Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
bist ein Dämon, Melica. Was glaubst du, wovon du dich sonst ernährst?“
„Aber ich esse keine Menschen!“
„Du musst sie ja auch nicht essen“, bemerkte Jonathan und Melica atmete erleichtert aus.
„Es reicht, wenn du sie aussaugst.“
Sollte sie das etwa beruhigen? Sie warf ihm einen kühlen Blick aus. „Ich sauge auch keine Menschen aus!“, stellte sie klar. Ihre Miene wurde schlagartig finster, als sie Jonathans genervtes Seufzen hörte.
„Jetzt denk doch einmal nach, Melica. Du bist kein Mensch mehr, sondern ein Dämon. Und was ist das erste Wort, das dir in den Sinn kommt, wenn du an Dämonen denkst?“
Irgendwie bezweifelte Melica, dass „Pfannkuchen“ die richtige Antwort war. Sie versuchte es dennoch, woraufhin sie einen solch bösen Blick von Jonathan erntete, dass ihr fast die Luft wegblieb. „Das hier ist kein Scherz, Melica!“
Vielleicht versuchte er sie einzuschüchtern, indem er andauernd ihren Namen sagte. Vielleicht aber auch nicht. Fest stand nur, dass es ausgezeichnet funktionierte.
„‘Tschuldigung“, nuschelte sie leise. „Das erste Wort, das mir dazu einfällt?“ Sie überlegte nicht lange. „Monster.“
Jonathan nickte hart. „Genau. Monster. Wir gehören nicht zu den Guten. Dir bleibt gar keine andere Wahl als zu töten. Jedenfalls nicht, wenn du selbst überleben willst. Fressen oder gefressen werden – was anderes steht nicht zur Auswahl.“
Melica gefiel keine der beiden Möglichkeiten. Sie war doch noch so jung! Sie wollte nicht sterben. Aber wenn sie dafür anderen Menschen das Leben rauben musste… „Ich kann das nicht“, bemerkte sie schwach.
„Dann musst du es lernen. Ich werde nicht zulassen, dass du aufgibst.“
„Aber warum?“
„Du könntest wichtig sein“, sagte Jonathan ernst. „Du könntest die sein, auf die ich seit vielen, vielen Jahren warte. Und deshalb werde ich nicht akzeptieren, dass du dich für den Tod und gegen das Leben entscheidest. Selbst wenn dafür viele Menschen ihre Seelen an dich verlieren…Dafür steht einfach zu viel auf dem Spiel.“
Melica musterte Jonathan schweigend, bevor sie langsam, beinahe unmerklich, den Kopf schüttelte. „Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst. Aber es gefällt mir nicht.“
„Beruhigt es dich, wenn du weißt, dass es mir genau so geht?“
„Nicht wirklich.“
Jonathan stand auf und bedachte sie mit einem kurzen, abschätzigen Blick. „Du solltest jetzt besser schlafen. Du bist noch nicht bereit, dein altes Leben hinter dir zu lassen.“
„Das hätte ich dir auch sofort sagen können.“
„Du solltest wirklich freundlicher zu mir sein“, teilte ihr Jonathan kühl mit. „Wenn man bedenkt, dass du in meiner Gewalt und mir körperlich hundertfach unterlegen bist, wäre das mit Sicherheit keine schlechte Idee.“
Aufgrund einer solchen Dreistigkeit klappte Melica tatsächlich der Mund auf. Er drohte ihr. Und das, obwohl es in ihren Augen keinen einzigen Grund dafür gab! Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass Jonathan sie nicht sonderlich leiden konnte.
Sie warf ihm einen höhnischen Blick zu. „Du bist ja ein ganz Böser, was? Ich habe wirklich schreckliche Angst vor dir.“
Jonathan lächelte schmal. „Das solltest du auch.“
~*~
Es vergingen viele Tage, in denen Jonathan sie ignorierte. Obwohl – „ignorieren“ war vielleicht das falsche Wort. Er legte ihr frische Klamotten heraus, untersuchte sie nahezu stündlich, fühlte ihren Puls oder überprüfte ihre Temperatur. Doch er verlor kein Wort zu viel, bedachte sie nur mit ernsten Blicken und zusammengepressten Lippen.
Aber Melica hatte nicht vor, sich darüber zu beschweren.
Wie sollte sie auch? Ihr fehlte die Kraft für die kleinste Bewegung. Sie fühlte sich müde, seltsam erschöpft, doch wenn es nur das wäre, das sie störte, wäre sie wohl überglücklich gewesen. Nein, das, was sie wirklich zu zerstören schien, war etwas ganz anderes. Die Schmerzen hatten schon längst die Grenze überschritten, an der es jemandem unmöglich wurde, sie stillschweigend zu ertragen.
Und ja, Melica hatte geschrien, laut und gellend, Jonathans Anweisungen, ruhig zu bleiben, konnte sie einfach nicht befolgen. Zu gern hätte sie gewusst, was Jonathan seinen Nachbarn wegen der Schreie erzählte, doch im Moment hatte sie andere Probleme. Niemals hätte sie gesagt, dass es überhaupt möglich war, so zu leiden, ohne einfach zu zerbrechen.
Aber irgendwann waren ihre Schreie versiegt und seitdem lag sie da, still und
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