Seelenprinz
musste, um das Gleichgewicht zu halten, und ihre Stecken gruben sich in den Schnee. Moment, wo war er ?
Er erschien direkt hinter ihr, die Füße rechts und links ihrer Skispuren in den Schnee gepflanzt, eine körperliche Barriere auf dem Weg, den sie von seinem Haus gekommen war. Ihr linker Bizeps und ihr rechtes Handgelenk brannten, als das Blut in die Körperregionen zurückkehrte, aus denen es verdrängt worden war. Ein kalter Schauder lief ihr über den Nacken.
Verschwinde von hier, Sola , sagte sie sich. So schnell du kannst.
Um nicht noch einmal festgehalten zu werden, schoss sie vorwärts auf die geräumte Straße und suchte mit den gewachsten, geriffelten Unterseiten ihrer Skier Halt auf dem vereisten Schnee.
Er folgte ihr mit langsamen Schritten, unaufhaltsam, wie eine Katze, die einer Beute nachlief, mit der sie nur spielen wollte– fürs Erste.
Ihre Hände zitterten, als sie mit den Spitzen ihrer Stöcke die Bindungen löste und ihre Skier mühsam auf dem Ständer auf ihrem Auto befestigte. Die ganze Zeit über stand er mitten auf der Straße und sah ihr zu, und der Rauch seiner Zigarre wurde mit dem kalten Wind über seine Schulter in Richtung Fluss geweht.
Sie stieg ein und verriegelte die Türen, ließ den Motor an und blickte in den Rückspiegel. Im Schein ihrer Bremslichter wirkte er durch und durch böse auf sie, ein großer, schwarzhaariger Mann mit einem Gesicht von der Schönheit eines Prinzen und der Grausamkeit einer Klinge.
Sie drückte aufs Gas und fuhr auf die Straße. Der Allradantrieb gab ihr die nötige Haftung, und sie schoss davon.
Wieder sah sie in den Rückspiegel. Er war noch immer da…
Solas Fuß wanderte zur Bremse, und um ein Haar wäre sie draufgestiegen.
Dann war er plötzlich fort.
Als hätte er sich in Luft aufgelöst. Gerade noch hatte sie ihn gesehen… und dann war er weg, spurlos verschwunden.
Sie schüttelte den Kopf, stieg erneut aufs Gas und bekreuzigte sich über dem klopfenden Herzen.
Voller Panik stellte sie sich eine Frage: Wer war er?
30
Als sich die Jalousien am Abend hoben, klopfte es an Laylas Tür– sie wusste, wer sie besuchte, noch bevor sein Geruch durch die Ritzen der Tür drang.
Unwillkürlich griff sie sich ins Haar– es war völlig durcheinander, platt gedrückt, weil sie sich den ganzen Tag von einer Seite auf die andere gewälzt hatte. Außerdem trug sie immer noch die Straßenkleidung, die sie für den Klinikbesuch angelegt hatte.
Doch sie konnte ihm den Zutritt nicht verweigern.
» Komm rein«, rief sie, setzte sich auf und strich die Laken glatt, die sie bis zum Hals hochgezogen hatte.
Qhuinn war für den Kampf gekleidet, was wohl bedeutete, dass er heute im Einsatz war– vielleicht aber auch nicht. Layla war nicht in den Dienstplan eingeweiht.
Als sich ihre Blicke trafen, runzelte sie die Stirn. » Was ist mit dir?«
Er berührte den Verband über seiner Braue. » Ach, das? Nur ein kleiner Kratzer.«
Aber es war nicht die Verletzung, die ihr aufgefallen war. Es waren der leere Blick und die finsteren Höhlungen unter seinen Wangenknochen.
Er blieb stehen. Schnupperte. Wurde kreidebleich.
Sofort sah sie hinab auf ihre Hände, die Finger, die wie so oft ineinander verschränkt waren. » Bitte schließ die Tür«, sagte sie.
» Was geht hier vor?«
Als er die Tür geschlossen hatte, holte sie tief Luft: » Ich war gestern Nacht bei Havers…«
» Was?«
» Ich habe geblutet…«
» Geblutet!« Er stürzte zum Bett und kam beinahe schlitternd zum Stehen. » Warum hast du mir nicht davon erzählt?«
Gütige Jungfrau der Schrift, es war ihr unmöglich, im Angesicht seines Zorns nicht zurückzuschrecken– sie hatte im Moment einfach keine Kraft und konnte sich nicht verteidigen.
Sofort bändigte Qhuinn seine Wut, nahm von ihr Abstand und marschierte nervös im Kreis. Dann sah er sie an und sagte mürrisch: » Tut mir leid. Ich wollte dich nicht anschreien– ich will nur… ich mache mir Sorgen um dich.«
» Es tut mir leid. Ich hätte es dir sagen sollen , aber du warst im Einsatz, deshalb wollte ich dich nicht behelligen. Ich weiß auch nicht… ehrlich, ich konnte vermutlich nicht klar denken. Ich war in Panik.«
Qhuinn setzte sich neben sie, und seine kräftigen Schultern wölbten sich nach vorne, als er die Finger verschränkte und sich mit den Ellbogen auf den Knien abstützte. » Also, was ist los?«
Sie konnte nur die Schultern zucken. » Nun ja, wie du selbst bemerkt hast , blute ich.«
» Wie
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