Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
ihr eine Heidenangst. Denn sie offenbarte nur zu deutlich, dass Jonathan Recht gehabt hatte. Sie hatte sich tatsächlich verändert. Die Konturen des Zimmers waren auf einmal unglaublich scharf, sie sah jeden Sonnenstrahl, jedes Körnchen Staub, das in der Luft tanzte und war es noch so klein. Noch nie zuvor, war sie so froh gewesen, sehen zu können.
Nun…Sie hatte ja auch noch nie so gesehen, nie so scharf, nie so wahnsinnig klar. Doch nicht nur ihre Augen hatten sich verändert, nein, das, was sie am meisten faszinierte war ihre Nase. Sie hatte ihrem Geruchsinn nie sonderlich Beachtung geschenkt. Natürlich, er war immer da gewesen, hatte jedoch stets im Schatten ihrer Augen oder ihrer Ohren gestanden. Melica hätte auch gut ohne ihn leben können, aber jetzt, wo ihr bewusst wurde, wie viele verschiedene Gerüche es auf dieser Welt gab, fragte sie sich, ob es nicht vielleicht ihre Augen waren, auf die sie hätte verzichten können. Sie roch alles, hätte ihre Umgebung allein an ihrem Geruch perfekt einordnen können. Vielleicht war es ja doch nicht so schlecht, ein Dämon zu sein.
Melica zuckte leicht zusammen, als ihr klar wurde, was genau sie da dachte. Es gab nichts Gutes an ihrer Verwandlung!
Jonathan hatte bisher nichts getan, als sie schweigend zu beobachten, doch jetzt durchbrach er die Stille: „Wenn ich ehrlich sein soll, weiß ich nicht, womit ich anfangen soll. Ich habe noch nie jemanden verwandelt und ich selbst bin mit diesem ganzen Wissen aufgewachsen. Obwohl…Vielleicht wäre das ein guter Anfang. Wie entstehen Dämonen? Die meisten von uns werden so geboren.“ Er verstummte und warf ihr einen unsicheren Blick zu. „Ich nehme an, du bist aufgeklärt?“
Eisern kämpfte Melica den Drang, einfach den Kopf zu schütteln, nieder. Sie konnte einfach nicht aus ihrer Haut und die Vorstellung, von dem verstockten Jonathan aufgeklärt zu werden, war einfach zu amüsant. Aber irgendwie schaffte sie es. „Du meinst diese ganze Sache mit den Blümchen und Bienchen? Ja, das kenne ich alles schon.“
Erleichterung trat in seine Augen und er nickte knapp. „Gut. Mit uns Dämonen läuft das alles eigentlich genauso ab. Also genauso wie bei den Menschen, nicht so wie bei den Bienen.“
„Also waren deine Eltern beide Dämonen?“
„Sie waren es nicht – sie sind es immer noch“, korrigierte Jonathan sie scharf.
Auf ihren verdutzten Blick hin, lächelte er gequält. „Entschuldige. Aber es gehört sich nicht, über einen Dämon in der Vergangenheitsform zu sprechen. Ja – meine Eltern sind Dämonen. Mein Vater von Geburt an, meine Mutter allerdings ist verwandelt worden. Das ist die zweite Möglichkeit, einen Dämon zu erschaffen. Die Verwandlung ist aber ziemlich gefährlich, deshalb findet sie eigentlich nicht sonderlich oft statt. Meine Mutter hat es sich ausdrücklich gewünscht, weil sie es nicht ertragen konnte, zu altern, während mein Vater ewig jung bleibt.“
Melicas Mund klappte auf und ihr Kopf war für einige Sekunden ganz leer. Erst dann fand sie ihre Sprache wieder: „Was meinst du mit „ewig jung“?“
„Habe ich das etwa noch nicht erwähnt? Dämonen altern nicht.“
Vielleicht hätte sie das nach all den Dingen, die sie in den letzten Tagen erfahren hatte, nicht so schockieren sollen. Melica brach trotzdem in schallendes Gelächter aus. „Ich habe für den Bruchteil einer Sekunde wirklich geglaubt, du hättest gesagt, dass Dämonen nicht altern“, kicherte sie hysterisch. „Alles altert!“
„Alles mit Ausnahme von uns.“
„Aber das geht nicht!“
„Theoretisch geht es auch nicht, dass du ohne Herzschlag überleben kannst“, erinnerte Jonathan sie und sie warf ihm einen wütenden Blick zu.
„Macht es dir eigentlich Spaß, mich fertig zu machen?“
Jonathan nickte unbekümmert. „Ja – ein wenig schon. Aber jetzt einmal im Ernst. Es ist nicht schlimm, wenn man nicht älter wird!“
„Für dich vielleicht nicht! Ich bin erst 17!“
Verwunderung trat in seinen Blick. „Tatsächlich? Du siehst älter aus.“
„Wenn das jetzt irgendein Scherz wegen meiner Größe sein sollte, dann war er verdammt noch mal nicht witzig!“
Jonathan schüttelte den Kopf, bevor er mit einer solchen Geschwindigkeit vom Sessel aufsprang, dass Melicas Mund erneut aufklappte. In Jonathans Anwesenheit wurde das so langsam zur Gewohnheit…
Er huschte aus dem Zimmer und kehrte, nur wenige Sekunden später, mit einem kleinen Spiegel in der Hand zurück.
Melica konnte ihn nur
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