Seelenraub
könnte sie die Sache schnell hinter sich bringen und wieder verschwinden.
Doch sie hatte Pech. Harper war wach und hockte im ehemaligen Büro in einem schäbigen Lehnstuhl, einer Schande für alle Gebrauchtmöbel. Sie entdeckte keine Schnapsflasche in seiner Reichweite, was sie noch nie erlebt hatte. Stattdessen stand da ein Fläschchen Tabletten mit einem fetten roten Aufkleber, der davor warnte, die Pillen zusammen mit Alkohol zu schlucken. Wer hätte gedacht, dass es so leicht war, den alten Knacker trockenzulegen?
Seine Brauen waren wie üblich zusammengezogen, außerdem lag ein Schweißfilm auf seiner Stirn, obwohl es kühl im Raum war. Die lange Narbe, die sich von seiner linken Braue bis zum Mundwinkel zog, war fest angespannt, als hätte er Schmerzen. Sie hielt vorsichtshalber Abstand zu ihm, denn selbst wenn er einen guten Tag hatte, war er bösartig.
Der alte Fernseher war eingeschaltet, CNN , wo gerade ein weiterer TV -Sprecher vor den rauchenden Trümmern stand. Ein Archivbild von den Leichensäcken, die wie lange, schwarze Kokons die Straße säumten, wurde eingeblendet.
Ihr Meister blickte finster zu ihr auf und schaltete den Fernseher auf stumm. »Was hast du denn hier zu suchen?«, knurrte er.
»Ich bringe Ihnen was zu essen«, erwiderte Riley und hob die Tüte mit den Einkäufen auf den Schreibtisch.
Obwohl Sie es nicht verdient haben
. »Ich wusste nicht, was Sie mögen, also habe ich einfach genommen, was gut aussah.«
Als sie die McDonald’s-Tüte auf die Armlehne seines Sessels stellte, musterte er sie düster, als enthielte sie eine Bombe. Doch der Duft musste ihn überzeugt haben, denn schließlich öffnete er die Tüte und kramte darin herum. Der Cheeseburger kam zuerst zum Vorschein.
»Das stimmt doch alles vorne und hinten nicht«, sagte er mit dem Mund voll Burger. »Dämonen arbeiten nicht zusammen.« Er runzelte die Stirn, klappte den Burger auf und entsorgte die Gurken mit angewidertem Gesicht im nächsten Mülleimer. »Jeder Dämon will Luzifer in den Arsch kriechen. Wenn das bedeutet, dass ein anderer Dämon dabei hopsgeht, dann ist das eben so.« Harpers säuerlicher Gesichtsausdruck wurde weicher. »Hast du mir was zu trinken mitgebracht?«
Sie wühlte in der Einkaufstüte und reichte ihm eine Flasche kalte Limonade aus einem Sixpack. Harper schraubte den Deckel auf und stellte die Flasche nach zwei tiefen Schlucken ab. Er sagte kein weiteres Wort mehr, bis er den Burger vertilgt hatte, dann machte er sich über die Pommes her. Während er aß, räumte Riley die Einkäufe in der kleinen Kochnische ein, die einen Teil seines Schlafzimmers einnahm. Harpers Bett war zerwühlt, und dem Zustand der Laken nach zu urteilen sah es aus, als hätte er sich ziemlich herumgewälzt. Auf dem Boden stapelten sich einige Bücher, deren Titel alle etwas mit der Hölle oder Dämonen zu tun hatten. Das Bild von Harper, der in sein Bett gekuschelt Hausaufgaben machte, war irgendwie schräg.
Als sie aus der Küche kam, musterte ihr Meister sie feixend. Sie nahm an, es läge an ihrer neuen Frisur.
»Bist du sicher, dass das Weihwasser für den Schutzkreis in Ordnung war? Nichts von diesem gefälschten Mist?«, fragte er.
Er hasste sie bereits, also konnte die Wahrheit es kaum noch schlimmer machen. »Ich habe nur die Etiketten überprüft, nicht das Weihwasser selbst. Aber Vater Harrison sagt, es hätte keinen Unterschied gemacht. Es waren zu viele Dämonen, als dass der Schutzkreis sie hätte aufhalten können.«
Sie erwartete einen Wutanfall ihres Meisters. Stattdessen schnaubte er nur heftig.
»Der Priester hat recht. Egal, wie sorgfältig Adler das Zeugs verteilt hat, wir wären so oder so am Arsch gewesen.«
Adler.
Normalerweise nannte ihr Meister ihn nur den Heiligen, weil Simon so religiös war.
»Aber das erklärt noch nicht, warum dein alter Herr aufgetaucht ist«, sagte Harper und fixierte sie.
»Er hat mir gesagt, dass die Dämonen kommen. Er hat versucht, uns zu retten.«
Harpers Aufmerksamkeit wechselte für einen Moment zum Fernseher. »Was ist mit Adler?«
»Er kommt durch.«
Dann richtete er den Blick erneut auf sie. »Ich hab dir gesagt, du sollst dich von diesem Geo-Dämon fernhalten. Warum zum Teufel hast du nicht auf mich gehört?«
»Er war derjenige, der meinen Dad umgebracht hat.«
»Und du wolltest ihn rächen?« Er grinste höhnisch. »Wolltest unbedingt losziehen und dich vorstellen?« Er schüttelte den Kopf. »So was Bescheuertes.«
Riley wurde wütend.
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