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Seelenrächer

Seelenrächer

Titel: Seelenrächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G O'Carroll
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einigermaßen – durch die Nase. Er wollte also nicht, dass sie erstickte. Nein, er wollte, dass sie langsam verdurstete. Wasser: Sie hätte schwören können, dass sie es tröpfeln hörte, und in der Erde an ihrem Gesicht roch sie Wasser. Regenwasser. Regen über der Stadt. Draußen war es inzwischen hell. Als er sie hergebracht hatte, war es dunkel gewesen, nun konnte sie trotz ihrer verbundenen Augen schemenhafte Lichtstreifen zwischen den Dielen über ihr erahnen.
    Jess und Laura. Laura und Jess. Warum nur hatte sie die beiden allein gelassen? Was, wenn er zum Haus zurückgekehrt war, weil er es auch auf die Mädchen abgesehen hatte?
    Für ein paar Augenblicke drohte das Entsetzen sie zu überfluten, doch irgendwie bekam sie sich wieder in den Griff und sagte sich, dass den Mädchen nichts passieren würde: Sie würden aufwachen und bemerken, dass ihre Mutter nicht da war. Und dann würden sie ihren Vater anrufen.
    Sie sagte sich, dass sie Ruhe bewahren und nachdenken musste. Sie musste versuchen, hier herauszukommen. Inzwischen bereute sie zutiefst, dass sie nachts das Haus verlassen hatte und so weit gefahren war, um bei ihrem Sohn sein zu können. Aber tagsüber waren einfach zu viele Menschen da gewesen, zu viele Menschen, die ihm die Ehre erweisen wollten. Sie wünschte sich doch nur einen Moment Zeit, um ihm zu erklären, was zwischen ihr und seinem Vater passiert war – und warum es so gekommen war.
    Sie wollte Danny wissen lassen, dass sie sich durch seinen Tod wie in der Mitte auseinandergeschnitten fühlte und dass sie nicht sagen konnte, ob sie je wieder ganz werden würde.
    Sie wusste, er würde sie verstehen. Sie wusste aber auch, dass sie seine Schwestern nicht hätte allein lassen dürfen.
    Sie hätte seinen Vater nicht von sich wegstoßen sollen. Inzwischen hatte sie begriffen, dass sie sich damit egoistisch verhalten hatte. Schließlich waren sie zu viert, sie war also nicht allein mit ihrem Kummer. Aber sie war eine Mutter, und nur eine Mutter konnte nachvollziehen, wie sie sich fühlte.
    Danny würde das verstehen, da war sie ganz sicher. Gott, wenn sie doch nur die Chance bekäme, alles zu erklären, dann würden es auch seine Schwestern verstehen.

Montag, 1. September, 09:30 Uhr
    Quinn war in sein Büro am Harcourt Square zurückgekehrt und stand über die Polaroid-Aufnahme gebeugt, die anschließend gleich ins Labor geschickt werden sollte.
    Ihm gegenüber saß mit verschränkten Armen Frank Maguire. Der Dritte im Bunde war Doyle, eine kleine Schachtel Schnupftabak in der Hand. Als das Telefon klingelte, hob Maguire ab. Er warf einen schnellen Blick in Quinns Richtung und räusperte sich dann.
    »Ja, Sir«, sagte er, »davon gehen wir aus: Inspector Quinns Frau, vom Glasnevin-Friedhof. Wieder sah er zu Quinn hinüber. »Ja, Sir, er ist hier. Ich weiß, Sir, so einen Fall hat es bei uns noch nie gegeben.« Für einen Moment hielt er die Hand übers Telefon und sagte zu Quinn: »Tom Calhoun.« Er reichte ihm das Telefon hinüber.
    »Hallo, Commissioner.«
    »Quinn, wie geht es Ihnen? Das ist unglaublich, absolut unglaublich! Wenn Ihre Frau entführt worden ist, dann werden wir sie finden, das verspreche ich Ihnen. Frank Maguire kann über jeden Detective im Land verfügen!«
    »Danke, Sir, ich weiß Ihre Anteilnahme sehr zu schätzen.« Quinn blickte zu Doyle hinüber. »Wir wissen, dass sie gestern Abend kurz vor zehn noch zu Hause war und ein Telefongespräch geführt hat, aber das war der letzte uns bekannte Kontakt. Wir haben sämtliche Krankenhäuser angerufen und waren im Leichenschauhaus. Dann kam der Anruf.« Er hielt einen Moment inne. »Natürlich ist Eva nicht nur meine Frau, sondern auch die Nichte von Sergeant Doyle.«
    Calhoun räusperte sich. »Natürlich. Das habe ich nicht vergessen.«
    »Möchten Sie mit ihm sprechen, Sir?«
    »Nein, nicht nötig. Richten Sie ihm aus, dass er unsere volle Unterstützung hat. Sagen Sie ihm, was ich auch Ihnen gesagt habe.«
    »Das mache ich.«
    »Wir werden jeden einzelnen Stein umdrehen, darauf haben Sie mein Wort.«
    »Da wäre noch eine Sache, Commissioner.«
    »Was denn?«
    »Ich weiß, dass ich mich eigentlich nicht mit dem Fall beschäftigen dürfte, aber Sie wissen – natürlich –, dass ich es trotzdem tun werde.«
    »Was ist mit Ihren Töchtern?«
    Quinn überlegte einen Moment. »Sie sind in der Schule, wo sie im Moment am besten aufgehoben sind. Sagen Sie jetzt nicht, ich soll mich da raushalten, Commissioner. Nicht, wenn es um

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