Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
ich keine Ahnung habe, von welchem Professor Sie sprechen, Frau…“
„Nenn‘ mich doch Anneliese, Kind!“
„Schön…Anneliese. Sie verstehen das vollkommen falsch!“
„Natürlich, Kind. Ich habe nichts gesehen. Versprochen. Ich habe mir nur Sorgen gemacht, weil ich Schreie gehört habe“, Anneliese nickte mit verschwörerisch glänzenden Augen. „Aber es scheint ja keine Probleme zu geben. Schön. Na, dann wünsche ich euch noch viel Spaß. Und lass den Professor bitte in einem Stück, ja? Ich möchte ihn als Nachbarn nämlich nur ungern verlieren. Er ist ja so ein bemerkenswert selbstloser Mensch. Und so charmant! Aber das weißt du ja sicher besser als ich.“ Sie zwinkerte ihr noch einmal zu, bevor sie mit langsamen Schritten davonstöckelte.
Melica hingegen starrte ihr entgeistert nach. Inzwischen hatte sie verstanden, dass Anneliese mit „Professor“ Jonathan gemeint haben musste. Aber sie konnte doch nicht wirklich denken, dass sie und Jonathan…Nee!
Oder?
~*~
„Du bist ein Mörder!“
Zugegeben, diese Worte waren vielleicht nicht der vorteilhafteste Start in eine Unterhaltung. Doch Melica hatte einfach nicht anders gekonnt. Sie stand mit verschränkten Armen am Fenster, die Augen starr auf den Mann gerichtet, der soeben das Zimmer betreten hatte.
Jonathan schien ihr anklagender Blick jedoch gar nicht zu stören. Er zuckte die Achseln. „Selbst wenn es so wäre…Wie kommst du jetzt darauf?“
Sein Tonfall war eindeutig genervt, doch darauf konnte Melica im Moment nun wirklich keine Rücksicht nehmen. Sie lächelte frostig. „Ich habe die Seelen gesehen. In deinem Badezimmer.“
Jonathan verzog seine Augen zu zwei schmalen Schlitzen. „Du warst in meinem Badezimmer?“, fragte er, die Stimme bebend vor Zorn. „Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Meine Privatsphäre derartig zu verletzen! Das Bad ist tabu für dich, verstanden? Du hast dort nichts verloren!“
„Ich musste auf die Toilette, du Idiot!“ Dass ihre Aussage erstunken und erlogen war, störte sie nicht im Geringsten. Was fiel ihm eigentlich ein, so mit ihr zu sprechen?
„Auf die Toilette?“, wiederholte er fassungslos. „Dämonen müssen nicht auf die Toilette, verdammt nochmal! Wir haben keine menschlichen Bedürfnisse!“
Melica blickte ihn schweigend an. Sie war ja so blöd. Warum war ihr eigentlich nicht eher aufgefallen, dass sie seit Tagen nichts mehr gegessen oder getrunken hatte, geschweige denn das Gefühl hatte, dringend ins Badezimmer verschwinden zu müssen?
„Du bist trotzdem ein Mörder.“
Jonathan seufzte, bevor er sie mit einem forschenden Blick bedachte. „Mörder ist ein hartes Wort, findest du nicht? Mörder… Ist Mord nicht etwas, was aus niederen Beweggründen geschieht? Aus Eifersucht, Neid, Habgier? Ich hingegen töte, um zu überleben. Ist das eigene Leben ein niederer Beweggrund? Auch Löwen töten andere Tiere. Ist ein Löwe ein Mörder? Oder vielleicht nur ein gewöhnliches Raubtier, das Angst vor seinem eigenen Tod hat?“
Melica öffnete den Mund – und wusste nichts darauf zu sagen. Echt ungerecht, wenn jemand mit logischen Argumenten kam. „Okay. Vielleicht hast du Recht. Trotzdem gefällt mir die Sache überhaupt nicht.“
„Du wirst dich damit abfinden müssen.“
Melica seufzte leise und fuhr sich durchs Haar. „Dieser Mann, dem du die Seele geraubt hast. Hatte er…starke Schmerzen?“
„Er wäre auch ohne mein Zutun gestorben. Seine Verletzungen waren-“, Jonathan brach ab. „Woher weißt du, dass es ein Mann war?“, fragte er misstrauisch.
Oh ja. Sie war wirklich dumm. „Nun…Es könnte sein, dass…ich…ähm…versehentlich seine Seele. Ähm.“
„Du hast seine Seele übernommen?“, unterbrach er sie fassungslos.
Melica drehte betreten den Kopf zur Seite. „Ich glaube…ja? Heißt das so?“
„Das ist beeindruckend.“
Melica zog verwirrt ihre Stirn kraus. „Wie bitte?“
„Normalerweise braucht man eine gewisse Zeit, bis man gelernt hat, fremde Seelen wirklich in sich aufzunehmen.“ Jonathan schien seine Wut schon vergessen zu haben. „Dass du es ganz ohne fremde Hilfe geschafft hast, ist einfach unglaublich.“
Melica nickte unwohl. Natürlich wurde sie gerne gelobt, aber jetzt für „beeindruckend“ gehalten zu werden, weil sie etwas getan hatte, für das sie überhaupt nichts konnte und das sie am liebsten ungeschehen machen wollte? Sie hätte am liebsten darauf verzichtet.
„Also hatte er Schmerzen?“, wechselte sie eilig
Weitere Kostenlose Bücher