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Seelennacht

Seelennacht

Titel: Seelennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Rest von uns gewarnt ist.«
    Mein Magen rebellierte. Ich kniff die Augen zusammen, bis das Bild verblich. Sie erfanden diese Geschichte bestimmt einfach nur, um uns Angst zu machen, und es funktionierte – jedenfalls bei mir. Mein Herz hämmerte so laut, dass ich mir sicher war, sie konnten es hören. Derek drückte mir die Schulter, und ich spürte, wie sein Daumen über meine Haut strich und mir mitteilte, ich sollte ruhig bleiben.
    »Nein, die habe ich nicht gesehen. Aber danke für die Warnung. Ich …«
    »Wer
ist
eigentlich dein Daddy?«, fragte Ramon. »Zachary Cain? Du bist dunkler, aber du siehst ihm ähnlich. Und ungefähr das richtige Alter hast du auch. Und das könnte sogar erklären, warum er dir das Nötige nicht beigebracht hat.«
    »Wo er schließlich tot ist und so«, sagte Liam. »Aber wenn’s Zack war, dann müsstest du wissen, dass du dich besser vom Rudelterritorium fernhältst.«
    »Sollte ich?«, fragte Derek, seine Stimme war ausdruckslos.
    »Weißt du nicht mal, wie dein Daddy umgekommen ist? Der Idiot hat sich einem Aufstand gegen das Rudel angeschlossen und erwischen lassen. Zu Tode gefoltert, da oben in Syracuse.« Er sah Ramon an. »Meinst du, sie haben die Kettensäge verwendet?«
    Derek unterbrach ihn. »Wenn das Rudel so übel ist, was macht
ihr
dann auf seinem Territorium?«
    »Vielleicht gehören wir ja zum Rudel.«
    »Dann würdet ihr nicht so reden, wie ihr’s tut, über
ihr
Territorium und das, was
sie
tun.«
    Liam lachte. »Das muss man gesehen haben. Ein Cain mit Hirn. Das musst du von Mami haben.«
    »Willst du wissen, warum wir hier sind?«, fragte Ramon. »Eine wohltätige Mission, und wir sind diejenigen, die die Gnade brauchen könnten. Letztes Jahr haben wir uns mit diesem Australier zusammengetan und ziemlich schnell rausgekriegt, warum er von zu Hause weggegangen war.«
    »Menschenfresser«, sagte Liam.
    »M-Menschenfresser?« Ich hatte nicht vorgehabt, es laut auszusprechen, aber es rutschte mir einfach heraus.
    »Widerliche Angewohnheit. Aber, Menschen jagen? Umbringen?« Er lächelte. »Immer unterhaltsam. Aber essen? Nicht mein Stil. Na ja, außer man zählt diese eine Sache in Mexiko …«
    Derek unterbrach ihn. »Wenn
ihr
euch im Rudelterritorium aufhalten dürft, dann bin ich mir sicher, werden sie auch mich in Frieden lassen. Ich mache keinen Ärger.«
    »Darf ich meine Geschichte zu Ende bringen?«, fragte Ramon. »Also, dieser Australier, er war einfach nicht sonderlich diskret, was seine üblen Angewohnheiten angeht. Das Rudel hat Wind davon gekriegt. Und als Nächstes haben wir alle drei auf der Abschussliste gestanden.«
    »Der Typ ist abgetaucht«, erklärte Liam, »und Ramon und ich dürfen’s jetzt ausbaden. Dem Rudel ist es egal, ob wir Menschenfresser sind oder nicht. Wir sind schon ein paar Mal unangenehm aufgefallen, in den Augen von denen haben wir den Goodwill-Bonus jetzt aufgebraucht. Ramon haben sie schon mal erwischt. Er hatte Glück, er ist da rausgekommen. Größtenteils jedenfalls.«
    Ramon zog das Hemd hoch. Seine Seite war knotig und zerfurcht von heilendem Narbengewebe, ein Anblick, wie ich ihn nur aus Dokumentationen über Spezialeffekte kannte.
    »Dann seid ihr jetzt grade auf dem Weg nach Syracuse, um mit dem Rudel zu reden?«, fragte ich. »Die Sache zu klären?«
    »Genau das. Das hatten wir jedenfalls vor. Aber es ist russisches Roulette, verstehst du? Wir schmeißen uns denen zu Füßen, und wenn wir Pech haben, stehen wir nie wieder auf. Und dann hatten wir plötzlich eine ganz erstaunliche Portion Glück.«
    Er sah Ramon an, und der nickte. Ein paar Sekunden lang sagte keiner von ihnen etwas. Liam stand einfach nur da, ein kleines Grinsen umspielte seinen Mund. Ganz offensichtlich genoss er die Situation.
    »Nämlich?«, fragte ich schließlich, weil ich wusste, dass Derek es nicht tun würde.
    »Ich hab pinkeln müssen. So ungefähr zwei Meilen nördlich von hier. Bin vom Highway runter, bin ausgestiegen, und ratet mal, was ich gerochen habe.«
    »Mich«, sagte Derek.
    »Ein Geschenk des Himmels. Ein Cain.« Liam schüttelte den Kopf. »Was haben wir getan, um das zu verdienen? Das Rudel hasst die Cains. Ein Haufen Neandertaler, zu blöd, um zu wissen, was gut für sie ist. Wenn wir
dich
dem Rudel mitbringen, ihnen sagen, dass
du
derjenige bist, der gern mal einen Menschen anknabbert …«
    Ich spürte, wie Derek hinter mir sein Gewicht verlagerte.
    »Möchtest du etwa gehen, Welpe? Das wäre unhöflich. Wenn du abhaust,

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