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Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)

Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)

Titel: Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Günter
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hob die linke Phiole leicht an. Sie war tatsächlich unbeschriftet und so leicht, dass Melica mit einem Schlag davon überzeugt war, dass sie leer sein musste. Aber warum bewahrte Jonathan sie dann hier auf?
    Vielleicht wäre dies der perfekte Zeitpunkt gewesen, um umzukehren und die Phiole zurückzustellen. Melica dachte jedoch nicht einmal daran. Innerhalb weniger Sekunden hatte sie das Fläschchen entkorkt und einen kurzen Blick hineingeworfen. Mit einem unglaublichen Ergebnis! Die Phiole war tatsächlich leer.
    Obwohl…war sie das wirklich? Fasziniert beugte Melica ihren Kopf über die Öffnung. Da war etwas, beinahe unsichtbar und von schwacher, blauer Farbe. Irgendwie sah es aus wie ein ausgerissenes Haarbüschel aus einer blauen Clownsperücke. Nur, dass es derartig schwammig und schwer zu sehen war, dass es sich wohl um die Perücke eines Geisterclowns handeln musste. Einem Geisterclown, der zusätzlich nicht sonderlich viel von Körperpflege zu halten schien. In der Hoffnung mehr zu sehen, presste Melica ihr Gesicht nun förmlich gegen die Öffnung.
    Doch der ersehnte Erfolg blieb aus – sie erkannte noch immer nicht, was genau dort in der Phiole herumgeisterte. Enttäuscht schloss sie die Augen. Wahrscheinlich war es besser so. Immerhin musste sie so keine Schuldgefühle haben, weil sie in Jonathans Privatsphäre herumgeschnüffelt hatte.
    Nun ja – eigentlich schon, aber Melica war schon immer sehr gut darin gewesen, unangenehme Gedanken zu verdrängen.
    Apropos Jonathan – wo steckte der eigentlich? Hatte er nicht versprochen, schnell wieder zurück zu sein? Aber nein! Stattdessen ließ er sie mutterseelenallein und ohne die geringste Information in einer fremden Wohnung zurück! Wirklich freundlich war das nun wirklich nicht. Überhaupt schien Jonathan kein besonders soziales Wesen zu sein. Warum musste sie auch ausgerechnet bei so einem landen? Das Schicksal hatte sie ja noch nie besonders gemocht, aber das hier war jawohl die Höhe! Doch was nützte es ihr, sich jetzt darüber aufzuregen?
    Sie atmete tief ein, um sich einigermaßen zu beruhigen.
    Dann wurde es mit einem Mal schwarz um sie herum. Sekunden später befand sie sich in ihrem schlimmsten Alptraum. Liebe, Wut, Trauer und Angst waren nur einige der Gefühle, die auf sie einströmten und ihr Denken vollkommen gefrieren ließen. Da war etwas in ihrem Kopf, Bilder und Gefühle, die nicht ihre eigenen waren. Melica sah einen Mann mit schütterem Haar und stechend blauen Augen. Sie kannte ihn nicht, hatte ihn noch nie gesehen, aber sie fühlte, was er fühlte, sah, was auch zweifellos er sehen musste.
    Im Autoradio spielte ein bekanntes Musikstück, sie saß auf dem Fahrersitz und pfiff dazu. Sie, die noch nie hatte pfeifen können. Und die es auch noch nie getan hatte.
    Aber…sie war nicht sie, sie war…er – irgendwie jedenfalls. Dann ertönte ein ohrenbetäubender Knall und sie wurde nach vorn geschleudert, das Auto überschlug sich und kam verkehrt herum zum Liegen. Melica spürte, dass etwas Heißes ihre Schläfe hinunterlief und hob die Hand. Es war Blut. Rotes, dickes, warmes Blut, das aus ihrem Kopf strömte.
    Ohnmacht senkte sich langsam auf sie herab, schlang ihre Arme um sie, ließ sie ertrinken.
    Melica fühlte keinen Schmerz. Sie fühlte Angst. Angst um sich selbst, Angst um eine Familie, die nicht die ihrige war. Und Liebe, soviel Liebe, dass sie befürchtete, ihr Kopf müsse jeden Moment unter der gigantischen Stärke des Gefühls zerbersten.

Ein Schleier legte sich um ihre Augen, ihre Lider wurden schwerer, bis es unmöglich wurde, sie länger offen zu halten.
    „Es tut mir Leid“, hörte sie eine sanfte Stimme flüstern.
    Melica kannte sie, doch sie schaffte es nicht, sie richtig einzuordnen.
    Sekunden später hatte sie das Gefühl, innerlich zu verbrennen, zu zerbrechen. Das Leben sickerte aus ihrem Körper und verursachte ihr Schmerzen, die nicht zu beschreiben waren. Schreie drangen an ihre Ohren und sie brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass es ihre waren. Melica riss die Augen auf und wusste, dass sie wieder da war, zurück in ihrem eigenen Körper. Und dass der Mann mit den stechend blauen Augen ermordet worden war. Ermordet von einem Mann, dem sie vertraut hatte.
    Gequält schlug sie die Augen nieder und fühlte mit einem Mal, dass ihre Stärke wuchs. Sie konnte förmlich spüren, wie ihre Kraft größer wurde, ihre Fühler ausstreckte und jede Zelle ihres Körpers überschwemmte. Die Phiole löste sich aus

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