Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
jedoch genauso schnell wie sie aufgekommen war.
Vor ihr stand eine Frau mit rußverschmiertem Gesicht und kurzen, braunen Haaren.
Melicas Blick wanderte über die dunkle Kleidung. War ja klar gewesen, dass die Schornsteinfegerin genau in dem Augenblick auftauchen musste, in dem Melica verzweifelt auf jemanden anderen wartete. Trotz ihrer Enttäuschung entging ihr nicht, dass die Frau sie mit einer eigenartigen Faszination auf dem Gesicht musterte. Sie sagte kein Wort – und auch Melica dachte nicht einmal daran, das Schweigen zu brechen.
Ihr Vater erschien.
Melica lächelte gequält, als sie seinem ungläubigen Blick begegnete. Vielleicht sollte sie beim nächsten Mal besser darauf achten, sich nicht unmenschlich schnell zu bewegen. Konnte mit Sicherheit nicht schaden.
„Ihr Kollege war erst letzte Woche hier“, wandte sich Frank schließlich an die Frau.
Diese schenkte ihm ein entschuldigendes Lächeln. „Das weiß ich. Nur hat sich herausgestellt, dass Ralf, der Mann, der bereits hier war, ein fürchterlicher Stümper ist. Die Gewerkschaft ist sich nicht sicher, wie gewissenhaft er seine Aufgaben erledigt hat. Deshalb bin ich hier, um nachzusehen.“
„Der Mann hieß Jens“, entgegnete Frank trocken.
„Tatsächlich? Er muss sich unter einem falschen Namen vorgestellt haben. Wenn Sie mich jetzt bitte nachsehen lassen würden?“
Obwohl er nicht so ganz überzeugt zu sein schien, trat Frank ein wenig zur Seite. „Treten Sie ein. Sie haben sich übrigens noch gar nicht vorgestellt.“
„Natürlich. Entschuldigen Sie.“ Die Frau grinste leicht, rührte sich jedoch kein bisschen. „Ich heiße Yvonne.“
Melica schüttelte den Kopf, als sie die Zufriedenheit auf Franks Gesicht entdeckte. Natürlich, jetzt, wo er einen Namen hatte, über den er sich beschweren konnte, musste er sich ja keine Sorgen mehr machen. Und da hatte sie geglaubt, ihre Logik wäre seltsam.
„Folgen Sie mir.“
Melica sah den beiden mehr oder weniger interessiert nach. Sie wollte die Tür gerade wieder schließen, als sie einen rotblonden Haarschopf auf sich zufliegen sah.
„Mel!“ Angelina riss sie in eine solch stürmische Umarmung, dass Melica für einen Moment den Halt verlor. „Dir geht es gut!“
Melica lächelte leicht. „Natürlich. Mich kriegt so schnell keiner klein“, erklärte sie großspurig.
„Wie denn auch? Du bist ja jetzt schon winzig.“
„Jim!“ Melica löste sich aus Angelinas Umarmung.
Jim stand mit betont lässiger Miene in der langen Einfahrt. Ein leichtes Lächeln begann sich auf seinen Lippen auszubreiten. „Ich hätte deine Entführer in einen Sack gesteckt und die Treppe hinuntergeworfen, wenn sie dich nicht freigelassen hätten.“
Melica verdrehte die Augen. „Du bist ja so ein Held“, erwiderte sie belustigt, bevor sie einige Schritte auf ihn zutrat und in seinen Armen versank. Sie spürte nur zu deutlich, dass sich Jim für einen Moment versteifte, nur, um sie dann fest an sich heranzuziehen.
„Ich hatte solche Angst, dass du nicht zurückkommst“, flüsterte er so leise, dass sie ihn kaum verstand.
Verzweifelt schloss Melica die Augen. Sie konnte ihm darauf keine Antwort geben. Nicht jetzt, wo sie wusste, dass sie in zwei Tagen erneut verschwinden würde.
„Du hattest Recht, Angelina“, sagte Jim plötzlich erstaunt. „Mel ist wirklich total warm.“
Verdammt! Das hatte sie ja völlig vergessen! Mit einem nur schlecht unterdrückten Keuchen wand sich Melica aus seinen Armen. „Ähm. Nein. Du hast nichts bemerkt“, bestimmte sie hektisch, bevor sie auch Angelina einen eindringlichen Blick zuwarf. „Du auch nicht!“
„Ich habe aber etwas bemerkt“, widersprach Angelina leise.
„Schön“, schnaubte Melica und strich sich fahrig durchs lockige Haar. „Dann tut mir wenigstens den Gefallen und behaltet es für euch!“
Jim nickte zögerlich, doch Angelina blickte sie bedeutsam an. „Mel!“
„Was? Hast du es etwa schon jemandem erzählt?“
„Nein, aber-“, sie zögerte. „Du….dreh dich mal um.“
Melicas Augenbraue schossen in die Höhe, während sie sich langsam herumdrehte.
Oh.
Das war also der Grund, warum Angelina nicht hatte weitersprechen wollen.
Ihr Vater stand mit verschränkten Armen in der Tür. „Was soll sie niemandem erzählen?“
Warum eigentlich immer sie? Konnte zur Abwechslung nicht einmal jemand anderes Pech haben?
„Tut mir Leid, Papa, aber das ist…Frauensache.“
„Und warum weiß Deters davon?“
„Jim ist…vom
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