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Seelenraub

Seelenraub

Titel: Seelenraub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Oliver
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jeder Katastrophe eine Zeit des Zählens begann. Sobald der Rauch sich verzogen hatte und die Leichen weggeschafft waren, brauchten die Überlebenden und ihre Familien Zeit, um sich darüber klarzuwerden, was geschehen war. Die Dinge in die richtige Perspektive zu rücken.
    Da Riley zu den Überlebenden gehörte, wollte die Familie ihres Freundes ihre Geschichte hören. Ehe sie recht begriff, wie ihr geschah, wurde sie in ein abgeschiedenes Wartezimmer geführt, das für die Familie Adler reserviert war. Dort saßen zehn von ihnen, und sie sahen alle aus wie Simon – blond und schlaksig.
    Jemand flüsterte: »Ist sie echt Dämonenfängerin?«
    Langsam gewöhnte Riley sich daran. Es gehörte einfach dazu.
    Simons Eltern standen nicht auf, ihre Gesichter waren blass und von Furchen durchzogen. Sie wirkten erschöpfter als heute Morgen, als Riley sie zuletzt gesehen hatte. Die anderen saßen paarweise beisammen, unterhielten sich leise und warfen Riley verstohlene Blicke zu. Eine der Frauen hielt einen schlafenden Säugling auf dem Arm. Inmitten der Gruppe wanderte ein Knirps von einem zum anderen und zeigte allen sein Stofftier. Es hatte große, blaue Augen, genau wie der kleine Junge. Auf seiner Runde erntete er jede Menge Umarmungen und Küsse.
    Ich könnte jetzt auch eine Umarmung gebrauchen
. Die Wirkung von Aydens Trost war längst verflogen.
    Als der Kleine vor ihr stehen blieb, lächelte Riley und strich ihm zärtlich über das blonde Haar. »Er sieht Simon sehr ähnlich«, sagte sie.
    »Als er klein war, hat er ganz genau so ausgesehen«, erwiderte eine junge Frau. Es war Amy, eine von Simons Schwestern. »Er hat mich verrückt damit gemacht, dass er mir im Haus überallhin nachgelaufen ist.« Eine Hand hielt sie schützend über einen beachtlichen Babybauch, der ihren blauen Pullover ausbeulte.
    Mrs Adler rührte sich. Sie hatte ein freundliches Gesicht. »Als Simon zum ersten Mal von einem Fänger namens Riley erzählte, dachte ich, du wärst ein Junge. Du siehst viel zu jung aus, um Dämonen zu fangen.«
    »Das denken viele Leute«, erwiderte Riley.
    »Das mit deinem Vater tut mir leid«, fügte die Frau hinzu. »Du musst ihn sehr vermissen.«
    Riley brachte nur ein Nicken zustande. Sie nahm einen großen Schluck Wasser aus einem Plastikbecher. Sie erinnerte sich nicht daran, ihn genommen zu haben, aber er war da. Die Adlers drängten sie nicht zu einer Antwort, während sie ihre Gedanken sortierte.
    Wie soll ich ihnen erklären, dass alles schiefgegangen ist?
Dass die Dämonen die Linie aus Weihwasser eigentlich nicht hätten überschreiten dürfen. Dass sie wie eine Armee ihren Angriff koordiniert hatten.
    Bring es einfach hinter dich.
    »Wir … Wir haben es nicht kommen sehen«, begann sie.
    Simons Vater beugte sich auf seinem Platz vor, die Brauen hochgezogen.
    »Simon und ich haben uns vor der Versammlung getroffen. Er hatte gerade den Schutzkreis gezogen, Sie wissen schon, den Kreis aus Weihwasser, der uns vor den Dämonen schützen soll. Danach sind wir noch mal für eine Weile rausgegangen.« Sehr viel mehr konnte sie davon nicht erzählen. Es war seine Idee gewesen, zur Rückseite des Gebäudes zu gehen. Auch der Kuss war seine Idee gewesen und dass sie Arm in Arm dagesessen und über die Zukunft geredet hatten. Sie dachte daran, wie gut sich das angefühlt hatte und dass sie sich gewünscht hatte, dieser Moment möge niemals enden.
    »Riley?«, sagte Mr Adler sanft.
    »Tut mir leid.« Sie räusperte sich. »Zur Zunftversammlung sind wir wieder hineingegangen.« Riley zögerte. Auf dem Treffen hatte sie den Fängern erzählt, dass einige Weihwasserflaschen gefälscht waren, aber das brauchten die Adlers nicht zu wissen. »Die Dämonen sind einfach so aus dem Nichts aufgetaucht.«
    »Wie ist das Feuer ausgebrochen?«, fragte Simons Vater.
    »Pyro-Dämonen. Jede Menge davon. Sie sind total ausgeflippt. Aber es waren die Dreier, die den Schutzkreis durchbrochen haben.«
    »Dreier?«, frage Amy ratlos.
    »Sie sind …« Wie sollte sie diese Wesen beschreiben? Sie gehörten jetzt so selbstverständlich zu ihrer Welt. »Dämonen dritten Grades. Sie sind etwa einen Meter zwanzig groß«, sagte sie und deutete ihre Größe mit der Hand an, »und bestehen nur aus Zähnen und Klauen. Sie fressen … alles.«
    Um sie herum schnappten die Menschen nach Luft.
    »Und so etwas hat meinen Sohn verletzt?« Die Stimme des Mannes bebte fast.
    Riley nickte. »Sie durchbrachen den Schutzkreis, und einer von

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