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Seelenraub

Seelenraub

Titel: Seelenraub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Oliver
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meine Dämonenkralle in die Flaschen gehalten.« Riley zog das Ding unter ihrem Hemd hervor, sieben Zentimeter todbringende Rabenschwärze. Sein früherer Besitzer, ein Gastro-Dämon dritten Grades, hatte sie unhöflicherweise als Souvenir in ihrem Schenkel zurückgelassen, als er versucht hatte, sie zu töten. Beck hatte daraus eine Halskette anfertigen lassen, und jetzt trug sie das Stück mit perversem Stolz.
    Der Priester beugte sich vor und musterte die Kralle aufmerksam. »Ganz schön gruselig.«
    »Und ob«, stimmte sie zu und versteckte das Andenken wieder. »Das echte Weihwasser hat verrückt gespielt, als es mit der Kralle in Berührung kam. Das gefälschte Zeug dagegen reagierte überhaupt nicht. Ich habe herausgefunden, dass bei den gefälschten Flaschen die Etiketten verschmieren, wenn sie nass werden, so dass man sie leicht überprüfen kann.«
    Vater Harrison wischte sich mit einer Hand übers Gesicht. »Ich habe Gerüchte gehört, dass das Weihwasser nicht mehr so wirkt, wie es sollte, aber ich hätte nie gedacht, dass jemand es tatsächlich fälscht.«
    »Ich habe die Etiketten auf den Flaschen überprüft, die Simon für den Schutzkreis benutzt hat, und sie waren in Ordnung.« Doch da war noch etwas. Riley senkte den Blick, da sie dem Priester bei ihrer Beichte nicht in die Augen schauen wollte. »Aber den Inhalt habe ich nicht überprüft. Wenn ich es getan hätte, wären die Fänger vielleicht noch am Leben.«
    Sie wartete auf die Verdammung. Doch stattdessen hörte sie einen tiefen Seufzer. »Es hätte keine Rolle gespielt, Riley«, murmelte Harrison. »Es ist nicht deine Schuld. In dem Gebäude waren doch jede Menge Dämonen, oder?«
    Sie hob den Blick. »Sie waren überall. Es war so furchtbar!«
    »Weihwasser verliert in Gegenwart anhaltenden Unheils seine Kraft, es sei denn, der Papst selbst hat es gesegnet.«
    »Das heißt, wenn es nur ein oder zwei gewesen wären, wären sie nicht durchgekommen?«
    Der Priester nickte. »Selbst wenn das Weihwasser, das Simon benutzt hat, gefälscht gewesen wäre, so hatte er doch den Schutzkreis für das letzte Treffen und die Treffen davor gezogen. Die Wirkung wäre nicht so schnell verflogen, wenn es nicht diese immense Konzentration des Bösen gegeben hätte – oder das gesamte Weihwasser war gefälscht.«
    »Die Dämonenfänger werden das nicht glauben. Sie denken, er hätte einen Fehler gemacht oder dass ich irgendetwas falsch gemacht habe.«
    »Oder dass dein Vater sie in den Schutzkreis hereingelassen hat.«
    Sie riss den Kopf hoch. »Das hat er nicht! Er hat versucht, mich zu retten, nicht uns alle zu töten.«
    »Ich weiß«, sagte der Priester und berührte sie sanft am Arm. »Dein Vater war ein ehrenhafter Mann, trotzdem werden die anderen ihn unter Umständen zum Sündenbock abstempeln wollen. Oder dich, was das angeht. Du musst dich auf diese Möglichkeit vorbereiten, Riley.«
    »Es hat schon angefangen«, gab sie zu.
    »Das hatte ich befürchtet.«
    Einen verzweifelten Moment lang verspürte sie das Bedürfnis, dem Priester alles über ihre Abmachung mit dem Himmel zu erzählen. Dann wanderte ihr Blick zu dem Dämonenfänger, der Totenwache über den Särgen hielt. Sie wagte es nicht, nicht in seiner Gegenwart. Er könnte sie belauschen, und dann würde er es den anderen erzählen. Sie würden sich über sie lustig machen und ihr vorwerfen, sie sei nicht ganz dicht. Meister Harper könnte das womöglich als Vorwand benutzen, sie aus der Zunft zu schmeißen.
    Ich will nicht, dass Simon es weiß
. Er würde das Gefühl haben, in ihrer Schuld zu stehen, und sie wollte nicht, dass ihre gemeinsame Zukunft dadurch beeinflusst wurde. Eines Tages würde sie Vater Harrison ihr Geheimnis anvertrauen.
Aber nicht heute
.
    Als Riley ein paar Minuten später aufbrach, fühlte sie sich trotzdem besser, weil sie mit dem Priester gesprochen und von ihm die Erlaubnis erhalten hatte, Becks Schlupfwinkel in der Kirche als vorübergehendes Wohnquartier zu nutzen. Keine kalten Nächte auf dem Friedhof mehr.
    Ein Problem weniger
. Blieben noch unzählige andere übrig. Spontan kramte sie die Liste hervor, die sie im Café gemacht hatte, und studierte sie. Nichts, was sie schon abhaken könnte. Aber wenigstens könnte sie ihre Einkäufe erledigen.
    Wenn Harrison recht hatte und das konzentrierte Böse den Schutzkreis aus Weihwasser ausgeschaltet hatte, dann waren weder Simon noch sie für den Tod ihrer Kollegen verantwortlich. Das war eine ungeheure Erleichterung.

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