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Seelennoete

Seelennoete

Titel: Seelennoete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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Vielleicht ruft er uns später an und sagt uns, wo wir sie abholen können. Wir bleiben jetzt trotzdem dran.“
     
     
    Als er das Gatter erreichte, ging gerade die Sonne auf. Das Meer lag ruhig da in einem zartrosa Schimmer. Der Wagen hielt und Abernathy stieg aus. Er wählte einen kleinen Schlüssel an seinem Schlüsselbund und öffnete das Schloss, das die schwere Kette zusammenhielt. Dann stieg er ein und fuhr auf den mit Muschelkies ausgestreuten Parkplatz. Er stieg aus und verschloss das Gatter wieder.
    Er ließ den Wagen langsam die zweihundert Meter weiter rollen bis zur Anlegestelle. Das Boot war da.
    Gott sei Dank.
    Es war ein unauffälliges Ding, das aussah wie jedes beliebige andere kleine Fischerboot hier in der Gegend.
    Das war sehr wichtig. Abernathy hatte all das selbst organisiert. Er vertraute niemandem. Niemand wusste, auf welchem Weg er zum Treffpunkt kommen würde. Er war nicht bescheuert. Er traute auch C.C. ohne Weiteres zu, dass er ihn – Abernathy – absägen würde, sobald er seine Schuldigkeit getan hatte.
    Also hatte er es so eingerichtet, dass sie auf ihn angewiesen waren. Er war Sams einzige Bezugsperson. Sie brauchten ihn.
    Abernathy stieg aus. Er würde Laine als Erstes an Deck bringen. Er richtete die Pistole auf die Kofferraumtür und schloss auf.
     
     
    „Verdammt!“, fluchte Bill. „Der Mistkerl! Wenn das ein Film wäre, würd ich mit Anlauf durchfahren, aber schau dir die Kette an! War da mal ein beschissener Anker dran oder was?“
    „Ruhig, Bill, okay? Lass uns erst mal aussteigen.“ George öffnete die Tür und sprang aus dem Pickup.
    Er unterzog die Kette einer gründlichen Prüfung und schüttelte den Kopf.
    „Kostet zu viel Zeit. Lass uns klettern.“
    „Warte“, sagte Bill. „Das hier werden wir vielleicht brauchen.“ Er zeigte auf das Paket, das auf der Ladefläche des Pickup lag.
     
     
    Abernathy hatte Laine mit den Handschellen so an der Reling fixiert, dass sie auf dem Boden sitzen konnte. Ein Stück Klebeband verschloss ihren Mund. Er ging zurück zu seinem Anhänger und öffnete ihn.
    „Alles klar, Sam?“, fragte er.
    „Hm“, machte Sam. Abernathy hob ihn heraus und trug ihn zum Anlegesteg. Sam sog die Meeresluft ein, sirrte und bewegte unruhig die Schwanzflosse.
    „Bitte lass mich runter. Ich möchte ins Wasser.“
    „Gleich, mein Junge. Noch einen Moment Geduld.“ Abernathy stieg mit Sam auf dem Arm an Deck und legte ihn ab. Dann betätigte er an der Steuerbordseite eine Kurbel. Laine sah über die Schulter, wie ein großer Käfig aus Metall an die Oberfläche kam.
    Abernathy ging zu Sam zurück und kniete sich neben ihn.
    „Denk daran, Sam, du kannst mir vertrauen. Das hier ist nur, damit dir nichts geschieht. Und du kannst während der Fahrt im Wasser sein.“
    „Aber ich kann doch hinter deinem Boot herschwimmen“, sagte Sam. „Bitte lass mich jetzt ins Wasser.“
    Schnell dachte Abernathy über eine gute Ausrede nach.
    „Die Reise ist weit, Sam. Du kannst nicht den ganzen Weg schwimmen. Lass uns später darüber reden, okay?“ Er strich ihm liebevoll über die Stirn und wurde belohnt.
    Sam seufzte und gab nach. „Okay.“
    Nachdem er Sam in dem Käfig verstaut hatte, ließ Abernathy erleichtert den Motor an.
    Geschafft, dachte er. So konnte er Sam unter Wasser unauffällig die paar Kilometer bis zum Treffpunkt transportieren, bevor es mit dem Hubschrauber weiter ging.
     
     
    Bill rannte zum Bootssteg, nur um zu sehen, wie das Boot aufs Meer hinaus fuhr.
    „Los hinterher!“, rief er George zu.
    „Mit dem Schlauchboot? Du bist verrückt. Die holen wir nie ein.“
    „Ich weiß, aber das will ich auch gar nicht. Wir können vielleicht wenigstens die grobe Richtung sehen, in die sie fahren und eventuell lässt er Laine unterwegs frei oder sie geht über Bord.“
    „Ich rufe jetzt die Polizei, Bill. Die können ihn auf dem Wasser abfangen.“ George zog sein Handy heraus.
    „Warte!“, rief Bill. „Bitte! Vielleicht lässt er Laine jeden Moment frei. Ich wette, er setzt sie irgendwo ab. Oder er schmeißt sie mit nem Rettungsring in Küstennähe über Bord. Wenn er das tut, können wir sie mit dem Schlauchboot aufsammeln. Lass uns hinter ihm herfahren. Wenn wir das Gefühl haben, er lässt sie nicht gehen, dann ruf in Gottes Namen die Polizei. Aber denk auch dran, was er will! Er will einfach nur Sam. Wenn die Bullen ihn vorher auf offenem Wasser stellen, wird er Laine als Geisel benutzen. Wenn er sich in Sicherheit wiegt, lässt

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