbrett. Der Titel war in silbernen Buchstaben gehalten und lautete
Nekromantia.
»Die Frühgeschichte der nekromantischen Spezies. Dies ist eine Reproduktion aus dem achtzehnten Jahrhundert. Man weiß nur von drei erhaltenen Exemplaren, dieses hier eingeschlossen.«
    Er legte mir das Buch so übertrieben feierlich in die Hände, als vertraue er mir die Kronjuwelen an. Ich versuchte, unbeeindruckt zu bleiben, aber als ich das abgeschabte Leder in meinen Händen spürte, den schwach muffigen Geruch der Jahrhunderte wahrnahm, durchlief mich ein Schauer der Erregung. Ich war jener verkannte, in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Fantasyheld, dem man mit den Worten »dies ist es, was du wirklich bist« das Zauberbuch überreichte. Ich konnte nicht anders, als mich darauf einzulassen – die Geschichte war mit meinem Gehirn verdrahtet.
    Dr. Davidoff öffnete eine zweite Tür. Hinter ihr lag ein erstaunlich gemütliches Wohnzimmer mit Ledersesseln, einem Dschungel von Zimmerpflanzen und einem Oberlicht.
    »Meine geheime Höhle«, sagte er. »Du kannst dein Buch hier drin lesen, solange ich in meinem Büro arbeite.«
    Als er verschwunden war, sah ich mir das Oberlicht an, aber selbst wenn ich in der Lage gewesen wäre, zu der sechs Meter hohen Decke hinaufzuklettern, hätte ich nie im Leben durchgepasst. Also richtete ich mich mit dem Buch in einem Sessel ein.
    Ich hatte es kaum aufgeschlagen, da kam er zurück.
    »Chloe? Ich muss fort. Ist das in Ordnung?«
    Mich in seinem Büro allein zu lassen? Ich versuchte, nicht allzu enthusiastisch zu nicken.
    »Wenn du irgendwas brauchst, wähl die Neun, das ist die Rezeption«, erklärte er. »Die Tür wird abgeschlossen sein.«
    Selbstverständlich würde sie das sein …
    Ich wartete, bis ich die äußere Tür ins Schloss fallen hörte. Auch wenn ich sicher war, dass er meine Tür verschlossen hatte, musste ich es überprüfen.
    Es war ein Reiche-Mädchen-Schloss, wie Rae sagen würde – die Sorte, mit der man nur Jugendliche draußen hält, die sich das Bad nie mit anderen teilen mussten und dementsprechend auch nie gezwungen waren, das Schloss zu knacken, um an ihre Haarbürste zu kommen, während ihre Schwester die Dusche in Beschlag genommen hatte.
    Auf einem Tischchen lag ein Stoß Taschenbücher. Ich fand eins, dessen Umschlag stabil genug war, und imitierte Rae, indem ich damit im Türspalt herumspielte, bis das Schloss klickend aufging. Voilà. Mein erster Einbruch. Oder Ausbruch.
    Ich betrat Dr. Davidoffs Büro. Was ich jetzt brauchte, war ein mit Material über die Studie vollgestopfter Aktenschrank, aber alles, was ich sah, war ein Computer.
    Immerhin war es ein Mac – mit denen hatte ich mehr Erfahrung als mit PC s. Ich schob die Maus hin und her, und der Computer erwachte. Der Log-in-Bildschirm erschien. Es gab nur ein Benutzerkonto – Davidoff, dazu die Grafik einer 8er-Billardkugel. Ich klickte

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