Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
Zweifel daran gehabt hätte, dass Tizian Jonathans Bruder war – nun, dann wäre er spätestens in diesem Moment geplatzt.
Ein leichtes, merkwürdiges Grinsen umspielte Melicas Lippen. Ihre Schmerzen waren verblasst und nach einem kurzen Blick auf ihre Arme wusste sie, dass ihre Wunden verschwunden waren. Auch ihre Wut verflüchtigte sich mit jeder Sekunde. So seltsam es auch klingen mochte: sie glaubte Tizian.
Wenn er sie wirklich hätte umbringen wollen, dann hätte er es auch geschafft.
Ihr Problem war nur, dass sie keine Ahnung hatte, wie sie das Feuer wieder abschalten konnte. Melicas Blick glitt von dem brennenden Dämon zum Bach, der weiterhin munter vor sich hinplätscherte. „Wirf dich doch einfach ins Wasser“, schlug sie vor.
„Nicht jedes Feuer lässt sich mit Wasser löschen. Vor allem kein magisches“, erwiderte er mürrisch, bevor mit einem Mal Entsetzen über sein Gesicht huschte. „Du weißt nicht, wie man es löscht? Mann – ist dir eigentlich klar, dass ich hier total leide?“
„Du hättest einfach nicht mit deinem komischen Messer auf mich losgehen sollen.“
Tizians Kopf war inzwischen haarlos und mit vielen, dunklen Schlieren überzogen. Gut für ihn – so würde ihn wenigstens niemand mehr mit seinem Bruder verwechseln. Er atmete tief ein. Dann schüttelte er den Kopf. „Jetzt macht es zwar eh keinen Unterschied mehr, aber ich möchte mich trotzdem bei dir entschuldigen.“
Melica starrte ihn an, verwirrt und doch mit einer Spur Misstrauen. „Wofür?“
„Hierfür.“ Seine Faust schnellte hervor.
Ein grelles Licht blitzte hinter ihren Augenlidern auf, Schmerz erkämpfte erneut die Kontrolle über ihren Körper. Dann stand der Boden auf und schlug ihr ins Gesicht.
~*~
Irgendetwas kratzte sie am Rücken. Irgendetwas…Hartes, Knochiges.
Melica riss ihre Augen auf, das Gesicht vor Angst verzerrt. Doch es war nur ein verirrter Ast, der sie dort störte. Erleichtert atmete sie aus und lehnte sich ohne nachzudenken zurück an den breiten Baumstamm.
„Da bist du ja wieder.“ Tizians Stimme hallte zu ihr herüber, aber sie reagierte nicht darauf. Naja – was hätte sie auch tun sollen? Weglaufen konnte sie nicht, er würde sie problemlos finden. Melica konnte das enttäuschte Seufzen kaum zurückhalten, als der grünäugige Dämon in ihr Blickfeld trat. Von seinen Wunden war keine Spur mehr zu sehen, außer seinen fehlenden Haaren deutete rein gar nichts daraufhin, dass sie ihn vor einiger Zeit noch brennen gelassen hatte. Oder darauf, dass er sie niedergeschlagen hatte. Was sie jedoch nicht im Geringsten davon abhielt, ihn wütend anzustarren.
Tizian hob gespielt unschuldig die Hände. „Es tut nun einmal weh, wenn man in Flammen steht! Dich ohnmächtig zu schlagen, war die einzige Möglichkeit! Und hey – es hat doch immerhin geklappt oder etwa nicht?“
„Also musstest du mir wehtun, damit du selbst keine Schmerzen mehr hast?“, fragte Melica empört. „Großartig gemacht, Barkley.“
„Ich hatte keine andere Wahl. Tut mir leid. Die Sache mit dem Messer übrigens auch.“
„Die Sache mit dem Messer?“ Ungläubigkeit legte sich auf Melicas Züge. „Die Sache mit dem Messer? Von welcher Sache redest du? Davon, dass du mir einfach grundlos ins Bein gestochen hast? Oder etwa eher davon, dass du mich beinahe zerstückelt hast?“ Ein Teil von ihr wunderte sich darüber, wie sie mit ihm sprach. Einem weit größeren Teil jedoch war ziemlich egal, was er von ihr hielt.
„Wie oft denn noch, Kleine? Ich habe nie versucht, dich umzubringen! Dass ich dich angegriffen habe, ist allein Jonathans Schuld. Er meinte, dass du die sein könntest, nach der wir suchen. Ich musste es einfach versuchen!“
„Und deshalb stichst du auf mich ein?“, fragte sie ungläubig. „Wen sucht ihr überhaupt?“
„Wir suchen niemanden.“
„Aber du hast doch gerade noch gesagt, dass-“
„Ich weiß, was ich gesagt habe“, unterbrach Tizian sie.
„Und ich meine es auch so: wir suchen nicht mehr nach ihr. Weil wir sie nämlich bereits gefunden haben.“
Die Erkenntnis traf Melica wie ein Schlag. „Mich?“
„Nein. Die kleine, braunhaarige Frau hinter dir.“
Unter normalen Umständen war Melica nicht so dumm. Unter normalen Umständen hätte sie sich auch niemals umgedreht. Nur leider waren dies keine normalen Umstände.
Als Melica Tizian mit hochroten Wangen wieder anblickte, stand ein Lächeln in seinen grünen Augen. „Du bist noch so jung. Es ist schade, dass ich
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