Seelensturm
inständig, dass es wirklich keine Falle war.
Gegen elf hielt ich es nicht mehr länger auf dem Sofa aus. Ich stand auf und fing an, mich vorzubereiten. Die Kleidung, die ich ausgesucht hatte, lag auf meinem Bett bereit. Mit einer schwarzen Hose und einem langärmeligen Shirt könnte ich mich zwar nicht unsichtbar machen, doch würde ich damit in der Dunkelheit nicht gleich auffallen.
Es war still im Haus - so still, dass wir die Standuhr aus der Bibliothek elf Mal läuten hörten.
»Noch eine Stunde«, sagte Amy, die mir ins Schlafzimmer gefolgt war.
»Mach dir keine Sorgen, es wird schon schief gehen«, erwiderte ich und fing an, mich umzuziehen. Meine Haare band ich zu einem geflochtenen Zopf zusammen, ich schnürte meine Turnschuhe und warf noch einen letzten Blick in den Spiegel im Badezimmer. Ich war bereit. Amy stand draußen auf dem Flur und lauschte. Alles lief nach Plan. Onkel Finley war in seinem Arbeitszimmer, und die Sicherheitsleute taten ihre Arbeit. Sie kam wieder herein und schloss leise die Tür hinter sich.
»Es wird Zeit«, sagte sie leise.
Ich nickte nur und lief wieder in unser Schlafzimmer, um die restlichen Dinge zu holen, die ich brauchen würde.
»Sag mir, welche Uhrzeit du genau auf deinem Handy hast.«
Kurz zog ich es aus meiner Gesäßtasche.
»23.18 Uhr«, gab ich kurz als Antwort.
»Gut, ich auch. Hast du die Taschenlampe?«
»Hab ich, und auch das Messer.« Ich drehte mich um und zeigte ihr, dass ich es im hinteren Hosenbund befestigt hatte. Amy hatte es heimlich aus Mr. Changs Waffenschrank genommen, während er noch damit beschäftigt war, die Matten wegzuräumen.
»Sobald du die Gorillas abgelenkt hast, gehe ich los. Falls irgendetwas schiefgehen sollte, gehst du sofort zu Onkel Finley und erzählst ihm alles - und komm bloß nicht auf die Idee und suche mich. Du weißt, was dann passieren könnte«, sagte ich und hoffte inständig, dass Amy sich dieses Mal an alles halten würde, was wir vereinbart hatten.
»Ja, ja! Ich weiß schon. Wenn du nicht binnen anderthalb Stunden wieder da bist, oder nicht anrufst, gebe ich Großalarm. … Aber bitte, pass auf dich auf, Jade. Ich will, dass du zurückkommst«, meinte sie mit zittriger Stimme.
Mein Mund fühlte sich trocken an und meine Hände begannen zu schwitzen. Schnell rieb ich sie an meinen Oberschenkeln trocken, drückte meine Schwester an mich, ließ sie aber genauso schnell wieder los. Ich wollte keine große Abschiedsszene. Das hätte alles noch schwerer gemacht.
»Gut, dann los!«, sagte ich, löschte das Licht und ging zum Fenster. Leise öffnete ich es und sah auf unser Grundstück. Alles lag friedlich, nur die kleinen Laternen an der Terrasse leuchteten und von Weitem konnte ich den hellen Lichtschein auf der rechten Grundstücksmauer erkennen. Wer genau jetzt Wache hielt, wusste ich nicht, doch darum würde sich Amy kümmern, damit ich unbemerkt über die Wiese am See vorbeilaufen und über die Mauer klettern konnte. Noch war der Lichtschein, der von einer Taschenlampe kam, weit genug entfernt, sodass ich vorsichtig vom Fensterbrett aus auf den Baum springen konnte. Es raschelte verdächtig, also klammerte ich mich regungslos an den großen Ast, der mich ein paar Minuten tragen sollte. Schnell suchte ich mir eine bequemere Haltung. Währenddessen schloss Amy das Fenster und machte sich auf den Weg in den Garten.
Es dauerte eine Weile, bis ich ihren Schatten am Pool sehen konnte. Leise lief sie um das Becken herum und verschwand schließlich hinter dem Haus. Wie vereinbart warf sie einen Stein, der die Größe eines Apfels hatte, an die äußere Grenze der Mauer. Dann war nur ein lautes »Hey!« zu hören, während sie eilig wieder ins Haus lief. Wieder einige Sekunden später konnte ich schon die beiden Gorillas erkennen, die durch das Geräusch, das der Stein beim Aufschlag gemacht hatte, neugierig angelaufen kamen. In der Zwischenzeit stand meine Schwester schon wieder am Fenster. Wir hatten ausgemacht, dass sie nicht so schnell rennen sollte, damit ihr Atem in einem einigermaßen normalen Tempo ging.
»Hey, habt ihr das auch gehört? Was war das?«
»Mach das Fenster zu, Amy, und geh rein«, befahl Clive. Er leuchtete mit seiner Taschenlampe gefährlich nahe zu ihr hoch. Schon befürchtete ich, er könnte mich entdecken. Die beiden Männer liefen eilig um den Pool und leuchteten links am Haus vorbei, zogen sogar ihre Waffen. Die Funkgeräte knackten, doch das, was gesprochen wurde, konnte ich nicht
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