Seelenprinz
greifen.
Assail steckte sich die Zigarre zwischen die Zähne und fing ihr schmales Handgelenk auf. Dann drückte er zu, bis sie vor Schmerz tiefer atmete, und bog sie zurück, sodass sie sich seiner vollkommenen Macht bewusst war– über sich, über sie. Über alles.
Das war der Moment, in dem ihre Erregung aufflammte.
Es war so lange, vielleicht zu lange her, dass Sola einen Mann begehrt hatte.
Es lag nicht daran, dass sie generell nichts an ihnen fand oder es keine Avancen vom anderen Geschlecht gegeben hätte. Aber sie schienen den Ärger einfach nicht wert zu sein. Und vielleicht hatte sie sich nach dieser einen fehlgeschlagenen Beziehung auf ihre strenge brasilianische Erziehung zurückbesonnen– was ein Witz war, wenn man bedachte, womit sie ihren Lebensunterhalt verdiente.
Doch dieser Mann weckte ihr Interesse. Sehr sogar.
Es lag nichts Höfliches in dem Griff um ihren Arm und ihr Handgelenk und auch keine Schonung, weil sie eine Frau war. Er drückte so fest zu, dass sich der Schmerz in ihr Herz bohrte und es zum Klopfen brachte. Außerdem bog er sie so weit nach hinten, dass ihre Wirbelsäule an die Grenzen ihrer Biegsamkeit stieß und ihre Oberschenkel brannten.
Dadurch erregt zu sein stand im krassen Widerspruch zu ihrem Selbsterhaltungstrieb. Denn als sie in diese dunkle Sonnenbrille blickte, war sie sich sehr wohl bewusst, dass er sie auf der Stelle töten konnte. Indem er ihr das Genick brach. Oder die Arme, nur um sie schreien zu sehen, bevor er sie im Schnee erstickte. Oder indem er sie ohnmächtig prügelte und dann im Fluss versenkte.
Die Worte ihrer Großmutter klangen ihr im Ohr: Warum du dir suchst nicht mal netten Burschen? Einen Katholiken aus einer Familie aus unserem Bekanntenkreis? Marisol, du mir brichst das Herz.
» Ich kann nur annehmen«, flüsterte diese tiefe Stimme mit einem Akzent, den sie nicht einordnen konnte, » dass die Nachricht Sie nicht erreicht hat. Ist es nicht so? Hat Benloise es versäumt, Ihnen auszurichten, worum ich ihn gebeten habe? Ist das der Grund, warum Sie auf meinem Grundstück aufkreuzen, obwohl ich mich so unmissverständlich ausgedrückt hatte? Ich denke, so muss es gewesen sein– vielleicht eine Nachricht auf der Mailbox, die noch nicht abgehört wurde. Oder eine SMS – eine E-Mail. Ja, ich glaube, dass die Mitteilung von Benloise verloren ging, habe ich nicht recht?«
Der Druck auf sie verstärkte sich und ließ auf Kraftreserven schließen– was, gelinde gesagt, eine entmutigende Perspektive war.
» Habe ich nicht recht«, knurrte er.
» Ja«, presste sie hervor. » Ja, das stimmt.«
» Dann kann ich also erwarten, dass ich Sie in dieser Gegend nicht mehr auf Skiern antreffe. Ist das richtig?«
Er riss erneut an ihr, sodass ihre Lider flatterten. » Ja«, krächzte sie.
Der Mann ließ etwas locker, sodass sie ein paarmal Luft holen konnte. Dann sprach er weiter, und seine Stimme klang merkwürdig verführerisch. » Gut, dann wäre da noch eines, bevor ich Sie gehen lasse. Sie werden mir sagen, was Sie über mich wissen– alles.«
Sola runzelte die Stirn. Das war idiotisch, dachte sie. Ein Mann wie er musste doch wissen, welche Informationen eine dritte Partei zu seiner Person gewinnen konnte.
Also stellte er sie auf die Probe.
Nachdem sie ihre Großmutter gern wiedersehen wollte, sagte Sola: » Ich kenne Ihren Namen nicht, aber ich kann mir denken, was Sie tun und was Sie getan haben.«
» Und das wäre?«
» Ich glaube, dass Sie es sind, der all die kleinen Dealer in der Stadt erschossen hat, um die Kontrolle über das Gebiet zu gewinnen.«
» In den Zeitungen und Nachrichten war von Selbstmorden die Rede.«
Sie fuhr unbeirrt fort– schließlich gab es keinen Grund, zu streiten. » Ich weiß außerdem, dass Sie alleine leben, soweit ich das sehe– und dass Sie sehr merkwürdige Vorhänge vor den Fenstern haben. Eine Art Tarnung, die wie das Innere des Hauses erscheint, aber sie hat noch einen anderen Zweck. Ich weiß nur nicht, welchen.«
Das Gesicht über ihr blieb vollkommen teilnahmslos. Gelassen. Friedvoll. Als würde er sie nicht gewaltsam festhalten oder ihr körperlichen Schmerz androhen. Die Kontrolle, die er über sie ausübte, war… erotischer Natur.
» Und?«, drängte er sie.
» Das ist alles.«
Er zog an seiner Zigarre, sodass sich das orangefarbene Glimmen am Ende verstärkte. » Ich lasse Sie nur ein Mal davonkommen. Haben wir uns verstanden?«
» Ja.«
Er war so schnell, dass sie mit den Armen rudern
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