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Seelensturm

Seelensturm

Titel: Seelensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Any Cherubim
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Tramonti. Es ist mir schon einmal geglückt, warum sollte es nicht ein zweites Mal klappen?«
     
    Eine halbe Stunde später verließ ich tief in Gedanken das Arbeitszimmer, zog meine Sweatshirt-Kapuze über den Kopf und ging auf die Terrasse. Ich brauchte dringend etwas Zeit, um nachzudenken und wollte allein sein. Der Tag war noch nicht einmal halb vorbei und schon wieder gab es so viel Neues, das ich erst einmal verdauen musste. Der Summer ertönte und schwungvoll stieß ich die Tür zur Terrasse auf.
    Es war ein schöner Tag. Die Sonne strahlte und nur wenige Wolken hingen am Himmel. Gleich als ich im Freien war, sah ich mich um und versuchte, das kleinste Brennen auf meiner Haut wahrzunehmen. Doch nichts geschah. Mein Blick streifte langsam alle Bäume in der Nähe. Eine Maorikrähe konnte ich nicht entdecken. Geschützt unter meiner Kapuze machte ich mich auf den Weg zur großen Wiese.
    Es gab einige Ungereimtheiten, die mich beschäftigten. Schon vor ein paar Tagen hätte ich Mr. Tramonti oder Onkel Finley über alles, was in und mit mir vorging, informieren sollen, doch jetzt war es eindeutig zu spät. Aber es ging einfach nicht, auch wenn sie es vielleicht als Verrat sehen würden, wollte ich mein Geheimnis nicht preisgeben. Ich entwickelte Gefühle, die mich, immer wenn ich an diesen einen Taluri dachte, leicht kitzelten. Und obwohl ich wusste, dass ich keine Gefühle ihm gegenüber haben durfte, konnte ich nicht dagegen ankämpfen. So kaltblütig und gefährlich kam er mir nicht vor. Im Gegenteil, ich empfand seine Stimme als angenehm, ja fast schon erotisch. Außerdem sollte ich mir eingestehen, dass nicht Amy, sondern ich die Illustris war. Damit wäre alles anders. Man würde mich jagen, mein Name stand auf der Todesliste und nicht der meiner Schwester. Ob Onkel Finley dies jemals in Erwägung gezogen hatte? Aber das Härteste, was mich traf, war mein Freund Tom. Obwohl ich mir einredete, dass ich ihn gerettet hatte und es so wirklich besser für ihn war, würde er mir schrecklich fehlen. Es war richtig, ihn aus meinem Leben verbannt zu haben.
    Den restlichen Tag über beherrschten mich diese Gedanken und es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren. Ich versuchte mich mit hartem Training abzulenken, doch auch abends als ich im Bett lag, holten mich die Ereignisse wieder ein. Es dauerte lange, bis ich endlich einschlief.
     
    Unsanft wurde ich in dieser Nacht aus dem Schlaf gerissen.
    »Jade, wach auf!«, flüsterte Amy und rüttelte mich wach. Ich schreckte schlaftrunken hoch und erkannte die Umrisse meiner Schwester.
    »Was ist denn?«
    »Da! Sieh nur!«, flüsterte sie.
    Ihr Blick war starr Richtung Fenster gerichtet, sie zitterte und dunkles Schwarz entfuhr ihr. Ich spürte deutlich ihre Angst. Zuerst konnte ich am Fenster nichts erkennen, doch als ich mich aufsetzte, sah ich einen dunklen Schatten auf dem Fensterbrett.
    Mich beschlich genau wie meine Schwester Furcht, doch als ich die Maori-Krähe erkannte, gewann meine Neugier die Oberhand.
    Langsam, um das Tier nicht zu erschrecken, streifte ich die Decke von mir, stand vom Bett auf und schritt vorsichtig ans Fenster. Im Nu waren meine Sinne wach, während Amy sich ängstlich in mein Bett verkroch und die Decke bis ans Kinn zog.
    Dieser Vogel saß tatsächlich auf unserem Fenstersims und pickte gegen die Glasscheibe. Es war das erste Mal, dass ich ihn so nah zu Gesicht bekam. Seine Größe war unglaublich. Noch nie hatte ich eine so große Krähe gesehen. Sie glich einem Raubvogel. Die Federn glänzten grau-blau im Mondlicht und verliehen ihr etwas Märchenhaftes.
    Der Vogel gefiel mir, auch wenn ich wusste, dass er nichts Gutes bedeuten konnte. Ich beobachtete ihn weiter, während er immer wieder ans Fensterglas pickte.
    »Was will dieses Vieh hier?«, kam unter der Bettdecke hervor.
    »Ich habe keine Ahnung, vielleicht beobachtet er uns nur?«
    Um ihn noch besser sehen zu können, stellte ich mich auf die Zehenspitzen. Da pickte er wieder, als würde er um Einlass bitten.
    Ich traute mich einen weiteren Schritt zum Fenster und legte meine Hand an den Fenstergriff.
    »Was tust du?«, flüsterte Amy panisch. Sie presste sich auf meinem Bett sitzend in die hinterste Ecke. Wie ein ängstliches Kind, dachte ich und rechnete damit, dass sie sich gleich wieder unter der Decke verstecken würde.
    »Ich will ihn mir nur ansehen. Keine Angst!«, versuchte ich, sie zu beruhigen.
    Die Krähe beobachtete mich genauso, wie ich sie. Etwas war merkwürdig und mir

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