Seelenprinz
mit Ihrem Wechselgeld?«, rief ihnen der Typ hinterher.
» Ich bin außerdem taub. Ich kann Sie nicht hören.«
Der Kerl rief noch lauter: » Dann behalte ich es einfach, okay?«
» Klingt gut«, rief Qhuinn ihm über die Schulter zu.
Dieser Typ war echt komplett beschränkt.
Qhuinn trat durch die Sicherheitsschranke und fragte sich, wie solche Menschen auch nur einen Tag lang überleben konnten. Und dem Kerl gelang es sogar, sich die Hose richtig anzuziehen und eine Registrierkasse zu bedienen.
Die Welt war voller Wunder.
Als er die Tür aufstieß, schlug ihm die Kälte entgegen, der Wind blies in sein Haar, Schneeflocken trieben ihm in die Nase…
Qhuinn blieb stehen. Blickte nach rechts. » Was zum… wo ist mein Hummer?«
Aus dem Augenwinkel sah er, wie Johns Hände Gesten beschrieben, als würde er sich dasselbe fragen. Und dann deutete der Kerl auf den frischen Schnee am Boden… und die tiefen Spuren von vier Monsterreifen, die einen fetten Kreis beschrieben und vom Parkplatz auf die Straße führten.
» Verdammte Scheiße!«, fluchte Qhuinn.
Und ausgerechnet er hatte den Schnellspanner aus dem Laden für dumm gehalten.
2
Im Anwesen der Bruderschaft saß Blaylock auf der Bettkante in seinem Schlafzimmer. Er war nackt und erhitzt, und ein Schweißfilm überzog Brust und Schultern. Sein Schwanz lag erschöpft zwischen den Schenkeln, und seine Hüften fühlten sich schlackrig an, nach all dem Stoßen und Schieben. Sein Atem hingegen ging gepresst, denn sein Körper verlangte nach mehr Sauerstoff, als seine Lunge liefern konnte.
Also war es nur logisch, dass er nach der Schachtel Dunhill Reds griff, die auf dem Nachtkästchen lag.
Die Geräusche aus dem Bad, in dem sein Freund gerade duschte, begleitet vom herben Duft handgesiedeter Seife, waren ihm schmerzlich vertraut.
Ging das jetzt wirklich schon fast ein Jahr?
Blay zog eine Zigarette aus der Schachtel und nahm das goldene Feuerzeug von Van Cleef & Arpels aus den Vierzigerjahren, das Saxton ihm zum Geburtstag geschenkt hatte. Es war ein Schmuckstück mit dem typischen Rubinbesatz, eine Freude bei jedem Gebrauch– und absolut zuverlässig.
Als die Flamme emporzüngelte, wurde die Dusche abgedreht.
Blay führte die Flamme an die Zigarette, inhalierte tief und ließ den Deckel des Feuerzeugs zuschnappen. Wie immer blieb ein süßlicher Hauch von Benzin zurück, der sich mit dem Rauch vermengte, den er ausstieß…
Qhuinn hasste das Rauchen.
Hatte es immer abgelehnt.
Was wirklich ein Witz war, wenn man bedachte, was dieser Typ sonst für krasse Angewohnheiten hatte.
Wie zum Beispiel Sex mit Zufallsbekanntschaften in Clubtoiletten. Dreier mit Partnern beiderlei Geschlechts. Piercings. Tattoos an allen erdenklichen Stellen.
Ausgerechnet dieser Kerl hatte etwas gegen das Rauchen. Als handle es sich um eine schlechte Angewohnheit, der kein Vampir von Verstand verfallen würde.
Im Bad ertönte der Fön, den er und Saxton teilten, und Blay konnte sich gut ausmalen, wie dieser blonde Haarschopf, den er gerade noch gepackt und nach hinten gerissen hatte, im künstlichen Luftstrom wehte. Dabei fingen die helleren Strähnen, die er von Natur aus hatte, das Licht auf.
Saxton war ein Bild von einem Mann, die Haut glatt, der Körper kräftig und sein Geschmack erlesen.
Und erst seine Garderobe. Unglaublich. Als wäre der große Gatsby höchstpersönlich dem Roman entstiegen, in die Fifth Avenue marschiert und hätte ganze Straßenzüge voller Haute-Couture-Boutiquen leer gekauft.
Qhuinn war da ganz anders. Er trug T-Shirts von Hanes zu Militär- oder Lederhosen und besaß noch immer die Bikerjacke, die er sich kurz nach seiner Transition gekauft hatte. Bei ihm gab es keine Ferragamos oder Ballys. Er trug New Rocks mit Sohlen so dick wie Lkw-Reifen. Haare? An guten Tagen gekämmt. Eau de Cologne? Fehlanzeige. Er roch nach Schießpulver und Orgasmen.
Zur Hölle, in all den Jahren, die Blay ihn kannte– und das war praktisch seit seiner Geburt–, hatte er Qhuinn kein einziges Mal in einem Anzug gesehen.
Man fragte sich, ob der Kerl überhaupt wusste, dass man einen Smoking besitzen und nicht nur ausleihen konnte.
Wenn Saxton der Bilderbucharistokrat war, war Qhuinn eindeutig der Gangstertyp…
» Hier. Nimm den zum Abaschen.«
Blay riss den Kopf hoch. Saxton war nackt, perfekt frisiert und umweht von einem Hauch Cool Water– und er hielt ihm den schweren Baccarat-Aschenbecher hin, den er ihm zur Sonnenwende geschenkt hatte. Auch er stammte aus
Weitere Kostenlose Bücher