Seelensturm
vergessen. Durch die Meditation beruhigte ich mich und verlor die Nervosität. Ich konnte mich entspannen und fühlte wieder diese tiefe innere Ruhe. Es war so ein berauschendes Gefühl, dass ich völlig darin versank. Nichts nahm ich mehr wahr, nur diesen Frieden, der sich warm in meinem Körper ausbreitete. Ich schöpfte Kraft und Stärke daraus. Bei den Kämpfen, die ich mit Mr. Chang anschließend übte, ging ich als Sieger hervor, was ich kaum glauben konnte. Zufrieden nickte er mir jedes Mal zu.
»Sehr gut, Jade. Ich bin mir sicher, die Taluris werden es mit dir nicht leicht haben. Trotzdem musst du noch etwas schneller werden. Aber das wirst du auch noch hinbekommen. ... Du kannst duschen gehen. Versuche bitte heute Abend, die Technik nochmals zu verfeinern. Amy, dir will ich jetzt noch ein paar Dinge zeigen, damit du dich besser verteidigen kannst«, sagte er und sah sie dabei an. Ganz einverstanden war sie nicht, doch schließlich blieb ihr nichts anderes übrig. Sie hatte uns zugesehen, während ich gegen Mr. Chang kämpfte. Euphorisch hatte sie laut für mich aufgeschrien, als unser Trainer kampfunfähig auf der Matte lag. Von Eifersucht war keine Spur. Sie freute sich aufrichtig über meinen Triumph. Ich nahm mein Handtuch und trocknete mir die Stirn.
»Wir sehen uns später«, rief ich ihr zu und verschwand auch schon aus dem C.O.B.
Frisch geduscht aber müde machte ich mich auf den Weg zum Gebäude, als mich meine Gedanken wieder einmal zu Tom trieben. Was er jetzt wohl von mir dachte? Auch wenn es weh tat und ich ihn schrecklich vermisste, würde ich diese Entscheidung jederzeit wieder treffen.
Alegra war nach Paris zu irgendwelchen Aufnahmen geflogen. So hatte Amy noch keine Gelegenheit gefunden, sich bei ihr zu entschuldigen. Sie war nicht traurig darüber, sondern froh über den kleinen Aufschub, den sie dadurch hatte. Agnes hatte das meiste im Zimmer wieder aufgeräumt und der Schaden war doch nicht so hoch gewesen, wie wir alle gedacht hatten. Die Klamotten hingen wieder fein säuberlich an den Kleiderhaken, nur die Schuhe waren nicht mehr zu retten gewesen.
Kurz bevor sie abgereist war, hatte ich noch einen Streit mitbekommen, den sie mit Onkel Finley hatte.
Natürlich waren wir Mädchen das Thema gewesen, aber es gab noch einen anderen schwerwiegenden Grund, den wir leider nicht verstanden. Egal, sie hatten schließlich auch ihre Privatsphäre und ich war mir sicher, es wäre ihnen nicht sehr recht gewesen, wenn sie gewusst hätten, dass Amy und ich ihr Gespräch belauscht hatten. Onkel Finley hatte versucht, ihr gut zuzureden, doch das Model war immer noch stinksauer. Vielleicht würde sie sich in ein paar Tagen wieder beruhigt haben.
Ich saß in unserem Wohnbereich auf dem Sofa und zappte mich gelangweilt durch die Kanäle. Es kam mal wieder nur Mist in der Kiste. Schließlich schlummerte ich ein und erwachte erst wieder, als Amy laut die Tür zuknallte.
»Jade, stell dir vor, ich spüre etwas!«, rief sie mir freudestrahlend entgegen. Sie tanzte durch den Raum, als hätte sie die Erlaubnis zu einer Party bekommen. Ich wischte mir den Schlaf aus dem Gesicht und setzte mich auf.
»Was?« Ich hatte keine Ahnung, wovon sie sprach.
»Na, dass ich die Illustris bin! Zuerst war es ganz merkwürdig, doch dann, als es stärker wurde, wurde mir klar, dass es das sein musste.«
Jetzt war ich hellwach, sah sie an und wusste nicht, was ich davon halten sollte. Alle glaubten, dass sie eine Illustris war, doch durch meine eigenen Fähigkeiten verstärkte sich bei mir der Verdacht, dass sie sich vielleicht alle irrten.
»Was ist passiert?«, wollte ich schließlich von ihr wissen.
»Also, Mr. Chang zeigte mir ein paar Tricks und sagte mir, ich solle mich ganz und gar auf meinen Körper konzentrieren und da passierte es einfach.« Sie grinste wie ein Honigkuchenpferd.
»Was passierte?«, fragte ich ungeduldig.
»Wie soll ich es sagen? Ich konnte sehen, wie er sich fühlte. Ich sah es ganz deutlich. Ist das nicht einfach unglaublich?«
Ja, das war es tatsächlich. Noch nie war es vorgekommen, dass wir die Gefühlsfarben von anderen sehen konnten. Das würde bedeuten, dass sie tatsächlich die Illustris war. So sehr sich Amy darüber freute, wurde mir eines klar, sie war das Opfer, ihr wollten die Taluris den Kopf abschlagen.
»Hast du es Mr. Chang gesagt?«
»Nein, wo denkst du hin? Er hat mich nur seltsam angesehen, aber war dann voller Lob für mich. Freust du dich denn gar nicht?«
»Ich
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