Seelenraub
Gedanken empfunden hatte, dass sie auf die gleiche Weise sterben würde?
Aydens Hand legte sich tröstend auf ihren Arm. »Wenn du bereit bist, werde ich zuhören.«
»Ich weiß nicht, ob ich es jemals sein werde«, gab Riley zu. »Es war zu furchtbar.«
»Ist mit Beck alles in Ordnung?«, fragte ihre Freundin.
»Er wurde von einer Klaue aufgerissen, aber er lebt. Simon …« Riley presste die Lippen zusammen. Allein beim Gedanken an ihn kamen ihr die Tränen.
»Wird er es schaffen?«, fragte die Hexe. Ihre Hand lag immer noch auf Rileys Arm, warm und ermutigend.
»Ich … Ja. Zuerst sah es nicht danach aus, aber jetzt wird er doch durchkommen.«
Ayden runzelte die Stirn, als könnte sie Rileys verbalen Verrenkungen nicht ganz folgen. »Gibt es noch etwas, was du mir erzählen möchtest?«
Riley konnte sich nicht mehr beherrschen. Sie musste ihr Geheimnis jemandem anvertrauen. »Na ja, also, ich habe eine Abmachung mit diesem Engel getroffen, und …«
Das Stirnrunzeln der Hexe wurde stärker. Nach einem schnellen Blick in die Runde, um sich zu vergewissern, dass niemand sie belauschte, beugte sie sich vor. »Was meinst du mit
Abmachung?
«
Riley erzählte ihr von der Vereinbarung zwischen ihr und dem Himmel.
»Göttin«, murmelte Ayden. »Bist du sicher, dass es ein Engel war?«
Riley nickte. »Und er hat Wort gehalten. Simon geht es wieder besser.«
»Sobald die Hölle herausfindet, dass du zum Team des Himmels gehörst, könnte es kompliziert werden«, warnte ihre Freundin.
Riley schnaubte. »Noch komplizierter? Dieser Fünfer war hinter
mir
her. Er war derjenige, der meinen Dad umgebracht hat und derselbe, der versucht hat, mich in der Uni-Bibliothek plattzumachen.«
»Aber das war vor deiner Abmachung mit dem Himmel«, sagte Ayden. »O Göttin, du steckst echt in Schwierigkeiten, was? Hast du Beck davon erzählt?«
»Nein, und das habe ich auch nicht vor. Ich komme allein damit klar.«
»Es ist kein Zeichen von Schwäche, ihn um Hilfe zu bitten.«
»Auf gar keinen Fall, nicht Beck«, gab Riley zurück, »Ende des Themas.«
Ayden ging mit ihr bis zum Hexenladen zurück. »Versuch es beim Zelt mit den Untoten, zwei Gänge weiter«, schlug sie vor. »Der Mann dort hat vielleicht etwas von deinem Dad gehört.«
»Aber du hast doch gesagt, ich soll mich von den Nekros fernhalten.«
Die Hexe hob eine rotbraune Braue. »Da ich weiß, dass du meinen weisen Rat sowieso nicht annimmst, kann ich dich genauso gut in die richtige Bahn lenken.«
»Und wenn der Typ nichts weiß?«
»Dann geh die Beschwörer durch, die dich ständig auf dem Friedhof belästigt haben. Bis auf Ozymandias. Komm nicht in die Nähe dieses Mannes, verstanden?«
»Ich hab’s kapiert.«
»Wirklich kapiert, oder sagst du das nur, um mich zu beruhigen?«, drängte die Hexe.
»Weiß ich noch nicht.«
Ayden verdrehte die Augen, dann griff sie unter den Tresen. Nachdem sie Riley noch einmal umarmt hatte, reichte sie ihr einen kleinen Plastikbeutel mit Kräutern. »Brüh dir vor dem Zubettgehen eine Tasse Tee hiermit auf, ein Teelöffel reicht. Es wird dir helfen, den Kopf frei zu bekommen, und bewahrt dich vielleicht vor Albträumen. Ich denke, das kannst du im Moment gut gebrauchen.«
Riley lächelte. »Danke, Ayden, für alles.«
Die Hexe zeichnete etwas in die Luft zwischen ihnen. Es sah aus wie ein kompliziertes Zeichen.
»Was machst du da?«
»Ich habe nur eine Mücke verscheucht«, erwiderte Ayden.
Im Januar? Du lügst doch wie gedruckt.
4. Kapitel
Im Palast der Wiederbelebten, wie er genannt wurde, war nicht viel los. Vier Untote standen in einer Reihe und starrten ins Nichts, ein gräulicher Schatten lag auf den bleichen Gesichtern. Soweit Riley wusste, konnten sie, wenn man sorgfältig mit den Körpern umging, noch fast ein Jahr lang außerhalb des Grabes herumlaufen.
Wenn ihr Vater beim Kampf mit dem Fünfer in Stücke gerissen worden wäre, hätte kein Nekro ihn gewollt. Doch er war durch eine einzige Glasscherbe gestorben, die vom Sturm des Dämons direkt in sein Herz geschleudert worden war.
Riley legte den Kopf schräg und betrachtete die vier verlorenen Gestalten, zwei Männer und zwei Frauen. Einer der beiden männlichen Untoten war etwa in ihrem Alter. In der einen Minute war er tot, in der nächsten stand er in einem Zelt, während die Leute überlegten, ob sie ihn kaufen sollten oder nicht.
Das muss echt ätzend sein.
1865 hatte die Regierung Sklaverei verboten, diese Jahreszahl war ihr von
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