Seelenraub
würde.
Sie hätten nicht unterschiedlicher sein können – der engelsgleiche Simon mit den andächtigen Küssen und Ori, der ganz instinktive Reaktionen in ihr auslöste, die sie nicht begriff. Riley schüttelte den Kopf.
Das kann ich nicht machen. Simon passt perfekt zu mir. Und er gehört
ganz und gar
mir.
Selbst ihr Dad hatte ihn gemocht. Sie hatte den Verdacht, dass das bei dem heißen Typen auf dem Bike nicht der Fall wäre.
Als Riley den Wagen auf dem Parkplatz in der Nähe ihrer Wohnung abstellte, besetzte Ori den Stellplatz neben ihr.
»Ich hoffe, ich habe dir keine Angst eingejagt«, sagte er und kam zu ihrem Auto.
»Ein bisschen. Ich bin es nicht gewohnt, dass mir jemand überallhin folgt.«
»Das überrascht mich aber«, sagte er sanft.
Riley spürte, wie sich langsam ein heißes Gefühl über ihre Wangen ausbreitete. Zum Glück war der Parkplatz nicht besonders gut beleuchtet, so dass Ori es wahrscheinlich nicht bemerkte. »Nur Dämonen verfolgen mich ständig.« Wie viele Männer würden mit dieser Bemerkung umgehen können? Nur Dämonenfänger, und die meisten von ihnen waren längst nicht so cool.
»Ach ja«, erwiderte Ori. »Um dieses Problem muss ich mich noch kümmern.«
»Du hast gar keine Reisetasche oder so etwas bei dir. Wie bringst du die Dämonen um, ohne eine Waffe oder Weihwasser?«
Er deutete auf die Satteltaschen. »Ich habe ein paar Sachen versteckt.«
Aber du schleppst sie nicht die ganze Zeit mit dir herum, nicht wie Beck.
»Hier wohnst du also?«, fragte er. Es war, als wollte er das Thema wechseln. Das tat er oft.
Riley zog mit. »Hier wohne ich. Früher war es mal ein Hotel, jetzt ist es ein Wohnhaus mit jeder Menge winzigen Zimmern.«
Ori betrachtete das Gebäude. »Es hat ein Dach und vier Wände, das ist doch alles, was du brauchst, oder?«
Nein. Es war nicht alles, was sie brauchte. Zu einem Zuhause gehörte wesentlich mehr als nur ein Ort zum Wohnen.
Irgendwie stand ihr Begleiter jetzt näher bei ihr. »Tut mir leid, ich wollte dich nicht verärgern«, sagte er leise.
Sie blickte auf und sah in seine dunklen Augen. »Nicht dein Fehler«, erwiderte sie achselzuckend. »So ist es jetzt eben.«
»Vielleicht ändert sich das wieder«, sagte er. Zärtlich strich Ori ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Eigentlich zähle ich sogar darauf.«
Erneut wurden ihre Wangen heiß.
Was hat dieser Typ nur an sich?
Kurz darauf rollte er vom Parkplatz. Offensichtlich schloss seine Vorstellung von Aufpassen nicht mit ein, dass er unter ihrem Fenster kampierte.
Wahrscheinlich ist das ganz gut so
. Sonst könnte sie in Versuchung geraten, ihn hereinzubitten.
Als Riley vorsichtig die Wohnungstür öffnete, knarrte sie in den Angeln. Irgendetwas fühlte sich nicht richtig an: Der Ort schien unter Dads endgültiger Abwesenheit zu leiden. Die Kleidung ihres Vaters hing immer noch im Schrank, sein Elektrorasierer stand im Badezimmer, und all seine Bücher waren noch da, aber er fehlte. Darum fühlte es sich verkehrt an. Riley hatte gehofft, hier Trost zu finden, aber diese Leere machte es fast noch schlimmer.
Irgendetwas stieß kräftig gegen ihre Wade, und sie fuhr überrascht zusammen. Es war der Nachbarskater.
»Hey, Max.« Sie kniete sich hin, um ihn zu kraulen, und er schmiegte sich schnurrend an sie. Mit den Vorderpfoten stand er auf ihren Tennisschuhen, und die Krallen bohrten sich durch den Stoff, während seine Schnurrhaare sie an der Hand kitzelten.
Max war ein Maine Coon, ein ordentlicher Brocken von einem Kater, beinahe zwanzig Pfund schwer. Er gehörte Mrs Litinsky und schien Rileys Wohnung als eine Erweiterung des Reviers seiner Besitzerin anzusehen.
»Tut mir leid, du kannst heute Abend nicht hereinkommen.« Normalerweise genoss sie seine Gesellschaft, aber jetzt wollte sie nur noch unter die Dusche und dann eine Nacht lang durchschlafen. Max würde jede Menge menschliche Liebesdienste erwarten, und dem war sie gerade nicht gewachsen.
Nachdem sie ihn ein letztes Mal ausgiebig unterm pelzigen Kinn gekrault hatte, schaffte sie es, durch die Tür zu schlüpfen, ohne dass er ihr folgte. Sie hörte ein empörtes Miauen aus dem Treppenhaus, aber sie ließ nicht zu, dass sie wie sonst Schuldgefühle überkamen.
Sie warf ihre Botentasche auf die Secondhand-Couch und ließ sich eine Sekunde später daneben fallen. Die Zeitschaltuhr hatte die einzige Lampe im Wohnzimmer eingeschaltet und beleuchtete den vollgestopften Raum. Da das Gebäude ursprünglich einmal ein
Weitere Kostenlose Bücher