Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
waren leise, fast lautlos: „Hast du ein Fieberthermometer?“
Melica bedachte sie mit einem verwunderten Blick. „Selbst Fieber lässt Make-Up nicht schmelzen.“
Doch Angelina schwieg und so zog Melica stirnrunzelnd die Schublade von ihrem Nachttisch auf und holte ein kleines, elektrisches Fieberthermometer hervor.
Sie blickte Angelina zweifelnd an. „Also, wenn ich ehrlich sein soll, habe ich keine Ahnung, was du-“
„Vertrau mir!“, unterbrach Angelina sie sofort und begann, nervös auf und abzulaufen.
Melica rollte mit den Augen. Fantastisch. Jetzt drehte ihre Freundin auch noch wegen ein bisschen Fieber vollkommen durch! Unwillig schob sie sich das Fieberthermometer unter die Zunge und warf Angelina einen herausfordernden Blick zu.
Ihre Freundin jedoch schwieg eisern, die Hände waren verkrampft, das Gesicht wie eingefroren.
Inzwischen wurde auch Melica ein wenig nervös.
Einige Augenblicke später gab das Fieberthermometer einen hohen Piepton von sich. Neugierig zog es Melica aus ihrem Mund und warf einen Blick hinauf. Ihre Augen verengten sich zu ungläubigen Schlitzen, während sie wie hypnotisiert auf die Zahl starrte, die ihr das Fieberthermometer entgegenstrahlte.
„Und?“ fragte Angelina und ehe Melica sich versah, hatte sie ihr das Thermometer auch schon aus der Hand gerissen.
„69°C?“ Angelinas Stimme klang genauso schockiert wie Melica sich fühlte. Ihr Mund war schrecklich trocken und so blieb ihr nichts anderes übrig, als vollkommen entgeistert zu nicken.
„Immerhin erklärt das, warum sich dein Make-Up aus dem Staub gemacht hat.“
Fassungslos starrte Melica sie an.
Angelina zuckte entschuldigend die Achseln. „Und was machen wir jetzt?“
„Weinen, schreien, wie eine Verrückte den Kopf gegen die Wand hämmern?“, schlug Melica krächzend vor. „Such dir was aus. Ich versuche so lange zu verstehen, wie das passieren konnte. Und vor allem, warum ich überhaupt noch lebe...“
Angelina biss sich auf die Unterlippe. „Du solltest ins Krankenhaus“, murmelte sie leise. „Was auch immer mit dir passiert… So ganz normal ist das bestimmt nicht.“
„Was du nicht sagst!“, schnappte Melica hysterisch. „Natürlich ist das nicht normal! Und ich will nicht ins Krankenhaus! Mir geht es ja nicht einmal schlecht. Mein Problem ist einfach nur, dass ich hier stehen und reden kann, obwohl das Thermometer eine Temperatur anzeigt, bei der ein normaler Mensch schon längst abgekratzt wäre!“
„Ein Wunder, dass das Thermometer überhaupt funktioniert hat. Eigentlich dachte ich, das klappt nur bis 41°C oder so“, warf Angelina ein, bevor sie leicht den Kopf schüttelte. „Okay, ich glaube, das ist im Moment dein kleinstes Problem.“
Melica tat ihr Bestes, doch sie schaffte es einfach nicht, ihr hysterisches Gelächter für sich zu behalten. Laut und verzweifelt stahl es sich aus ihrem Mund und drang unaufhaltsam in jeden Winkel ihres Zimmers. Sie sah noch, dass Angelina ihr einen besorgten Blick zuwarf.
Dann legte sich die Dunkelheit wie ein samtener Schleier über ihre Augen, plötzlich – nichts als Stille.
Als Melica ihre Augen wieder aufschlug, war sie allein. Ihre Atmung ging schwer und jeder Zentimeter ihres Körpers fühlte sich an, als würden Tausende von dicken, haarigen Ameisen auf ihr Fußball spielen. Es kratzte, kribbelte und juckte, tat weh, verursachte solche Schmerzen, dass sie sich fast wünschte, erneut das Bewusstsein zu verlieren.
Mit einem gequälten Schnauben richtete sie sich auf und blickte sich unsicher um. Helle, cremefarbene Wände, zugepflastert mit riesigen, schweren Bücherregalen, wohin das Auge auch blickte.
Sie fühlte sich von der Menge an Büchern fast erschlagen. Gott – welcher Mensch besaß nur so viele Bücher? Niemals hätte sie die Zeit, auch nur ein Viertel davon zu lesen. Der große Kamin in der Ecke tauchte das Zimmer in unheilvolles Licht und warf flackernde Schatten an die Wände. Melica selbst lag auf einem braunen Ledersofa, den Kopf auf ein weiches Kissen gebettet. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war. Doch Angst spürte sie keine. Aus irgendeinem unerklärlichen Grund fürchtete sie sich nicht, machte sich keine Sorgen. Was jedoch auch nicht wirklich etwas daran änderte, dass sie mutterseelenallein irgendwo auf einem fremden Sofa lag, obwohl sie im Krankenhaus deutlich besser aufgehoben wäre.
Melica wusste nicht, was sie tun sollte. Schreien? Brüllen? Oder vielleicht doch lieber still sein und einfach
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