Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition)
wandte er seinen Blick zurück auf
den Wald.
Melica war verwirrt. Sie
blieb jedoch still, wartete. Sekunden rannen vorüber, wurden zu
Minuten und zu ganzen Ewigkeiten. Doch Zane reagierte einfach nicht.
Natürlich war es
Melica, die es nach einiger Zeit nicht mehr aushielt und die Stille
durchbrach:
„ Guten Morgen.“
Im gleichen Augenblick wollte sie sich auch schon für ihre
außergewöhnliche Kreativität umbringen. Guten Morgen
– ging es eigentlich noch blöder?
Doch ihre Selbstvorwürfe
schienen unnötig zu sein, denn Zane zeigte noch immer keine
Reaktion. Überhaupt sah er nicht so aus, als hätte er sie
überhaupt gehört. Also beschloss sie, es noch einmal zu
versuchen: „Hallo.“
Ein Muskel in Zanes
Gesicht zuckte kaum merklich, ansonsten blieb er ruhig. Und Melica
verlor die Geduld: „Ich weiß, dass du mich hörst,
Zane!“
Diesmal antwortete er
tatsächlich, doch seine Worte waren anders als Melica sie
erwartet hatte: „14 Tage ohne Nahrung und schon werde ich
wahnsinnig. Das ist erbärmlich.“
Melica starrte ihn perplex
an. „Wahnsinnig?“
„ Nur weil sie auf
meinen Satz geantwortet hat, bedeutet das nicht, dass sie wirklich
hier ist. Sie ist nicht da. Ich bilde sie mir nur ein.“
Langsam wurde Melica
bewusst, warum er sie ignorierte. In dieser Situation hätte
Melica eine Menge Möglichkeiten gehabt, Zane von ihrer Echtheit
zu überzeugen. Entscheiden tat sie sich für die dümmste.
Mit einem leichten Grinsen hob sie den Arm und versenkte ihre Faust
so hart wie möglich in seiner Seite.
Zane zuckte noch nicht
einmal zusammen. Und doch hatte sie mit ihrer höchst
zweifelhaften Aktion alles erreicht, was sie gewollt hatte.
Zane blickte sie aus
großen Augen ungläubig an. Dann schüttelte er langsam
den Kopf. „Das bilde ich mir nur ein“, flüsterte er,
Verzweiflung schwang deutlich hörbar in seiner Stimme mit.
Melica schlug erneut zu.
Gleichzeitig sagte sie: „Ich bin wirklich hier, Zane. Ich bin
nicht tot! Und du kannst mir glauben, das hier ist das seltsamste
Gespräch, das ich je geführt habe.“
„ Nicht tot“,
echote Zane leise. Seine Miene verfinsterte sich plötzlich,
seine Hand ballte sich zusammen. „Natürlich… Nicht
tot …Ich werde dieses Schwein umbringen!“ Wie ein
Verrückter schnellte er herum, stürzte in Richtung Antrum
davon.
„ Halt!“,
schrie Melica aufgebracht. Sie rannte ihm nach, legte ihm hastig die
Hand auf den Rücken.
Zane blieb stehen. Der
Blick, der Melica aus schwarzen Augen traf, war jedoch mehr als nur
furchteinflößend. Wen auch immer Zane gerade umbringen
wollte – der Arme tat Melica wirklich aus tiefstem Herzen leid.
„ Du bist mir eine
Erklärung schuldig, findest du nicht?“, fragte sie
eindringlich.
Im ersten Moment sah es so
aus, als wollte Zane sich zurückziehen, doch dann entschied er
sich um, nickte kaum merklich.
„ Warum hast du das
getan? Warum hast du Damian getötet?“
„ Ich musste es tun“,
antwortete Zane ruhig. Mehr sagte er nicht.
Und Melica warf ihm einen
genervten Blick zu. „Warum?“
„ Ich musste
verhindern, dass Damian und Diana Luzius auf die Erde holen. Es hat
schon zu viele Opfer gegeben.“
„ Aber du warst doch
die ganze Zeit auf ihrer Seite!“
Zane schüttelte den
Kopf. „Du irrst dich. Ich habe mich immer herausgehalten. Doch
erst, als ich auf euch Schattenkrieger getroffen bin, ist mir bewusst
geworden, dass ich helfen musste. Ich durfte das Ritual nicht
zulassen. Deshalb habe ich dir und Isak von den Seelen erzählt.
Ich wollte, dass ihr sie zerstört. Damians Tod war nie geplant.
Doch es ist meine einzige Möglichkeit gewesen, Gutes zu tun.
Gutes zu tun, in dem ich deinen Tod rächte.“
„ Aber ich lebe
noch“, stellte Melica das Offensichtliche fest.
Zanes Mundwinkel zogen
sich nach unten. Er nickte grimmig.
„ Aber warum hast du
nicht einfach versucht, ihn von seinem Plan abzubringen? Damian war
doch nicht böse! Er hatte doch gar keinen Spaß daran, all
die Menschen zu töten.“
„ Das habe ich auch
geglaubt. Aber ich musste einsehen, dass ich Damian niemals richtig
gekannt habe. Ich kann dir nicht sagen, ob Damian bösartig war
oder nicht.“
Melica antwortete nicht.
Sie schwieg, während die Gedanken in ihrem Kopf hin und
hersprangen.
„ Wie geht es jetzt
weiter?“, fragte sie nach einiger Zeit leise.
„ Weiter? Du, Melica,
wirst hier im Antrum bleiben. Die Erde wird sich weiterdrehen, das
Leben wird weitergehen. Du musst dir keine Sorgen mehr
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