Seelenprinz
rötliche Färbung ihrer feinporigen Wangen und den gleichmäßigen Rhythmus, der in der Arterie in ihrem Hals schlug.
Benloise hatte seine Warnung erhalten. Und doch war sie zurückgekehrt.
Es war klar, dass sie auf irgendeine Weise mit dem Drogengroßhändler in Verbindung stand. In der vergangenen Nacht hatte sie allerdings verärgert über Benloise gewirkt, wie sie aus dem Hinterausgang der Galerie gekommen war, als hätte man sie soeben beleidigt.
Und doch hatte Assail sie vorher noch nie gesehen, was schon merkwürdig war. Im vergangenen Jahr hatte er sich mit den Einzelheiten rund um Benloises Geschäften vertraut gemacht, von der unüberschaubaren Anzahl seiner Bodyguards bis hin zum irrelevanten Personal der Galerie, von den gewitzten Importeuren bis hin zum leiblichen Bruder des Mannes, der die Finanzen verwaltete.
Also musste er davon ausgehen, dass sie eine unabhängige Auftragsnehmerin war, die Benloise für einen bestimmten Zweck engagiert hatte.
Was aber hatte sie dann noch auf seinem Grundstück verloren?
Er warf einen Blick auf die digitale Anzeige unten rechts auf dem Bildschirm. Sechzehn Uhr siebenunddreißig. Normalerweise zu früh für ihn, um auszugehen. Es würde noch ein wenig heiß sein da draußen, aber damit kam er klar.
Assail kleidete sich rasch an, in einen Gucci-Anzug mit weißem Seidenhemd, darüber den zweireihigen Kamelhaarmantel. Seine beiden Smith & Wesson-Vierziger bildeten das perfekte Accessoire.
Denn Stahlgrau war nun mal das neue Schwarz.
Er griff nach seinem iPhone und zog die Stirn kraus, als er das Display berührte. Ein Anruf von Rehvenge und eine Nachricht.
Er hörte die Mailbox ab und lauschte auf dem Weg von seinem Zimmer nach unten der Stimme des Leahdyres .
Rehvenge war anzuhören, dass er keine Lust auf Faxen hatte, und das musste man respektieren: » Assail, du weißt, wer es ist. Ich berufe ein Ratstreffen ein, und zwar kein Quorum, sondern eine Vollversammlung– der König wird da sein genauso wie die Bruderschaft. Als ältester Überlebender deiner Blutlinie stehst du auf der Ratsliste. Du warst als inaktiv vermerkt, solange du im Alten Land weiltest. Aber jetzt ist es Zeit für dich, an diesen fröhlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Ruf mich an und sag mir, wann du Zeit hast, dann kann ich Ort und Termin für alle ausarbeiten.«
Assail war vor der Stahltür am Fuß der Treppe angekommen. Er steckte das Handy in eine Innentasche, sperrte auf und öffnete die Tür.
Die dunklen Rollläden ließen kein Licht herein, das Erdgeschoss war dunkel, sodass der große, offene Wohnbereich eher wie eine unterirdische Höhle wirkte als wie ein Glaskasten am Ufer eines Flusses.
Aus der Küche drang Brutzeln und der Geruch von Speck.
Assail ging in die entgegengesetzte Richtung durch das Büro mit der Walnussvertäfelung, das er seinen Cousins überlassen hatte, und in seinen zwei Quadratmeter großen, begehbaren Humidor. Die Temperatur betrug exakt einundzwanzig Grad, die Luftfeuchtigkeit lag genau bei neunundsechzig Prozent, und in der Luft hing der Tabakduft aus Dutzenden von Zigarrenkisten. Nach kurzer Überlegung entschied er sich für drei kubanische Zigarren.
Denn die kubanischen waren einfach die besten.
Denn auch damit versorgte ihn Benloise– zu einem gewissen Preis.
Er verschloss seine Schatzkammer und trat wieder ins Wohnzimmer. Das Brutzeln hatte aufgehört, stattdessen hörte man nun das leise Klimpern von Silber auf Porzellan.
In der Küche traf er seine zwei Cousins an. Sie saßen auf Barhockern am Tresen aus Granit und aßen im gleichen Rhythmus, als würden ihre Bewegungen von einem Trommelschlag bestimmt, den nur sie beide hörten.
Synchron blickten sie zu ihm auf.
» Ich bin für heute Abend weg. Ihr wisst, wie ihr mich erreicht«, sagte er.
Ehric wischte sich den Mund. » Ich habe drei der verschollenen Dealer ausfindig gemacht– sie sind wieder dabei, bereit für den Deal. Ich beliefere sie um Mitternacht.«
» Gut, gut.« Assail überprüfte schnell seine Waffen. » Versucht herauszubekommen, wo sie gesteckt haben, okay?«
» Wie du wünschst.«
Sie neigten die Köpfe in einer gemeinsamen Verbeugung und machten sich dann wieder an ihr Frühstück.
Assail würde nicht essen. Er hob einen bernsteinfarbenen Flakon auf, der bei der Kaffeekanne stand, und schraubte ihn auf. An seinem Deckel hing ein kleiner Silberlöffel, der leise klimperte, als er ihn mit Koks füllte. Einen für jedes Nasenloch.
Guten Morgen!
Den Rest
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