Seelenraub
Elstern an den seltsamsten Stellen in ihrer Wohnung, wie in der Besteckschublade. Oft hatten sie Zeug dabei, das nicht ihr gehörte.
Riley hatte diesen Dämon gefangen und an einen Dämonenhändler verkauft, doch er war prompt wieder aufgekreuzt, wie diese vermissten Hunde, von denen man in der Zeitung las, die Hunderte von Kilometern zurücklegten, um ihren Besitzer wiederzufinden. Nicht, dass dieser Dämon ihr gehörte. Er war eindeutig eines von Luzifers Geschöpfen. Sie war sich nicht einmal sicher, ob es ein »er« war, aber ihrer Meinung nach würden sich Dämoninnen hübscher anziehen.
Riley drehte sich um, klopfte auf ihr Kissen und versuchte abzuschalten. Statt ihrer Gedanken hörte sie jetzt eine piepsige Stimme, als der Dämon Selbstgespräche führte. Wahrscheinlich zählte er seine angehäuften Kostbarkeiten.
Zumindest legst du kein Feuer.
Mit diesem Gedanken fiel sie in einen unruhigen Schlaf.
7. Kapitel
Das Erwachen am Morgen war wie ein stumpfes Messer, das ihre Kehle grausam durchschnitt. Zu Rileys Verdruss tat ihr Kopf genauso weh wie der Rest ihres Körpers, als hätte sie es erneut mit Aydens hochprozentigem Hexenwein übertrieben. Das kleinste Geräusch ließ sie an knisternde Flammen und das höhnische Geplapper der Pyros denken. Das Ergebnis war, dass sie kaum geschlafen hatte. Stunden, in denen sie wach gewesen war, hatten sich mit richtig üblen Träumen abgewechselt, in denen Fontänen aus Blut und jede Menge Schreie vorkamen.
»Ich hätte Aydens Tee trinken sollen«, murmelte sie, aber sie hatte die Arznei bis zu diesem Morgen völlig vergessen.
Es ärgerte sie, dass der Dorftrottel möglicherweise recht hatte: Wenn die Hölle sie wirklich tot sehen wollte, würden die Dämonen sich nicht darum scheren, wie viele Menschen sie noch mit in den Tod rissen, selbst wenn der geheimnisvolle Ori in der Nähe war. Aber das durfte sie Beck gegenüber auf gar keinen Fall zugeben. Aus dem sanften Windstoß ungefragter Ratschläge würde umgehend eine Lawine werden.
Riley setzte sich an den Küchentisch, stützte den Kopf auf die Hände und sah zu, wie das Mikrowellenkarussell die Lieblingstasse ihres Dads im Kreis drehte, die mit der Aufschrift DUMMHEIT KANN SÜCHTIG MACHEN .
In vierzig Sekunden würde es heiße Schokolade geben.
Sie fühlte sich elend, teils wegen des mangelnden Schlafs, doch vor allem wegen des Datums. Der heutige Tag war im Kalender eingekreist und mit einem großen
D
markiert, weil es der Dad-ist-frei-Tag gewesen wäre, der Tag des Vollmonds. Ab heute wäre kein Nekromant mehr an ihn herangekommen.
»Tja, das hat ja super geklappt, was?«, murmelte sie. Sie stand auf und klappte das Kalenderblatt auf Februar, obwohl es noch einen Tag zu früh war. Hauptsache, sie musste dieses
D
nicht länger anstarren.
Gerade als sie wieder saß und ihre Mikrowellenwache wiederaufgenommen hatte, riss ihr Handy sie aus ihrem Elend. Sie ging ran, ohne aufs Display zu schauen.
»Riley?«, fragte eine raue Stimme.
»Guten Morgen, Beck«, sagte sie, ohne die Tasse aus den Augen zu lassen. Dreißig Sekunden. Erst die heiße Schokolade, dann Haferflocken. Vielleicht war sie auch so verwegen und machte sich einen Toast.
»Ich hab dir gesagt, du sollst auf dem Friedhof bleiben, aber das hast du nicht getan«, sagte er anklagend. »Ich war die ganze Zeit draußen und hab dein Haus beobachtet, darum weiß ich das.«
»Du willst mich auf den Arm nehmen.«
Du hast da draußen in der Kälte gehockt? Was bist du bloß für ein Idiot?
Darum also war Ori nirgends zu sehen gewesen. Er würde Beck nicht wissen lassen wollen, dass er da war.
»Was denkst du dir eigentlich, Mädel?«, wollte der Anrufer wissen.
»Ich denke, dass mein Wasser fast heiß ist und dass ich nicht mehr mit dir reden will, nicht, wenn du zu einem Arschgesicht mutierst, das mir dauernd nachstellt.« Sie legte auf. Er rief sofort wieder an, doch sie ignorierte es.
»Dafür wird er mich büßen lassen«, murmelte sie, doch im Moment war ihr Frühstück das Einzige, woran sie denken wollte.
Ping!
»Das wurde aber auch Zeit!«
Als sie das Schokopulver in der Tasse verrührte, wurde ihr klar, dass Beck keinen Zentimeter nachgeben würde. Er würde Nacht für Nacht da draußen hocken und wie ein aufmerksamer Bluthund ihr Haus beobachten. Wenn er so weitermachte, würde er irgendwann so müde sein, dass ein Dämon ihn verspeisen würde. Und solange er da draußen war, machte er es Ori schwer, seinen Job zu erledigen.
»Ach,
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