Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
abwarten?
Doch ihr blieb keine Zeit, sich für irgendeine der Möglichkeiten zu entscheiden, denn genau in diesem Augenblick spazierte ein großer Mann durch die geöffnete Tür.
Melicas Augen weiteten sich etwas, als ihr Blick auf die engelsgleiche Gestalt direkt vor ihr fiel. Blonde, ordentlich frisierte Haare, ein weiches Gesicht und strahlend grüne Augen – zu sagen, er sähe nur gut aus, wäre mit Sicherheit eine Beleidigung, für die sie sich strafbar gemacht hätte.
Ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen und Melica spürte mit einem Mal den unheimlichen Drang, sich ihm vor die Füße werfen und ihm jeden Wunsch von den Augen ablesen zu müssen.
„Du bist wach“, bemerkte der Mann ernst.
Melica verfluchte sich ihm Stillen selbst dafür, doch sie schaffte es einfach nicht, etwas Spöttisches darauf zu erwidern. Ihr Mund war staubtrocken und es war ein Wunder, dass sie in dem Moment überhaupt genug Verstand besaß, um zu nicken.
„Du bist zu schnell. Du stehst noch mitten in der Verwandlung.“
Melicas Augenbrauen schossen in die Höhe, doch bevor sie auch nur eine Frage stellen konnte, drehte der Mann seinen Kopf und blickte ihr tief in die Augen. „Schlaf.“
Sie versuchte nicht einmal, sich dagegen zu wehren. Sekunden später glitt sie in eine traumlose Dunkelheit.
Melica erwachte von leisen Geigenklängen. Verwirrt lauschte sie der ungewohnten Melodie, ihre Gedanken waren wie vernebelt, schwer und unglaublich leicht zugleich. Die Melodie war unendlich schön. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals etwas Ähnliches gehört zu haben. Es klang, als wäre es jemandem gelungen, den Geschmack süßester Schokolade zu vertonen.
Melica musste unwillkürlich grinsen. Wer hätte gedacht, dass ihr je so kitschige Vergleiche in den Sinn kommen würden?
Nur langsam kehrten ihre Gedanken zu ihrem „Schwächeanfall“ zurück. Das Bild des blonden Mannes blitzte vor ihren Augen auf. Wer war er? Und warum war er bei ihr? Oder war nicht eher sie bei ihm?
Das Geigenspiel verstummte und Melica hörte, wie etwas auf den Boden gelegt wurde. „Geht es dir besser?“
Die Stimme klang noch immer weich und schön, doch die nahezu berauschende Wirkung auf Melica war verschwunden.
Langsam öffnete sie die Augen und blinzelte gequält, als ihr strahlendes Sonnenlicht entgegenschlug.
Ein belustigtes Lachen durchbrach die Stille und wenige Augenblicke später wurde es schlagartig dunkel um sie herum.
Melica keuchte erschrocken auf - im nächsten Moment schämte sie sich schon selbst für ihre Reaktion. Sie war doch sonst nicht so schreckhaft!
„Es tut mir Leid. Ich hatte ganz vergessen, dass sich deine Auge erst an die Umstellung gewöhnen müssen.“
In der Hoffnung, irgendetwas entdecken zu können, drehte Melica ihren Kopf in die Richtung, aus der sie die Stimme gehört hatte. Sie sah tatsächlich etwas. Etwas, das ihr das Blut in den Adern gefrieren und sie entsetzt zurückweichen ließ.
Ein Paar blutroter Augen funkelte ihr entgegen.
Melica stieß einen spitzen Schrei aus und ehe sie sich versah, wurde ihr eine unerträglich heiße Hand aufs Gesicht gepresst.
Angst raste durch ihren Körper, dann begann sie zu zittern. Tränen stiegen ihr in die Augen. Nicht schon wieder!
„Beruhige dich!“, drang seine ernste Stimme an ihr Ohr. „Ich tue dir nichts.“
Melica wurde für den Bruchteil einer Sekunde wirklich ganz ruhig. Nur, um dann mit verstärkter Kraft auszurasten. Ihre Arme schlugen wild um sich und ihre Zähne gruben sich tief in die glühende Hand ihres Angreifers.
Er stieß ein ärgerliches Schnauben aus, einen Augenblick später wurde sie mit der Wucht einer Kanonenkugel am Hinterkopf getroffen. Sterne tanzten vor ihren Augen und vernebelten ihr die Sicht. Diesmal wurde sie tatsächlich ruhig.
Der Frieden währte jedoch nicht lange, wenn es auch diesmal nicht Melica war, die ihn störte.
„Es ist deine Schuld, dass ich dich schlagen musste“, raunte der Mann und löste vorsichtig seine Hand von ihrem Gesicht. „Ich kann nicht zulassen, dass dich jemand hört.“
Das Gewicht des Sofas verlagerte sich etwas. Offenbar war er aufgestanden. Seine gedämpften Schritte hallten dumpf durch das dunkle Zimmer.
„Was willst du von mir?“, krächzte Melica nach einigen Minuten des Schweigens.
Er blieb stehen. „Was ich von dir will?“, wiederholte er ernst. „Nichts. Aber ich glaube, dass du etwas von mir willst.“
Melica hörte ein Rascheln und wenige Sekunden später
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