Seelenraub
verdammt«, brummte sie. Warum gab es ständig Scherereien?
Was sie brauchte, war ein »Schlupfwinkel«, zumindest, bis Ori mit diesem Fünfer fertig war. Jeder Dämonenfänger hatte einen sicheren Ort auf geweihtem Boden, für den Fall, dass die Dämonen einen Krieg entfachten. Als ihr Vater ihr zum ersten Mal davon erzählt hatte, hatte sie das ziemlich paranoid gefunden. Doch nach der Geschichte im Tabernakel fand sie das nicht mehr. Becks Schlupfwinkel befand sich in einer Kirche, war beheizt und verfügte über ein Badezimmer, was beides eine riesige Verbesserung gegenüber dem Mausoleum der Blackthornes wäre, dem Zufluchtsort ihrer Familie. Wenn sie einen Platz fände, wo sie unterkommen könnte, würde ihr außerdem der Dorftrottel nicht ständig auf den Wecker fallen.
»Jedenfalls so lange, bis ihm etwas Neues einfällt, über das er meckern kann.«
Das Telefon klingelte erneut, doch diesmal war es nicht Becks Name, der auf dem Display auftauchte. Das war jemand, den sie nicht einfach ignorieren konnte.
»Riley?«, fragte der Schotte knapp.
»Meister Stewart.« Wieso ruft er mich an?
»Wie ich höre, machst du Beck das Leben schwer. Lass uns eines klarstellen: Du bist nach Sonnenuntergang auf geweihtem Boden, bis ich dir etwas anderes sage.«
»Aber warum nicht tagsüber?« Der Fünfer hatte sie spätnachmittags angegriffen. Vielleicht war es auch kurz nach Sonnenuntergang gewesen. In einer Bibliothek ging einem leicht das Zeitgefühl verloren.
»Die Biester sind nachts stärker. Vielleicht denkst du, du könntest deinen eigenen Kram machen, und ich würde es nicht mitbekommen, ob du meinen Befehlen gehorchst. Das wäre ein Irrtum.«
»Ja, Sir. Ich werde nachts auf geweihtem Boden sein.«
»Ich bin froh, dass wir das geklärt haben. Dann wünsche ich dir noch einen schönen Tag.« Stewart legte auf.
Riley warf das Telefon auf den Tisch, als wäre es glühend heiß. »Sehr schlau, Beck. Holst gleich den großen Bruder«, sagte sie kopfschüttelnd. »Du bist so ein Penner.«
Jemand wummerte kräftig gegen die Wohnungstür. Sie ignorierte ihn. Mrs Litinsky klopfte nicht so laut, und sie war die einzige Person, die Riley so früh am Morgen sehen wollte. Zumindest, bis sie ihre heiße Schokolade getrunken hatte.
»Miss Blackthorne?«, rief eine laute Stimme. Es dauerte einen Moment, ehe Riley sie wiedererkannte: Das war der Typ von den Schuldeneintreibern.
»Hau ab«, murmelte sie leise und rührte weiter in der heißen Schokolade. Inzwischen waren fast alle kleinen Klümpchen verschwunden. Noch ein paarmal rühren, und dann …
»Miss Blackthorne? Ihr Wagen steht auf dem Parkplatz, ich weiß also, dass Sie da sind.«
Na ja, zumindest könnte sie sich anhören, was der Kerl über die Wiederbelebung ihres Vaters wusste.
Riley öffnete die Tür, wobei sie die Sicherheitskette vorgelegt ließ. Der Typ quetschte prompt einen auf Hochglanz polierten Schuh in den Spalt, damit sie die Tür nicht wieder zubekam. Er trug einen schwarzen Anzug, weißes Hemd, graue Krawatte sowie einen schwarzen Aktenkoffer. In sein Haar hatte er so viel Pomade geschmiert, dass es sich nicht rührte, wenn er sich bewegte. Er sah aus wie eine von diesen Anziehpuppen, mit denen sie als Kind gespielt hatte.
Er hielt ihr seine Karte hin, und sie nahm sie. ARCHIBALD LESTER , SCHADENSGUTACHTER .
»Was wollen Sie?«, fragte sie. Ihre heiße Schokolade wurde kalt.
»Ich denke, das ist offensichtlich«, erwiderte der Mann und hob eine Augenbraue. Er zog ein Blatt Papier aus der Aktentasche. Das war niemals ein gutes Zeichen.
»Sie brauchen mir lediglich zu sagen, wo ich den Leichnam Ihres Vaters finde und wo Sie den Verkaufserlös hinterlegt haben, dann können wir diese Sache ohne weitere Unannehmlichkeiten abschließen.«
Ihre Müdigkeit war auf einen Schlag verflogen. »Sie glauben, ich hätte meinen eigenen Vater verkauft?«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Es spielt eigentlich keine Rolle, wer ihn verkauft hat, solange wir das Geld und den Aktivposten bekommen.«
»Aktivposten?«
»Den Leichnam Ihres Vaters.«
Ihr drehte sich der Magen um. »Niemals.« Sie versuchte die Tür zu schließen, aber der Fuß von dem Kerl stand im Weg.
»Sie sind nicht besonders entgegenkommend, Miss Blackthorne.«
Riley zielte mit dem Finger auf ihn. »Warum suchen Sie nicht einfach den Nekro, der meinen Dad gestohlen hat, und fragen ihn nach diesem Aktivposten.«
»Wir ziehen es vor, mit Ihnen zu verhandeln. Sie setzen keine Magie
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