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Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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eine Ewigkeit später.
    »Nur wenn ich trinke.« Da Frau Ordinarius den Schnaps nicht in die Schuhe schüttete, war ihre Zunge ziemlich schwer, aber auf eine charmante Art.
    »Also, da gibt es den jüdischen Kredithai, der eigentlich Armenier und apostolisch ist und mit Seelen handelt. Seine Tochter versucht ihn auszutricksen, zusammen mit ihrer Freundin. Nur eine schafft es. Die wiederum opfert Sie einem Unbekannten, der möglicherweise der Leiter einer Volksbildungsanstalt ist und in serbische Goldminen investiert hat. Irgendwie stirbt auch noch ein soziophober Bastler und Sie arbeiten im Auftrag der Kirche an der ganzen Sache.«
    »So ungefähr. Aber …«
    »Belästigen Sie mich nicht mit Kleinigkeiten, Linder. Ich kombiniere.«
    Also blieb ich still, mit all den Murmeln im Mund gar nicht so schwer. Meine Chefin dämpfte ihre Zigarette im Aschenbecher aus. Nahm den Schwenker in beide Hände und roch genießerisch. Dann nahm sie einen Schluck und stellte das Glas ab. Es war leer.
    »Ich sehe das so. Kana und Partner brachten mit Korkarian die Schuldverschreibungen unters Volk. Schön verstreut, dass es nicht auffiel. Korkarian hat die dazu notwendigen Kontakte in den Osten. Als dann die Sache mit den Goldminen schiefging und die Börse platzte, setzte sich der Partner mit dem Rest des Geldes ab. Solange er nicht versucht, sein Geld abzuheben, ist alles paletti. Mit dem Segler ist er unauffindbar. Warum ist Kana nicht geflohen? Das kann nur einen Grund haben, weil er nicht kann. Denn Korkarian hat Beweise in seinem Safe, die, wenn die Polizei sie bekäme, dazu führen würden, dass Kana sofort verhaftet würde. Dann könnte er auch nicht mehr an das Konto seines Freundes ran, und um dieses Konto dreht sich alles zwischen den beiden.«
    Sie lehnte sich vor und schenkte nach. Dann zündete sie eine weitere Zigarette an. Den Schwenker in der Linken, die Zigarette in der Rechten, saß sie da wie ein Orakel. Bemerkenswerterweise schien sie auch mehr Arme zu haben als sonst. Kaliartig irgendwie. Das schob ich auf den Schnaps.
    »Das geht nicht ganz«, fuhr sie fort. »Aber so: Korkarian hat bestimmte Dokumente, die den Zugang zum Geld auf den Caymans gestatten. Sofern man sie hat.«
    »Warum schnappt sich dann Kana die Papiere nicht sofort?«
    »Linder, Sie sind blöd. Natürlich hat der Jude …«
    »Armenier.«
    »Genau. Danke. Der Armenier hat ein Druckmittel, das Kana sofort ins Gefängnis bringen würde, sollte er einen Blödsinn anstellen oder handgreiflich werden. Als dann die beiden Mädchen hinzukamen, die eine, weil sie über die Affäre Genua recherchierte, und die andere, weil sie die Tochter des Geldhändlers ist, verlor Kana die Nerven und legte eine um. Ließ sie umlegen.« Kurze Pause. Dann nahm Glanicic-Werffel mich ins Visier. »Linder, Sie wollte er, weil er meinte, dass Sie gefährlicher als die Korkarian sind. Außerdem ist sie die Tochter des Armeniers, der das Druckmittel hat. Sie sind gar niemands Sohn. Sie saufen einfach nur ungerührt meinen Schnaps aus.«
    »Gott gab jedem seiner Geschöpfe was.«
    »Mir einen Mann, der Sekretärinnen vögelt.«
    »Mir ist der Schnaps lieber.«
    »Mir auch.« Sie schenkte uns beiden nach. Kein Tropfen ging daneben, fast jedenfalls.
    »Und die Kirche, bloß Zufall?«, fragte ich weiter.
    »Nein.«
    »Den Seelenhumbug glauben Sie doch nicht.«
    »Ach wo, sicher nicht. Die haben die Schuldverschreibungen illegal gekauft und Korkarian hat Beweise. Darum sollen Sie auch dort einbrechen. Wahrscheinlich wollen die das Gleiche wie Kana.«
    »Und die ganze Nazi-Alchimisten-Verschwörungstheoriesache?«
    »Denken Sie logisch, Linder. Ich weiß, dass Sie sich für solche Sachen begeistern. Aber Geld regiert die Welt, nicht Ideen. Sie müssen das so sehen: Alles über diese Hohlweltsache wissen Sie von Ihrem Freund. Wie hieß er?«
    »Shahin.«
    »Genau.«
    »Der arbeitet für Dr. Massu.«
    »Richtig.«
    »Wenn das der gleiche Massu ist, der mit meinem Mann im Rotarierklub ist, und davon geh ich aus – Wien ist zwar die Welt, aber klein –, dann hängt der sicher mit drin. Also hat der Ihnen nur das erzählt, was Sie wissen sollten. Sonst nichts.« Sie legte den Kopf schief, so dass eine eisengraue Locke auf ihre Nasenspitze fiel. Sie blies sie weg, nickte und meinte dann: »Ja, so muss das gewesen sein.«

V
    Nach komatösem Schlaf erwachte ich. Das graue Licht eines gnadenlosen Morgens erfüllte das Zimmer, eines gnadenlos frühen Morgens. Meinen Magen füllte ein

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