Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
mit tränenüberströmten Gesicht. Angst empfand sie keine, aber ihr Herz war erfüllt von Hass. Abgrundtiefer, bitterer Hass, der sich mit jeder Sekunde tiefer in jede Faser ihres Körpers zu bohren schien.
Melica war nicht länger ahnungslos, was die Verwandlung in ihrem Inneren betrug. Sie wusste, in was sie sich verwandelte. Und sie wusste auch, wer dafür verantwortlich war, dass sie das Gefühl hatte, bei lebendigem Leibe zu verbrennen. Sie würde sich dafür rächen. Irgendwie würde sie den Dämon aufspüren, der ihr das alles angetan hatte. Und dann würde sie ihn leiden lassen.
Eigentlich hätte sich Melica nie als wirklich rachsüchtig beschrieben, aber jetzt, in den Stunden, in denen sie vor lauter Schmerzen kaum noch am Bewusstsein war, war es allein der Gedanke an Rache, der sie am Leben hielt.
Dann waren die Schmerzen mit einem Mal verschwunden. Früh morgens und völlig ohne Grund. Verwirrt setzte sich Melica auf und blickte sich unsicher um. Was war denn jetzt auf einmal los? Nicht, dass sie die Schmerzen vermisste, ganz im Gegenteil!
Nun, wo ihre Qualen endlich ein Ende hatten, fühlte sie sich so gut und ausgelassen wie schon lange nicht mehr, doch… Irgendwie machte es sie unheimlich nervös. Vielleicht war sie ja doch gestorben? Vielleicht war sie ja jetzt im Himmel, endgültig tot? Obwohl, wie der Himmel sah das hier ganz und gar nicht aus. Aber was wusste sie schon vom Sterben?
Melica strich sich ihr langes Haar zurück und stand auf. Zwar noch mit zittrigen Beinen, aber sie stand! Stand tatsächlich, obgleich sie vor wenigen Stunden noch zu schwach gewesen war, um auch nur einen einzigen Muskel zu bewegen. Ein erleichtertes Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. „Jonathan?“
Auch, wenn sie keine Ahnung hatte, wer Jonathan genau war und was er wirklich von ihr wollte – irgendwie vertraute sie ihm. Doch sie erhielt keine Antwort. Sorge trat auf ihr Gesicht, als sie es noch einmal versuchte: „Jonathan?“
„Ist irgendetwas passiert?“, drang seine besorgte Stimme zu ihr herüber, bevor er wenige Sekunden später das Zimmer betrat. Seine grünen Augen blinzelten verschlafen und seine Haare waren vollkommen zerzaust. Seine Haltung jedoch war angespannt, so, als wäre er bereit, jeden Moment auf einen möglichen Angreifer loszugehen.
Zum ersten Mal wurde Melica bewusst, dass der Mann vor ihr tatsächlich Kampferfahrung haben musste, zum ersten Mal kam ihr der Gedanke, dass er wirklich gefährlich sein konnte. Sie schluckte beklommen. „Nein“, antwortete sie mit seltsam rauer Stimme. In einem Anflug aus Scham erkannte sie, dass sie Jonathan direkt aus dem Schlaf gerissen haben musste.
Die Wachsamkeit auf seinem Gesicht schwand einem Ausdruck des Ärgers. „Warum hast du mich denn dann gerufen?“
Ja, das war eine wirklich gute Frage. Das Problem war nur, dass Melica keine Antwort darauf wusste.
„Du kannst ja stehen!“, bemerkte Jonathan mit einem Mal verblüfft.
Melica konnte nicht verhindern, dass ihre Augenbrauen in die Höhe schossen. „Ist mir noch gar nicht aufgefallen“, erwiderte sie, bevor sie sich selbst einen Narren schimpfte. Mit Sarkasmus machte sie sich auch keine Freunde.
Jonathan jedoch war viel zu begeistert, um es ihr wirklich übel zu nehmen. „Normalerweise dauert die Verwandlung viel länger“, erklärte er ihr und musterte sie mit glänzenden Augen. „Aber du scheinst es bereits hinter dir zu haben. Das ist einfach unglaublich!“ Er schüttelte langsam den Kopf. „Vielleicht habe ich wirklich einmal Glück. Vielleicht bist du es tatsächlich.“
Melica hasste diese Andeutungen. Sie waren überall, versteckten sich in jedem Satz und trieben sie zur Weißglut. „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du mir immer noch nicht verraten willst, was du damit meinst.“
Jonathan strahlte sie an. „Da liegst du ganz richtig“, gab er ungewohnt gut gelaunt zu.
Melica war verwirrt. Warum war er denn plötzlich so freundlich? „Wer bist du?“
„Setz dich“, forderte er, ohne auf ihre Frage einzugehen. „Jetzt, wo du endlich eine von uns bist, hast du eine Menge zu lernen.“
Sie saßen sich gegenüber, Melica auf dem Sofa, auf dem sie die letzten Tage verbracht hatte und Jonathan auf einem hellen Ledersessel. Er hatte die Gardinen zum ersten Mal seit ihrer Ankunft zur Seite geschoben und das warme Licht der gerade aufgehenden Sonne durchflutete das Zimmer.
So sehr Melica die Helligkeit auch genoss – im Moment machte sie
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